„Ich wollte Menschen zum Lachen bringen. Ich wollte zeigen, dass Politiker auch nur Menschen und nicht unantastbar sind“, erklärt ein Angeklagter im Amtsgericht Lüdenscheid. Sein politisches Opfer ist Gesundheitsminister Karl W. Lauterbach. Den nimmt der Schalksmühler bei Socialmedia ins Visier – bildlich. Der 37-Jährige fügt einen Ausschnitt einer Pressekonferenz mit Karl Lauterbach zur Gesundheitsreform mit einem Filmausschnitt zusammen. Das Ergebnis zeigt den Gesundheitsminister im Fadenkreuz. Eine Männerstimme sagt: „Das ist aber ein besonders hässlicher Vogel“. Dem Schalksmühler geht nach Veröffentlichung des Videos ein Strafbefehl über 1200 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung zu. Dagegen legt der 37-Jährige Einspruch ein und es kommt zum Verhandlungstermin im Amtsgericht.
Der Angeklagte ist ohne seine Anwältin gekommen, legt dem Gericht aber ihre mehrseitige Einspruchsbegründung vor. Ihrer Ansicht nach liegt keine Beleidigung vor. Das Video ihres Mandanten fiele unter die Meinungsfreiheit. Bürgern sei harsche Fundamentalkritik erlaubt. Vorliegend gehe es nicht um Karl Lauterbach als Person, sondern um seine politische Tätigkeit, konkret um die Gesundheitsreform. Der Angeklagte habe das Video als Satire veröffentlicht. Eine solche sei zulässig. Sollte das Gericht dennoch von Beleidigung ausgehen, heißt es in der Begründung der Anwältin weiter, würde ein Beweisantrag gestellt. Karl Lauterbach sollte als Zeuge befragt werden, und zwar auch, ob er das Video überhaupt gesehen habe. Die Richterin lehnt es ab, den Gesundheitsminister als Zeugen zu laden. „Zur Erforschung der Wahrheit ist das nicht erforderlich“, erklärt sie. Das Recht der Ablehnung ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich vorliegend um ein Strafbefehlsverfahren handelt, dem Schalksmühler war ja ein Strafbefehl zugegangen. In einem solchen Verfahren ist eine vereinfachte Beweisführung möglich.
Die Frage, ob Karl Lauterbach das Video gesehen hat, sei für sie dadurch beantwortet, dass seitens des Gesundheitsministers Strafantrag gestellt worden war, so die Richterin. Der Angeklagte führt zu seiner Verteidigung aus, dass sich Politiker mehr gefallen lassen müssten, als andere Menschen. In dem Punkt stimmt die Richterin zwar zu. Allerdings sei vorliegend die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten. Das Gericht nimmt das Video in Augenschein. Der Ausschnitt der Pressekonferenz ist sehr kurz gehalten. Zu hören ist lediglich: „25,30 Prozent der Patienten, die in Notfallambulanzen.“ Der Zuhörer wisse nicht, worum es in der Pressekonferenz gehe, so die Vorsitzende. Aber gerade das sei wichtig, wenn die Gesundheitsreform kritisiert werden sollte. Ausschlaggebend dafür, ob es sich um eine Beleidigung handelte sei, wie das Video bei Zuschauern ankäme, was sie den Inhalt werteten. Beim Video des Schalksmühlers stehe nicht die politische Aktivität des Gesundheitsministers im Vordergrund, sondern dessen äußeres Erscheinungsbild. Damit läge aus Sicht der Richterin eine Beleidigung, nämlich die, Lauterbach sei ein besonders hässlicher Vogel, vor.
Die Vorsitzende zeigt dem 37-Jährigen auf, wie es an der Stelle des Prozesses weitergehen könnte. Der Angeklagte habe die Möglichkeit, den Einspruch zurückzunehmen, er könnte einer Einstellung gegen Geldauflage zustimmen oder mit einem Urteil nach Hause gehen. „Der Einspruch wird nicht zurückgezogen. Und ich bin auch nicht hier, um irgendwelche Deals zu machen. Ich bin hier, damit ein Urteil gefällt wird“, macht der Schalksmühler seinen Standpunkt klar. Vorstrafen bringt er keine mit.
Am Ende verurteilt ihn das Gericht zu den 1200 Euro Geldstrafe (20 Tagessätze zu 60 Euro) aus dem Strafbefehl. Zugunsten des Angeklagten wertet die Richterin unter anderem, dass der Mann das Video nach Erhalt des Strafbefehls gelöscht hatte.