Betrübte Gesichter bei den Kunden, die fast 25 Jahre unter Saalborn ein kompetentes, sachkundiges, effizientes und freundliches Team vorfanden. Die Buchhandlung: ein Begegnungsort, nicht allein ein Verkaufsraum. „Ich habe die Buchhandlung nie nur als Geschäft gesehen“, so die Inhaberin traurig im Gespräch mit LokalDirekt, „für mich war es auch ein Ort der Kultur, der Kommunikation, der Begegnung. Hierher kamen Menschen, die auch einfach mal nur sprechen wollten, nicht unbedingt kaufen.“
Begonnen hat dieser Lebensabschnitt für Esther Saalborn mit der Übernahme der Buchhandlung Plettendorff von Gabriele Höfer-Flügge zum 1. Januar 2001. Damals noch am Standort Lohmühle. Saalborn erfuhr durch die beiden erfahrenen Kolleginnen Sabine König und die leider viel zu früh verstorbene Claudia Wolski eine herzliche Aufnahme und Begrüßung. „Als gebürtige Hemeranerin bin ich ja auch Sauerländerin. Das hat mir zu Beginn viel geholfen, denke ich“, erinnert sich die Buchhändlerin. Eine damalige Stammkundin überreichte Saalborn gleich am 3. Januar einen Glücksklee für eine glückliche, erfolgreiche Zukunft. Zusammen mit der Unterstützung ihrer Kolleginnen gelang es der jungen Buchhändlerin schnell, Beziehungen zu ihren Kunden aufzubauen. Eine Teamarbeit, die stets gut funktioniert hatte. Auch als die Buchhandlung 2007 in ein nagelneues Geschäftslokal im GWU-Gebäude am Umlauf umzog. Dort in lichtdurchfluteten Räumen, mit heller, freundlicher Einrichtung sah Esther Saalborn neben einer übersichtlicheren größeren Verkaufsfläche die Möglichkeit, Autorenlesungen für Kinder und Erwachsene im eigenen Haus durchzuführen, die Nähe zur Stadtbücherei und die Chance auf mehr Laufkundschaft.
Einen sehr großen Teil ihres Lebens verbrachte Saalborn also in Plettenberg, mit der Beschäftigung, die sie so außerordentlich liebt. Während ihrer Zeit als Geschäftsfrau hatte sie mit einer Reihe von langjährigen Mitarbeiterinnen zu tun. Darunter auch zwei Lehrlinge, die hier ihre Ausbildung absolvieren konnten. Zu den bereits genannten Kolleginnen gehörten neben anderen lesefreudigen Menschen und zahlreichen Praktikanten bis zuletzt Ruth Stangier, Miriam Heuel und Verena Höfer. Letztere war bereits bei der Vorgängerin Gabriele Höfer-Flügge Auszubildende und nach Beendigung ihrer Ausbildung da tätig bis 1992. 2007 in den neuen Geschäftsräumen nahm sie ihre ursprüngliche Tätigkeit wieder auf und blieb bis zum letzten Tag bei Esther Saalborn.
Die Augen leuchten bei Saalborn bei den Erinnerungen: „Alle haben sich toll ins Team eingefunden, jede/r hat sich eingebracht. Für die Kunden gab es immer einen entsprechenden Ansprechpartner. Man hat sich in vielerlei Hinsicht ergänzt.“ So haben natürlich auch die Mitarbeiterinnen viel gelesen, um ihren Kunden Vorschläge machen zu können, Vergleiche ziehen zu können, Empfehlungen zu bieten. „Das war so fesselnd, das könnte doch etwas für diese Kundin sein“, war die Prämisse. Kein Wunder, dass über die Jahre die Vorlieben der Buchthemen als auch die Namen der Stammkundschaft bekannt waren.
Verena Höfer über ihre langjährige Chefin und Kollegin: „Frau Saalborn hat sich vielfach auch im Bereich Soziales betätigt. So unterstützte sie unter anderem die Aktionen ‚Weihnachtswunschbaum für Senioren‘, ‚Weihnachten im Schuhkarton‘ und war manches Mal persönlich unterwegs, um Bücher zu den Kunden zu bringen.“
Ein großes Anliegen war und ist es immer noch für Esther Saalborn, die Freude am Lesen zu fördern und zu steigern. Unter anderem nahm sie jährlich am Welttag des Buches teil, dem Tag, an dem das Lesen regelrecht gefeiert wird. Zum letzten Buchtag empfing sie im Mai Kinder in ihrem Geschäft, dieses Mal zum Thema Comic, um Gratis-Comics zu verteilen und mit einer Comic-Zeichnerin zu überraschen. Wieder eine Gelegenheit, Hemmschwellen zu nehmen, Begeisterung fürs Lesen zu wecken, Schulklassen einzuladen. Eine Kundin bedankte sich für die geduldige Zuwendung Kindern gegenüber. Die Kinder waren teilweise völlig geknickt, betroffen und zaubern trotz der Wehmut ein Lächeln auf Saalborns Gesicht beim Versuch, Lösungen zum Verbleib der Buchhandlung zu finden.
Nun ist das Ende in Sicht. Persönliche und familiäre Gründe stehen im Vorrang zu wirtschaftlichen Gründen. Intensivste Bemühungen haben keinen Erfolg für eine Nachfolgelösung gebracht. Dazu ist bereits alles geschrieben worden. Jahre der Freude und Lebendigkeit, aber auch Jahre der Niedergeschlagenheit durfte sie erfahren, so Saalborn. Tausende von Büchern sind an den Mann, die Frau, an das Kind übermittelt worden. Bücher, als Bindeglieder von Lebensereignissen, Bücher, die amüsierten, begleiteten, schulten, weiterhalfen oder einfach nur Freude bereiteten.
Gemeinsame Lesefreude, jahrelanges Vertrauen, zahlreiche Erlebnisse und herzliche Begegnungen – dafür bedankt sich Esther Saalborn bei ihren Kunden und Kundinnen.
Vielfacher Tenor der Stammkunden: Das ist ein großer Verlust! Wo finde ich eine Buchhandlung mit diesem freundlichen Service, in der Nähe und mit Fachpersonal? Für alle Lesesüchtigen ein Drama!