Der Zündschlüssel blieb nicht lange in den Händen von Mike Budde. Kurz nachdem Dorette Vormann-Berg als Vertreterin der Stadt dem Wehrleiter den neuen Unimog übergab, wurde das Fahrzeug am vergangenen Samstag an Einheitsführer Sebastian Hager übergeben. Schließlich ist der besonders geländegängige Feuerwehrwagen für die Löschgruppe Neuenhaus angeschafft worden. Das neue Fahrzeug kostet 380.000 Euro, das erklärte Vormann-Berg auf Nachfrage von LokalDirekt.

Obgleich der Unimog nun in deren Gerätehaus an der L528 stationiert ist, ist er für die gesamte Kiersper Wehr wichtig. Das wurde auch in den Ansprachen deutlich, als die Eigenschaften des Unimogs beschrieben worden sind: Schließlich müsse in Zukunft mit immer mehr Einsätzen bei Waldbränden oder Überflutungen gerechnet werden. Das bedeutet häufig: Es muss Löschwasser in unwegsames Gelände gebracht werden. Obgleich reguläre Tanklöschfahrzeuge auf Basis mittelschwerer Lkw diese Aufgabe bereits erstaunlich gut bewältigen, kommt der Unimog bekanntlich noch weiter.
Er zählt zu den geländegängigsten Nutzfahrzeugen überhaupt. Für die Feuerwehr wird er seine Fähigkeiten im Pendelverkehr zum Löschwassernachschub ausspielen, oder auch bei Bergungsarbeiten abseits asphaltierter Straßen. Die Liste ließe sich endlos fortsetzten, schließlich ist Unimog die Abkürzung für „Universal-Motor-Gerät“.
Der „Neue“ hat 231 PS
Nun ist man in Kierspe nicht erst vor einigen Jahren auf die Idee gekommen, diese Talente im Dienst der Feuerwehr zu nutzen: Das neue Fahrzeug löst einen alten Unimog ab, der in 36 Jahren 40.029 Kilometer für die Kiersper Wehr fuhr. Und bis auf einige kleine „Wehwechen“ noch einsatzbereit ist. Das kommt nicht von ungefähr, wie Mike Budde in seiner Ansprache betonte: Er lobte die gute Pflege und erwartet, dass diese dem neuen Fahrzeug auch Zuteil wird.
Dorette Vormann-Berg erläuterte in ihrer kurzen Rede, welche Vorteile der „Neue“ so bietet: 231 PS, modernste Funktechnik, vor allem aber einen mit 3154 Litern deutlich größeren Wassertank. Dazu eine besonders leistungsfähige Feuerwehrkreiselpumpe, einen ausfahrbaren Lichtmast und deutlich mehr Platz für weitere Ausrüstungsgegenstände.
Im Vergleich zu seinem Vorgänger wirkt er deutlich bulliger, vor allem im direkten Vergleich, als beide Fahrzeuge zur Übergabe die Wiese hinter dem Gerätehaus hinaufgefahren sind. Nicht nur die Wehrleute der Löschgruppen Neuenhaus und Vollme, sondern auch Vertreter der anderen Kiersper Einheiten applaudierten, als sich der neue Unimog zwischen anderen Fahrzeugen einreihte.

Neben dem alten Unimog steht der Neue deutlich höher, ist aber in Wahrheit auch nicht viel breiter als sein Vorgänger, wie Brandmeister Marcel Schirmer im Gespräch erklärte. Die deutlich erhöhte Wattiefe sei sinnvoll. Wer angesichts der heimischen Topographie die Notwendigkeit anzweifelt, auch durch Fluten zu fahren, bei denen einem das Wasser bis zur Motorhaube steht, sei ein an eine außergewöhnliche Rettung während der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr erinnert: Hier wurde der Stromausfall für ein Mädchen in Hagen lebensbedrohlich, dass auf ein Beatmungsgerät angewiesen ist. Der in Halver lebende Besitzer eines alten Bundeswehr-Lkw hat mit diesem Fahrzeug den Wassermassen getrotzt und das Mädchen gerettet. Dieser selbstlose Einsatz war für offizielle Rettungskräfte kaum möglich, da kein geeignetes Fahrzeug greifbar war.
Emotionale Geschichten verbergen sich mitunter auch hinter den Spitznamen von Einsatzfahrzeugen. Diese haben bei der Kiersper Feuerwehr Tradition. Das bisherige „4 TLF 3000-1“ trägt den Namen „Peppel“ und war dem Urgroßvater von Sebastian Hager gewidmet. Die Taufe des neuen Unimogs hat Helge Schuhmacher vollzogen, und dabei ein Baby im Arm: Die kleine Emma. Nach ihr wurde das neue Fahrzeug benannt, was wohl die größte Ehre ist, die die Löschgruppe ihrem Chef erweisen konnte: Die kleine Emma ist die Tochter von Carina Wever und Sebastian Hager.

Recht reibungslos verlief die Anschaffungsprozedur des neuen Tanklöschfahrzeug. Dieser Prozess ist nicht zu unterschätzen, und keinesfalls mit der Bestellung eines Fahrzeugs im Autohaus zu vergleichen. Schließlich sind hier mehrere Firmen beteiligt, und die Wünsche und Anforderungen der Kunden fließen auch mit ein. Kurzum: Jedes Feuerwehrfahrzeug ist sehr individuell, und benötigt eine gewisse Entwicklungszeit. In diesem Fall hatte die Feuerwehr aber das Glück, dass ein Lieferant ein geeignetes Modell bereits in der Vorbereitung hatte. Auf die europaweite Ausschreibung im Juli 2021 hin bot ein Hersteller ein Messevorführfahrzeug an, womit die Lieferzeit deutlich verkürzt werden konnte. So konnte „Emma“ bereits im vergangenen September, noch vor der offiziellen Übergabe, ihren ersten Einsatz absolvieren. Die Fahrt zu einem Wohnhausbrand „Auf der Mark“ forderte zwar keine besondere Geländegängigkeit, doch hier zählte jeder Liter Löschwasser.
Feier und Ehrungen
Am Abend wurde auch in der Löschgruppe Neuenhaus gelöscht, und zwar mit kühlen Getränken bei einem Kameradschaftsabend des Löschzuges 4. Zuvor wurden zahlreiche Ehrungen und Beförderungen ausgesprochen, auch 18 Ehrenmedaillen für die Fluthilfe warteten noch auf die Verleihung:
Beförderungen: Dustin Ellert zum Unterbrandmeister, Karsten Gembruch zum Brandoberinspektor, Sebastian Hager zum Brandinspektor, Alexandra Pircher zur Hauptfeuerwehrfrau, Marcel Schirmer zum Brandmeister, Daniela Stamm zur Hauptfeuerwehrfrau und Jill Voit zur Hauptfeuerwehrfrau.
Feuerwehr Ehrenzeichen in Gold für 35 Jahre: Axel Baumhof, Axel Busch, Jörg Clever, Reiner Schirmer und Karsten Gembruch.
Feuerwehr Ehrenzeichen in Silber für 25 Jahre: Andreas Choinka und Oliver Hager

Schlussendlich bleibt noch die Frage, was mit „Peppel“ passiert: Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, den innerhalb der Kiersper Wehr hat man durchaus noch sinnvolle Verwendung für das Fahrzeug. Und bei aller Begeisterung für seinen Nachfolger hängen auch Herz und Erinnerungen an ihm.