Historische Entwicklungen verknüpft er mit Personen. Dabei mache er sich vorher klar, was er schreiben wolle. Die Geschichte müsse aus einer Idee entstehen. Rückblende: 1871 in Karlsbad, dem Salon Europas, wo Menschen aus ganz Europa zusammenkommen, lernen sich drei junge Leute kennen. Da ist Vicky, Tochter aus gutem Hause in England, einer Unternehmerfamilie, die einen Tunnel unter dem Ärmelkanal bauen will, um die Insel mit dem Kontinent zu verbinden. Paul, ein Bauingenieur träumt davon, dank guter Kontakte zum Berliner Stadtbaurat, am Bau des Kurfürstendamms als neuer Prachtstraße mitwirken zu können. Auguste Escoffier, Koch aus Paris, der später die Kochkunst revolutioniert und weltweit zum Inbegriff für Kochkunst wird, finden sich bei einem Picknick im Grünen. Sie glauben, dass nach dem Ende des Krieges mit Frankreich herrliche Zeiten anbrechen.
Grenzen spielen für die jungen Freunde und Flirtenden keine Rolle. Gleichzeitig breitet sich in dem freien und offenen Europa, beflügelt vom technischen Fortschritt mit Eisenbahn, Autos und Telefon, überall Nationalismus aus. Aus den vermeintlich paradiesischen Zuständen steuert der Kontinent „auf die Hölle von Verdun“ zu.
In den knapp zwei Stunden erweist sich Prange als großer Erzähler, brillanter Plauderer und geschickter Marketingstratege. Nuschelnd mit englischen Akzent oder französisch näselnd, passt der lesende Autor sich Mensch und Situation an. Er erklärt die Situation, beschreibt, wie er vorgeht, ordnet ein, plaudert, witzelt, wirbt für seine Werke und den örtlichen Buchhandel der, anders als der Internetshop mit dem „A“, für Kultur vor Ort sorgt. Mit geschickten Cliffhangern animiert er selbst zum Buch zu greifen.
Trump als Weckruf für Europa
Der Autor, der mit „Der Traumpalast“ oder „Unsere wunderbaren Jahre“ erfolgreich deutsche Geschichte in Romanform gegossen hat, bezog im Gespräch mit Kirsten von Hagen auch Position zur Gegenwart. Wieder glaubten wir seit Ende des Kalten Krieges Europa gehe goldenen Zeiten entgegen. – Bis Trump kam. Der trete „75 Jahre Friedensarchitektur in die Tonne“, so Prange. Die jüngsten Entgleisungen des US-Präsidenten seien „vielleicht auch eine Chance.“ Sie könnten ein „Weckruf sein“. Wieso winselten 500 Mio. Europäer bei 340 Mio. Amerikanern um Hilfe gegen 144 Mio. Russen, fragt er. – Ein Weckruf, sich der eigenen Stärken bewusst zu werden.

Foto: Rüdiger Kahlke / LokalDirekt
Der Erfolgsautor aus Altena, der seit 50 Jahren in Tübingen lebt, freute sich eingangs, „wieder in einem Landstrich zu sein, wo man die Menschen auch versteht“, nicht wie in Schwaben, wo man eine „Art Behelfsdeutsch spricht“. Damit hatte er sofort das 100-köpfige Publikum im alten Kino auf seiner Seite. Da blieb es bis zum herzlichen Schlussapplaus. Ein Wiedersehen/-hören liegt nahe.