Wenn ein Verein 55 Jahre alt wird, darf gefeiert werden. Und das tat der SC Zurstrasse 70 - vier ganze Tage lang. Ein Festakt am Sonntag, 22 Juni, im Veranstaltungsgebäude an der Waldbauerstraße bildete den krönenden Abschluss der Feierlichkeiten. 130 geladene Gäste waren der Einladung gefolgt – und viele von ihnen waren und sind dem SC bereits über Jahrzehnte hinweg verbunden.
Die Feierlichkeiten begannen sportlich und endeten familiär: Den Auftakt zum Festwochenende bildeten ein Hobbyturnier am Donnerstag und ein Altherrenturnier am Freitag, bevor der SC Zurstrasse am Samstag zum Familientag zahlreiche Besucher mit Aktionen und Aktivitäten für Jung und Alt auf den Sportplatz Buddenkamp lockte - alles unter dem Motto: 55 Jahre SC Zurstrasse.
Am Sonntag folgte dann der offizielle Festakt zum Vereinsjubiläum. Joachim Augner führte durch das Programm und zollte dem SC seinen Respekt: „Hut ab vor dem, was dieser Verein geleistet hat – sportlich wie menschlich. Der SC ist ein soziales 'Bindemittel' für die Dorfgemeinschaft Zurstraße“, sagte der WDR4-Moderator, bevor er dem 1. Vorsitzenden des Vereins das Mikrofon überreichte.
Vereinsgeschichte mit Herz
Jens Richstein erinnerte an die Vereinsgründung 1970: „Es ist eine große Ehre, 55 Jahre voller Sport und Gemeinschaft zu feiern.“ Besonders begrüßte er daher Gründungsmitglieder wie Dieter und Herbert Hahn und Erich Söhnchen. „Der SC steht seitdem für Veränderungen, aber gleichzeitig auch für Beständigkeit“, so der Vorsitzende. Denn der Verein habe sich nicht zu einem reinen Fußballverein entwickelt, sondern zu einer lebendigen Vereinsfamilie mit einem attraktiven Sport- und Freizeitangebot: „Bei uns wird Zusammenhalt, Leidenschaft und ein familiäres Miteinander gelebt.“ Das sei vor allem den Mitgliedern zu verdanken, den Familien, die ihre Kinder zum SC schicken und zugleich als ehrenamtliche Helfer unterstützen, wo es nur geht. Ihnen allen sowie dem Förderverein, den vergangenen Vorständen und dem aktuellen Vorstand sprach Richstein großen Dank aus.
Vom Acker, über Asche bis zum Kunstrasen
Bürgermeister André Dahlhaus ließ zunächst kurz die Platzgeschichte des SC Zurstrasse Revue passieren: Vom ersten Fußballplatz an der Kettelstraße („ein Acker!“), der als Erbachtgrundstück von Bethel.Regional zur Verfügung gestellt wurde, über den Ascheplatz am Buddenkamp bis hin zum heutigen Kunstrasenfeld, das 2024 eingeweiht wurde. Persönlich erinnerte er sich lachend: „Ich habe hier vor ungefähr 38 Jahren selbst versucht, Fußball zu lernen – mit mäßigem Erfolg.“
Umso mehr lobte Dahlhaus die Entwicklung des Vereins, der nicht nur sportlich, sondern auch sozial eine feste Größe im Dorf sei, und dabei stets seine „familiäre Seele“ behalten habe.
Das möge auch daran liegen, dass viele Vereinsmitglieder auch in anderen Bereichen des Dorflebens engagiert seien, zu Beispiel in der Dorfgemeinschaft Waldbauer oder der Freiwilligen Feuerwehr: „Man kann also mit Fug und Recht sagen: Der SC ist aus dem Dorf nicht mehr wegzudenken.“
Die Stadtverwaltung hatte zum Festakt bei der Konditorei Hoyer in Zurstraße eine Torte mit dem Vereinswappen des SC in Auftrag gegeben, die Thomas Lay als stellvertretender Bürgermeister in den Saal trug. - Video: Tanja Satur
Ein Ort, der alle willkommen heißt
Frank Solmeke, Regionalleiter von Bethel.Regional, betonte ebenfalls die soziale Rolle des Vereins: „Der SC ist ein ganz besonderer Verein.“ Sport sei ein wichtiger Faktor für Integration und Inklusion, weil er Raum schaffe für Begegnungen. Als Bethel unbegleitete geflüchtete Jugendliche in Zurstraße unterbrachte, habe der SC sofort und unkompliziert reagiert und die jungen Menschen am Vereinsleben teilhaben lassen: „Diese Vereinskultur hilft, soziale Barrieren abzubauen, weil sich jeder willkommen und wertgeschätzt fühlt“, lobte Solmeke.
Spontan, sportlich, solidarisch
Für eine amüsante Einlage sorgte danach Stefanie Zacharias, die von Joachim Augner überraschend als Rednerin aufgerufen wurde: „Ihr seid ja lustig! Ich wusste gar nichts davon.“ - „Ich schon, denn es steht auf dem Zettel, der mir für die Moderation gegeben wurde“, konterte Augner lachend.
Die seit 2009 amtierende Leiterin der Gymnastikabteilung reagierte spontan und erinnerte an die Anfangstage: „Die Abteilung ist 1975 aus der Idee heraus entstanden, dass auch wir ‚Fußballerfrauen‘ gemeinsam Sport machen wollten.“ Heute ist daraus ein umfangreiches Fitnessprogramm für alle Altersgruppen geworden – inklusive Kindertanz und Seniorenfitness: „Wir halten also auch die Alten in Bewegung“, schmunzelte Zacharias. Aktuell zählt die Fitness-Abteilung des SC - passend zum Vereinsjubiläum - 55 aktive Mitglieder.
Breckerfeld statt Hagen – und Applaus für die richtige Entscheidung
Breckerfelds Ehrenbürgermeister Klaus Baumann, der die Geschicke der Stadt von 1999 bis 2015 leitete und somit auch die Entwicklung des SC begleitete, gab in seiner Ansprache offen zu, dass er während seiner Amtszeit gegen die Schaffung eines Kunstrasenfeldes am Sportplatz Buddenkamp gewesen sei: „Ich hoffe, sie sehen es mir nach“, meinte er augenzwinkernd und kurvte verbal geschickt zu einer beinahe in Vergessenheit geratenen „Episode“.
Denn die Gemeinde Waldbauer-Zurstraße, die bis 1975 eigenständig war, blicke auf eine bewegte Geschichte zurück. „Als der Ennepe-Ruhr-Kreis vom Gesetz her eine Neugliederung vornehmen musste, wurde die Gemeinde Waldbauer am 1. Januar 1970 in die Stadt Hagen eingemeindet“, so Baumann. Nach bürgerlichen Protesten gegen diese Entscheidung sei sie per Gerichtsbeschluss im Dezember des selben Jahres wieder selbständig geworden. Da die Ortschaft aber aufgrund ihrer Größe und Einwohnerzahl in der Ballungsrandzone nicht selbständig bleiben konnte, wurde sie am 1. Januar 1975 - durch das sogenannte Sauerland/Paderborn-Gesetz - in die Stadt Breckerfeld eingemeindet: „Ich denke, sie alle hier sind meiner Meinung: dass diese Entscheidung richtig war“, rief Baumann und erhielt mit tosendem Applaus die Bestätigung der geladenen Festgäste.
Gesamtgesellschaftliches Vorbild
Auch Jörg Obereiner, stellvertretender Landrat und nach eigener Aussage „Zurstraßler durch und durch“, hatte Nostalgisches im Gepäck: „Damals hatte die Ortschaft noch die Postleitzahl 5801 und der SC einen so hügeligen Platz, dass sich die beiden Torhüter gegenseitig nicht sehen konnten“, lachte er. Und als Zeichen seiner Verbundenheit mit Ort und Verein zog Obereiner seinen alten, papiernen Mitgliedsausweis aus dem Jackett: „Fürs Vereinsmuseum“, sagte er augenzwinkernd und betonte: „Beim SC stand und steht immer die Gemeinschaft über dem sportlichen Erfolg – das sollten wir alle uns als gesamtgesellschaftliches Vorbild nehmen.“
Diesem Gedanken schloss sich auch Peter Mann vom Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) an. Er lobte jedoch insbesondere auch die sportliche Entwicklung des „relativ kleinen“ Vereins: „Aller Ehren wert, was hier geleistet wurde - und ich wünsche dem SC eine baldige Rückkehr in die Kreisliga A.“
Ein Verein als Zuhause
Arthur Badura, Vorsitzender des städtischen Ausschusses für Sport, Jugend und Soziales, fasste seine Rede, in der er unter anderem daran erinnerte, dass der SC seine Mitgliederzahlen in den letzten zehn Jahren verdoppelt habe, treffend zusammen: „Der Verein gibt den Menschen hier in Zurstraße ein Stück Heimat.“ Badura - „Ich bin ja selbst hier aus’m Dorf“ - machte deutlich, dass der Umbau des Veranstaltungsgebäudes zu einer Mehrzweckhalle nicht nur dafür gesorgt hat, dass das sportliche Angebot des SC ausgebaut werden konnte: „Hier kommen die Menschen auch zu vielen anderen Gelegenheiten zusammen.“
Jan Domaser vom Förderverein griff das Thema „Heimat“ auf und erinnerte daran, dass vor rund 25 Jahren eine kleine Gruppe Fußballspieler aus Hagen zum SC gewechselt ist: „Viele sind lange geblieben, einige sogar ins Dorf gezogen, und heute stehen wir als Eltern am Spielfeldrand und sehen unseren Kindern dabei zu, wie sie in unsere Fußstapfen treten – das ist für mich der wahre Geist dieses Vereins.“
Freundschaft – und ein bisschen „Hasper Maggi“
Auch aus anderen Breckerfelder Vereinen und Organisationen gab es Glückwünsche – unter anderem von Rudolf Lemke als Vertreter der Löschgruppe Zurstraße, Jürgen Hartmann vom Stadtsportverband, dem TuS-Vorsitzendem Hanswalter Dobbelmann und Marvin Tholen von Schwarz-Weiß Breckerfeld. Letzterer brachte, da der SC für seine Geselligkeit bekannt sei, Bierkrüge mit dem Aufdruck „55 Jahre SC – Auf das Leben!“ mit und betonte: „Rivalität gibt es zwischen unseren beiden Breckerfelder Vereinen nur auf dem Platz!“
Ein Schnapsfläschchen „Hasper Maggi“ brachte der Karnevalsverein Hagener Volmefunken mit – und einen Schal mit den beiden Vereinswappen, als Symbol der Freundschaft. Denn der Baruchtumsverein und der SC Zurstrasse verbindet eine langjährige Kooperation: „Wir danken euch für eure Unterstützung durch Auftritte eurer DanceKids bei unseren Veranstaltungen wie dem Hasper Kirmesumzug.“
Großer Moment für einen stillen Macher
Ein Raunen ging durch den Saal, als SC-Vorsitzender Jens Richstein nach all den Festreden noch einmal selbst ans Mikrofon trat – mit spürbarer Emotion in der Stimme. „Jetzt kommen wir zu einer Sache, die etwas ganz Besonderes ist, auch für mich persönlich“, kündigte er an.
Die Gäste lauschten gespannt, während Richstein erzählte: „Er trat am 4. März 1977 in den Verein ein, war Spieler, Trainer, Betreuer und immer dann zur Stelle, wenn beim SC Not am Mann war. Als sich kein Kandidat als Geschäftsführer fand, war er zur Stelle. Als die Vereinsführung 2011 erneut vor einem personellen Engpass stand, sprang er erneut ein und übernahm - nach langer Überredung durch Thorsten Rafflenbeul und mich - den Vorstandsposten. Und obwohl er dies zunächst als ‚Lösung für ein Jahr‘ proklamierte, übernahm er schließlich - zum Glück für den SC - ein Jahrzehnt Verantwortung an vorderster Front.“ Der Mann, von dem er spreche, so Richstein, sei nie ein Typ gewesen, der sich selbst in den Vordergrund stellte. „Während andere Reden hielten, organisierte er, verhandelte, plante.“ Er sei maßgeblich daran beteiligt gewesen, dass das Projekt Kunstrasenplatz auf den Weg gebracht wurde: „Nicht mit lauten Worten, sondern mit Hartnäckigkeit, Gesprächen mit Behörden, endlosen Telefonaten und jeder Menge Durchhaltevermögen.“
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wusste jeder im Saal, wer gemeint war. Als Richstein den Namen schließlich aussprach, erhoben sich alle Gäste von ihren Plätzen, minutenlang hallte Applaus - ein Gänsehautmoment. Schließlich stand auch Olaf Kampmann sichtlich bewegt auf, winkte bescheiden, als wollte er sagen: „Ach, das war doch selbstverständlich.“
Doch genau das war es für den „kleinen“ SC Zurstrasse eben nicht. Als Zeichen der Anerkennung für sein jahrzehntelanges Engagement überreichte Richstein ihm die Ehrennadel in Gold und verkündete feierlich an Olaf Kampmann gewandt: „Du bist ab heute Ehrenvorstandsmitglied des SC Zurstraße.“ Und weil im Verein immer auch ein Augenzwinkern dazugehört, ergänzte er: „Vom Jahresbeitrag bist du natürlich befreit – aber zu unseren Vorstandssitzungen bleibst du herzlich eingeladen. Denn wir brauchen weiterhin deinen Rat, deine Erfahrung und deinen unerschütterlichen SC-Geist.“
Viele Anekdoten bei Kartoffelsalat und Kuchen
Nach dem offiziellen Teil wurde es gemütlich: Schnitzel mit Kartoffelsalat – ganz klassisch hausgemacht, zubereitet von Klaus Schönberger und seinen Helfern - und ein großes Kuchenbuffet wartete auf die Festgäste, die den Tag bei vielen Anekdoten aus fünf Jahrzehnten Vereinsgeschichte ausklingen ließen.
Fotogalerie vom Festakt am 22. Juni: