Das Statement im Wortlaut:
„Vor einigen Wochen haben drei Fachärztinnen die Kinderklinik verlassen. Gründe hierfür waren Renteneintritt, Niederlassung und ein Wechsel an eine andere Klinik. Dies ist bedauerlich, letztlich aber Ergebnis individueller Entwicklungen und Entscheidungen, die wir respektieren. Dass vor dem Hintergrund des in der Medizin vorhandenen Fachkräftemangels die Nachbesetzung nicht einfach wird, ist Realität nicht nur in Lüdenscheid, sondern in vielen Krankenhäusern in Deutschland. Die Maßnahmen zur Nachbesetzung haben direkt nach Bekanntwerden dieser Entwicklung begonnen.
Vor dem Hintergrund der dadurch ausgelösten schwierigen personellen Situation haben sich nun auch der Chefarzt und der leitende Oberarzt zu einer Kündigung entschlossen. Auch hier respektieren wir die Entscheidung, befinden uns aber nach wie vor in Gesprächen. Maßnahmen zur Nachbesetzung der Stellen sind parallel angelaufen.
Wir haben nun die Meinungsäußerung zu dieser Situation von Frau Baradari und der Kinder- und Jugendärzte im Märkischen Kreis, vorgetragen durch den Kinderarzt Michael Achenbach, zur Kenntnis nehmen müssen.
Es ist für uns schwer nachvollziehbar, dass solche – teilweise sehr abwegige und fachlich falsche – Äußerungen in der Öffentlichkeit getätigt werden, ohne tatsächlich ein Gespräch mit den Beteiligten (im weiteren Sinne) überhaupt geführt zu haben. Es dürfte doch allen klar sein, dass dies für massive Verunsicherung in der Bevölkerung allgemein, bei Familien mit Kindern und natürlich auch bei Mitarbeitenden des Klinikums Lüdenscheid sorgt.
Die Intention beider Äußerungen ist für uns nicht erkennbar und wenn beide Seiten, Frau Baradari und Herrn Achenbach, so viel an einer Verbesserung der Situation gelegen wäre, dann hätten sie schlichtweg das offene Gespräch zu den Beteiligten gesucht und sich konstruktiv und lösungsorientiert auch eingebracht.
Die Äußerung von Herrn Achenbach bleibt insbesondere unverständlich vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kinderärzten, die in den letzten Jahren sehr gut funktioniert hat. So ist es bisher das ärztliche Personal der Kinderklinik, das die kinderärztliche Notfallpraxis, die durch die niedergelassenen Ärzte vor Ort im Klinikum Lüdenscheid abgedeckt wird, intensiv unterstützt. Das Klinikum Lüdenscheid übernimmt für die kassenärztliche Vereinigung fast 50% der wöchentlichen Notfallversorgungszeiten, vor allem nachts und an Wochenenden, von den niedergelassenen Kinderärzten.
Wir möchten hiermit noch einmal abschließend Stellung zu den getätigten Äußerungen nehmen, in der Hoffnung, dass der Betrieb der Kinderklinik wieder störungsfrei ohne die sehr belastende öffentliche Kommunikation weitergeführt werden kann.
Vorwurf der massiven strukturellen Probleme
Diesen Vorwurf weisen wir zurück. Vielmehr verhält es sich in der Kinderklinik Lüdenscheid nicht anders als in allen anderen Kinderkliniken Deutschlands. Auch diese sind bedauerlicherweise geprägt von Abgängen einzelner Kinderärzte. Die Begründungen hierfür sind mannigfaltig. Das kann ein privater Umzug sein, Änderung des Karriereweges, der Wunsch nach einer eigenen Niederlassung als Kinderarzt oder auch dann, wenn ein attraktives Angebot durch eine andere, oftmals auch größere Klinik in einem Ballungsgebiet vorliegt. Diese Umstände umzudrehen und einen strukturellen Vorwurf zu erheben oder mangelnde Unterstützung durch die Klinikleitung vorzuwerfen, ist nicht sachgerecht und wird weder dem Klinikum, noch den dort tätigen Mitarbeitenden gerecht.
Vorwurf des kontinuierlich abgebauten Leistungsspektrums
Als Begründung für die angeblich derzeit prekäre Situation nun anzuführen, dass bereits Prof. Dr. Rosenbaum vor über 14 Jahren (!) aufgrund eines kontinuierlichen Abbaus des Leistungsspektrums die Kinderklinik Lüdenscheid verlassen habe, mutet eigenwillig an.
Völlig abwegig in diesem Zusammenhang ist zudem die Thematisierung der Intensivversorgung kleinster Früh- und Neugeborener im Märkischen Kreis. Das war keine Entscheidung der Klinikleitung, dieses Leistungsspektrum nicht mehr anzubieten. Im Rahmen der vergangenen Krankenhausplanungen haben die Bezirksregierung Arnsberg und die Kostenträger im Bereich Lüdenscheid keine Notwendigkeit einer hochspezialisierten intensivmedizinischen Versorgung für Frühgeborene unter 1.500 Gramm gesehen, da im Umfeld schon seit Jahrzehnten ein ausreichendes Versorgungsangebot besteht. Es ist damals in Verhandlungen trotzdem gelungen, das intensivmedizinische Angebot für Kinder in Lüdenscheid zu erhalten und mit einer Sonderregelung im Frühgeborenenbereich zu erweitern. Darüber hinaus gibt es mittlerweile gesetzlich vorgeschriebene Mindestmengen für die Behandlung von Frühgeborenen, die im Einzugsgebiet des Klinikums Lüdenscheid nicht erreicht werden können. Erreicht eine Klinik diese Mindestmengen nicht, so dürfen auch die Leistungen nicht mehr erbracht werden. Diese gesetzlichen Vorgaben sind den Kinderärzten durchaus bekannt.
Richtig ist, dass im Klinikum Lüdenscheid frühgeborene Babys ab 1500 Gramm auf der Perinatalstation intensivmedizinisch versorgt werden. Sollte ein Frühgeborenes dieses Gewicht nicht erreichen, so werden selbstverständlich alle lebensrettenden Maßnahmen für Mutter und Kind im Klinikum durchgeführt und im Sinne der bestmöglich medizinischen Versorgung wird das Frühgeborene dann auch verlegt, wie der jüngste Fall vor rund 2 Wochen auch gezeigt hat.
Es ist unbestritten, dass in ganz Deutschland ein Mangel an Kinderärzten vorliegt, sowohl in den niedergelassenen Kinderarztpraxen, als auch in der stationären Versorgung in Kliniken. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig und reichen vom Mangel an Studienplätzen für Medizin bis hin zu fehlenden Angeboten an Spezialisierung- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Fachärzte. Gerade als akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Bonn fühlen wir uns jedoch der medizinischen Ausbildung und Lehre besonders verpflichtet und es besteht eine enge Kooperation mit dem Kinderzentrum am Klinikum Dortmund. Darüber hinaus bilden wir nun auch eine Vielzahl von Medizinstudenten in unserer Kooperation mit der Universitätsmedizin Neumarkt a. M., Campus Hamburg, aus.
Äußerung „dunkle Zeiten für Familien“
Die Verbreitung von Horrorszenarien für die Zukunft der Versorgung in der Region bringen keiner Seite etwas und sind als sehr fragwürdig anzusehen. Hier werden unnötig Ängste bei möglichen Patienten und Angehörigen sowie bei Mitarbeitenden – im Übrigen auch bei Bewerbern oder potentiellen neuen Kolleginnen und Kollegen – geschürt mit der fast logischen Folge, dass Betroffene wahrscheinlich gänzlich nicht mehr das Versorgungsangebot im Märkischen Kreis (ambulant und stationär) annehmen und – motiviert durch diese angstmachenden Äußerungen – das medizinische Angebot oder Arbeitsangebot schlichtweg vermeiden und sich umorientieren. Ist das wirklich die gewünschte Intention gewesen?
Mit dieser abschließenden Stellungnahme ist auch unser Wunsch verbunden, die öffentliche Debatte nun einzustellen und im Sinne der bestmöglichen Versorgung der kleinen Patienten konstruktiv Hand-in-Hand zu arbeiten, so, wie es auch in der Vergangenheit der Fall war. Deutlich signalisieren möchten wir auch, dass wir – nach wie vor – jederzeit gesprächsbereit sind, denn die sektorenübergreifende Versorgung kann im Märkischen Kreis nur funktionieren, wenn sie von Vertrauen und gemeinsamen Zielen geprägt ist.“
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