Wer ein solches Elend einmal erlebt hat, der ist für alle Zeiten kuriert: Im Abflussrohr hat sich ein Fettpfropfen festgesetzt, der zu einer massiven Verstopfung führt. Der Ausguss funktioniert nicht mehr; im schlimmsten Fall kommt es zu einer Überschwemmung aus Spüle und WC. Der Notstand kann nur unter großem Aufwand vom Installateur beseitigt werden.
Der Grund dafür ist in 99 Prozent der Fälle, dass verbrauchtes, heißes Speisefett in den Ausguss geschüttet wird – das Fett kühlt auf seinem Weg durch die Rohre rasch ab und bildet eine massive Schicht, die so lange aufwächst, bis das Rohr dichtgesetzt ist.
Was hier im Kleinen beschrieben ist, gibt es auch in XXL – in der kommunalen Kanalisation. Entwässerungsbetriebe beklagen bundesweit, dass Altfette Rohre, Düker, Pumpwerke und Klärstationen lahmlegen.
Die Lösung klingt einfach: Bürger, kippt keine Altfette in Toilette und Spüle. Aber … wohin mit dem Fett? Herscheid hat soeben als erste Gemeinde im Märkischen Kreis ein Projekt zur Altfettbeseitigung gestartet. Am Bauhof in der Winzenbecke und am Dorfladen in Hüinghausen stehen ab sofort Sammelgefäße, die verbrauchte Fette annehmen.
Möglich macht das eine Kooperation der Gemeinde Herscheid mit der Rosenheimer Firma Münzer Deutschland, die – aus Österreich stammend – die Entsorgung und alternative Weiternutzung von Speisefetten auf ihre Fahnen geschrieben hat. In einem Pressetermin mit LokalDirekt stellten Herscheids Umweltbeauftragter Simon Mai, Ordnungsamtsmitarbeiter André Zimmermann, Gemeindesprecherin Felicitas Hochstein und die beiden Münzer-Abgesandten Walter Sattlberger und Albert Bechtoldt das neue Angebot vor.

16 Liter Speiseöl kauft der Durchschnittsdeutsche pro Jahr ein, rechnete Albert Bechtoldt vor. Ein Zehntel davon – zwischen 1,3 und 1,6 Liter – bleiben als Altfett unbrauchbar zurück. Diese Menge kann theoretisch erfasst, eingesammelt werden, was 10.000 Liter allein für Herscheid pro Jahr ausmacht.
Wie es geht? Einfach, sehr einfach, erklärte Walter Sattlberger, der Münzer-Pressesprecher. Man möge in der Küche eine geleerte (übriggebliebene) Ölflasche aus Kunststoff oder Blech (nicht aus Glas) peu à peu mit Altfett befüllen und diese Flasche beizeiten in das Sammelgefäß am Bauhof bzw. Dorfladen einwerfen. Im Innern des Sammlers befindet sich eine 240-Liter-Tonne, in die die Flasche hineingleitet. Die Tonne steht in einer zusätzlichen Auffangwanne, sodass ein „Schlabbern“ mit mehrfacher Sicherheit verhindert wird. „Es kann nichts auslaufen.“

Im Monatsrhythmus leert ein Münzer-Sammelfahrzeug die Erfassungsstation – holt die befüllte Innentonne ab, stellt eine frische Tonne hinein. Die Fuhre geht ins Umschlagzentrum nach Wuppertal und von dort aus per Bahncontainer zur „Raffinerie“ nach Wien. Dort wird das Altspeisefett filtriert und durch Beigabe von Zuschlagstoffen zu Biodiesel verestert. Bechtoldt: „Ein Kilogramm Fett gibt ein Kilogramm Biodiesel und spart drei Kilogramm CO2 ein.“
In Österreich sei die Altspeisefetterfassung seit 20 Jahren etabliert, heißt es. Das mag auch daran liegen, dass im Land der Backhendl, Wiener Schnitzel und ölgebackenen Frittaten weitaus mehr Altfett anfällt als in deutschen Haushalten. Man täusche sich aber nicht: Burger-Bräter, Restaurants und Imbisse sorgen auch hierzulande für große Mengen Altfett.
Die Münzer-Altfettspezialisten haben ihr Know how auch nach Deutschland ausgerollt und sind in Ostwestfalen, Niedersachen, Hessen und Wittgenstein sowie dem bergischen Städtedreieck aktiv. Wenn Sie, verehrte Leser, diesen Beitrag lesen, ist auch Herscheid im Sammelnetz an den Start gegangen.
Am Bauhof ist der Sammelbehälter während der Betriebszeiten, am Dorfladen 7/24 zugänglich. Eingefüllt werden darf Butter, Altspeiseöl/-fett, Schmalz und Margarine, verdorbenes und abgelaufenes Öl, Öl von eingelegten Lebensmitteln.
Nicht hinein dürfen Mineral- und Altöle, Schmiermittel, Mayonaisen, Saucen und Dressings, andere Flüssigkeiten und Chemikalien sowie sonstige Abfälle.
Informationsschriften liegen im Bürgerbüro des Rathauses aus; informieren kann man sich im Netz unter Münzer.de.