Der Abend war besonders. Zwei Aspekte müssen gesehen werden. Erstens die Personalie Michaela Christodoulakis und zweitens die Kampfabstimmung samt Mitgliederwerbung, einzig um die Vorsitzende zu stürzen.
Dass Michaela Christodoulakis kein Zugpferd für eine starke Außendarstellung für die kommende Kommunalwahl ist, zeigte sich auch am Abend. Sie machte die Lennebrücke, die bekanntlich zur B236 gehört, zur Landstraße („Auch wenn die Lennebrücke eine Landstraße ist, und damit nicht in die Zuständigkeit von Herrn Wissing fällt“), das Planfeststellungsverfahren verwechselte sie mit Straßen.NRW. Jetzt könnte man Nachsicht zeigen und dies als Versprecher werten. Schließlich war die Stimmung angespannt. Sie wusste, was die Gegenseite vor hatte. Allerdings waren diese Aussagen, die von mangelnder kommunalpolitischer Sachkenntnis geprägt waren, kein einmaliger Ausrutscher. Schon als Verkehrsminister Oliver Krischer an der Brücke war, wurde deutlich, dass ihr die komplexen Zusammenhänge nicht bekannt sind und sie auch die politischen Zuständigkeiten nicht auseinanderhalten konnte. Das Angebot ihrerseits, die Mediation mit dem Grundstückseigentümer, Straßen.NRW und der Gemeinde zu führen, wurde von den anderen Anwesenden mit einem Lächeln elegant überhört – auch wenn sie es mindestens drei Mal anbrachte. Sie wurde schlicht nicht Ernst genommen. Viele kannten sie nicht einmal oder konnten sie der FDP zuordnen.
Dass innerparteilich etwas nicht stimmt, wurde deutlich, als Michaela Christodoulakis am Wochenende der Brückensperrung die Nachricht an LokalDirekt schrieb: „Nur um Missverständnisse von vornherein zu vermeiden, Herr Speckmann ist nicht autorisiert, im Namen der FDP NaWi zu sprechen. Unser Statement folgt.“ Eine Nachricht, die für die Redaktion ohne jeden Zusammenhang kam. Es gab weder eine Anfrage an die Partei noch hatte sich ihr Vorstandskollege Armin Speckmann in irgendeiner Form bei LokalDirekt gemeldet.
Hatte man von der FDP im vergangenen Jahr nichts gehört, meldete sich Michaela Christodoulakis nun öfter zu Wort. Es wirkte wie Wahlkampf. Dass dieser innerparteilich geführt wurde, war zu dem Zeitpunkt nur den Insidern bewusst. Auf Fragen in anderen kommunalpolitischen Themen kamen allerdings in der Vergangenheit oft keine oder schwammige Antworten. Deutlich wurde das auch in einem Interview, das LokalDirekt im November führte. Das soll sich nun ändern, zumindest wenn es nach dem neuen Vorsitzenden Claus Vogel geht.
Doch was der neue Vorstand am Freitagabend als Sieg feierte, war keiner. Ja, der Führungswechsel war vermutlich erforderlich, um in der Außenwahrnehmung zu punkten und politisch Gehör zu finden. Aber so? Ein Saal voller neuer Mitglieder. Noch im November hatte die Partei neun Mitglieder. Jetzt sind es 27. Die gefeierte Mitgliederentwicklung hat defintiv ein Geschmäckle. Es wird sich zeigen, ob am Ende wirklich „alle Wahlbezirke doppelt besetzt werden können“, was Claus Vogel am Abend im Spaß sagte. Wie viele der 27 Mitglieder tatsächlich zur Kommunalwahl aktiv zur Verfügung stehen, bleibt abzuwarten. Das politische Interesse war jedenfalls relativ gering. So gab es beispielsweise keinerlei Fragen an die Europawahl-Kandidatin. Politisches Engagement sieht anders aus – politischer Anstand im Übrigen auch. Die FDP war mit sich selbst zu sehr beschäftigt. Und genau das könnte ihr auch zukünftig zum Verhängnis werden.
Im sechsten Jahr nach der Gründung steckt die heimische FDP in einer Krise. Die Aufgabe des neuen Vorstands ist es nun, die Partei wieder zu vereinen. Aus zwei Lagern muss ein „Wir“ werden. So verhärtet, wie die Fronten sind, ist das ein Mammutprojekt. Außerdem muss sich die FDP politisch beweisen. Sich einbringen, sich mit fundierten und korrekten Aussagen und Lösungsansätzen Gehör verschaffen. Was am Ende dabei raus kommt? Es kann richtig gut und erfolgreich werden. Es kann aber auch sein, dass die FDP im November wieder neun Mitglieder hat. Das weiß man bei einer Wundertüte schließlich nie. Es liegt in den Händen der Neuen, Erfolg aus der Tüte zu zaubern.
Dieser Kommentar bezieht sich auf den Text: FDP: Vogel gewinnt Kampfabstimmung