Die diesjährige Erntebilanz stand auf der Erntedankpressekonferenz des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes am 30. September in Mittelheukelbach bei Rönsahl im Fokus. Aber nicht nur. Der Ort für die Veranstaltung war wohl überlegt. Denn Ralf Crummenerl, Thomas Hedfeld und Hubert Peveling fällten genau dort vor 20 Jahren eine zukunftsweisende Entscheidung. Sie nahmen sich vor, ihre Bauernhöfe zusammen zu bewirtschaften. Eine Erfolgsgeschichte.
Dr. Christina Große-Frericks, zweite Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Märkischer Kreis im Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV), freute sich über die Möglichkeit, mehr über die Gründung der „Crummenerl-Peveling-Hedfeld GbR“ zu erfahren. „Ich bin ja platt, dass sie nach 20 Jahren noch funktioniert“, meinte sie zu Beginn der Versammlung anlässlich des Erntedankfestes und ergänzte: „Das passt zum Projekt '#ZukunftsBauer', das der WLV schon lange vorantreiben möchte."
Ulrich Brinckmann, Vorsitzender des WLV, erläuterte vorab noch die aktuelle Situation der Landwirte im Märkischen Kreis. „Auf diesem Globus haben wird in unserem Land den besten Bildungsstand und das beste Know-How für die Aufgabe, die Bevölkerung zu ernähren“, betonte er. „Aber die Preise für unsere Produkte werden nicht hier gemacht, sondern sie werden vom Weltmarkt bestimmt.“
Es war ein gutes Jahr
Nachdem die Landwirte in den Vorjahren mit viel Nässe zu kämpfen hatten, war 2025 ein gutes Jahr, resümierte Brinckmann. „Wir haben früh festgestellt, dass der Witterungsverlauf perfekt war. Alles, was wir ausgesät haben, ist gut über den Winter gekommen. Es war warm, hell und es gab zwischendurch ein bisschen Regen – perfekt“, fasste er die Erntebilanz zusammen. Genau wie auf den Äckern war 2025 auch ein gutes Früchtejahr. „Hallen und Scheunen sind gefüllt, Abhol- und Bringtermine zum Landhandel sind nicht möglich, alles ist voll.“
Kritischer berichtete er über die Lage der Tierhalter:
Video: Ulrich Brinckmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Märkischer Kreis
„Wir müssen aufhören, uns die Tierhaltung schlechtreden zu lassen“, fasste er zusammen. Louis Hedfeld, der in Kürze in die „Crummenerl -Peveling- Hedfeld GbR“ einsteigen wird, stehe dafür, dass es weitergeht. Er habe den Mut und den Willen, Landwirt zu werden.
Landwirte werden von der Politik nicht mitgenommen
„Unsere regionalen Erzeugnisse sind ohne Alternative. Aber wir sind gezwungen, immer mehr Regeln einzuhalten. Das Leben muss einfacher werden. Wenn nicht, sehe ich schwarz.“ Als Beispiel nannte er die zunehmenden Verbote von Wirkstoffen, mit denen Getreidepflanzen gegen Schädlinge geschützt werden könnten. „Unser Werkzeugkasten wird immer leerer. Immer mehr Wirkstoffe fallen weg und gleichzeitig werden keine neuen entwickelt“, sagt er und fügt noch hinzu: „Wir werden von der Politik zu wenig mitgenommen. Dabei wissen wir doch genau, was wir unternehmen könnten. Die landwirtschaftliche Ausbildung, die bis zum Bachelor führt, ist eine gute Grundlage. Aber von der Politik werden die Pferde alle paar Jahre in eine andere Richtung gejagt.“
Dass unter anderem die Kartoffelernte in diesem Jahr extrem gut war, freut ihn unter diesen Umständen besonders. „Die Anbaufläche wurde sogar ausgedehnt und es wurde so viel produziert, dass die Kartoffeln auch für die tierische Ernährung genutzt werden können.“
Galerie: Die Pressekonferenz
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Neue Pflanzen für die Zukunft
Zukunftsmöglichkeiten für die Landwirtschaft sieht Brinckmann in der Idee, für die hiesige Region neue Pflanzenarten anzubauen. „Einige Kollegen experimentieren mit Sojabohnen und Flachs. Wer hätte gedacht, dass das funktioniert?“ Für diese aktuell für den Märkischen Kreis noch exotischen Pflanzen, sei das trockene Jahr perfekt gewesen. Aber es bliebe die Frage, was passiert, wenn es im nächsten Sommer mehr regnet.
Dass es ein gutes Jahr war, bestätigte auch Hendrik Vedder, zweiter Vorsitzender des WLV. Der Meinerzhagener erinnerte an die große Trockenheit im Zeitraum März und April, die einigen Landwirten schon Sorgenfalten auf die Stirn getrieben hatte. „Aber schon Mitte April konnte der Silo-Mais in die Erde gebracht werden und verspricht eine gute Ernte. Und dank des guten Wetters war die Heuernte gut trocken zu kriegen.“ Der zweite Schnitt konnte dann jeweils im Vierwochenrhythmus eingefahren werden. „Wir hoffen nun auf kälteres Wetter, damit das Wachstum vorbei ist. Die Läger sind gut gefüllt und ansonsten müssten wir das Gras untermulchen.“
Ein großes Problem haben die Landwirte mit dem Schwarzwild. „Durch die Borkenkäferkalamitätsflächen können Wildschweine schlecht geschossen werden. Da haben sie zu gute Versteckmöglichkeiten. Ich hoffe sehr darauf, dass die Jäger aufrüsten, denn die Reparatur der Flächen lohnt sich häufig schon nicht mehr, da das Schwarzwild immer wieder die gleichen Areale schädigt.“
#ZukunftsBauer
Dr. Christina Große-Frericks warf noch einen Blick in die Zukunft. Sie betreut das Projekt „#ZukunftsBauer“. „Da sind wir auf einem guten Weg“, war sie sicher. "Wir wollen nicht jammern, sondern uns auf das Gute fokussieren. In der GbR, die wir gleich vorstellen, wurde schon vor 20 Jahren über den Tellerrand geschaut. So eine Co-Operation ist ein guter Weg. Wichtig ist, dass wir uns darüber hinwegsetzen müssen, was der Nachbar denken könnte, wenn wir in die Zukunft denken. Wir müssen stattdessen das Gestaltungspotential auf dem eigenen Hof nutzen, die Komfortzone verlassen und neue Wege suchen."
Video: Dr. Christina Große-Frericks, zweite Vorsitzende
Pinkelparty führt zur GbR
Die schon mehrfach angesprochene GbR stellte Ralf Crummenerl, einer der Begründer der Idee, vor:
„2004 wurde Louis Hedfeld geboren. Bei seiner Pinkelparty standen wir an der Theke, als der Vater von Hubert Peveling zu mir kam. „Hast du mal Zeit? Ich sehe für unseren Pachthof in Rönsahl keine Zukunft mehr. Hast du eine Lösung?“ Auch Thomas Hedfeld suchte für die Bewirtschaftung seines Hofes nach einer Alternative und so entstand die Aufgabe, eine Lösung für alle drei Familien zu finden.
Schnell war klar, dass nur eine GbR infrage kam. Da aber keiner der Beteiligten davon eine Ahnung hatte, setzte sich Ralf Crummenerl mit der Landwirtschaftskammer in Verbindung. „Von dort bekamen wir einen Gestaltungsvorschlag, der passte aber nicht zu unseren Vorstellungen.“
Nach vielen Überlegungen und Gesprächen mit einem immer noch zweifelnden Steuerberater fiel die Entscheidung. Die GbR wurde mit Regelungen gegründet, die die Interessen aller Familien berücksichtigten. „Alle sollten davon leben, in Urlaub fahren und auch mal ein neues Auto kaufen können“, war die Grundüberlegung der Beteiligten. Das Konzept sah vor, dass der Pachthof der Familie Peveling in Rönsahl nach und nach abgewickelt wurde, dass auf dem Hof der Familie Crummenerl zukünftig die Kühe und auf dem Hof der Familie Hedfeld die Jungtiere stehen würden.
Galerie: Die GbR, ihr Hof und ihre Tiere
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„Ein Grund, warum das alles bei uns so gut geklappt hat, ist die Tatsache, dass sich alle drei Familien gut kannten und jedem die Macken der anderen bewusst waren. Nur so kann es funktionieren. Keiner fühlte sich zu irgendeinem Zeitpunkt übervorteilt.“
2005 begann Ralf Crummenerl mit den Erdarbeiten für den neuen Kuhstall, um das Jungvieh unterbringen zu können. „Das bedeutete damals schon einigen Stress mit meinem Vater, weil ich ja voll ins Risiko ging“, erinnert er sich. Im Oktober war der Kuhstall fertig und die Tiere der drei Höfe konnten zusammengeführt werden.
Viele Änderungen mit Beginn der GbR
„Ich werde den Tag des Almauftriebs nie vergessen. Das halbe Dorf war dabei, hat zugeschaut und geholfen“, sagt er. 40 Kühe wurden von Rönsahl nach Oberheukelbach getrieben, 24 weitere mussten von Mittelheukelbach in den neuen Stall umziehen. Da dort schon 60 Kühe standen, startete die GbR mit 124 Tieren.
Am 1. November 2005 wurde dann das erste Mal für die GbR gemolken. Das war nicht nur für die Tiere eine große Umgewöhnung, erinnern sich die Gründer. Sie mussten zu einem anderen Melkort kommen oder sich komplett von der Anbindehaltung auf die für sie tiergerechtere Freiheit im Boxenlaufstall und der Weide umstellen.
Aber auch für die Menschen brachte der Beginn der GbR eine große Umstellung. „Zuerst war da natürlich eine große Unsicherheit, vor allem in finanzieller Hinsicht“, erzählte Ralf Crummenerl:
Video: Ralf Crummenerl
Aber natürlich brachte die GbR allen Beteiligten auch Vorteile: „Wir konnten tatsächlich auch mal in den Urlaub fahren und hatten jedes dritte Wochenende frei. Das bereitete uns zu Anfang aber auch oft ein schlechtes Gewissen. Es war schon ein komisches Gefühl, gemütlich am Sonntag auf der Terrasse zu sitzen, während die anderen arbeiten“, schmunzelt er heute, wenn er an die ersten Zeiten denkt. Auch morgens einfach liegen bleiben zu können oder nicht die Kaffeetafel und den Besuch verlassen zu müssen, weil die Kühe gemolken werden mussten, war ungewohnt für die Gesellschafter.
Ein großer Dank der Beteiligten ging an die Altenteile, die alle mitgespielt haben. Alles lief ohne Streit und mit viel Disziplin und Vertrauen ab. Die GbR ist so angelegt, dass sie jederzeit wieder aufgelöst werden könnte. Aber das ist nicht im Sinne der Beteiligten. Auch wenn Ralf Crummenerl plant, irgendwann auszusteigen, wird er seine Anteile einfach an die nächste Generation der Hedfeld-Familie weitergeben.
Schon 2014 ist Fabian Hedfeld, der inzwischen staatlich geprüfter Agrar-Betriebswirt ist, in die GbR eingetreten. Sein Bruder Louis, mit dessen Pinkelparty die Idee zur GbR geboren wurde und der gerade noch eine Meisterschule in Köln besucht, steht auch bereits in den Startlöchern.
„Fabian und Louis sind perfekt ausgebildet. Ich will weder ihnen noch den neuen Ideen, die sie mitbringen, im Wege stehen“, sagt Ralf Crummenerl.