Mit ihrer Idee wollten die beiden Ratsfrauen ein Zeichen für Vielfalt setzen. Wichtig war ihnen, das nicht parteipolitisch zu befrachten. Und wie geht das besser als gemeinsam zu feiern? Die Demokratie sei unter Druck geraten, so Dr. Jana Schrage bei ihrer Begrüßung. Die beiden Organisatorinnen hätten sich „allein damit gefühlt“. Sie wollten Mut machen, sich nicht alleine zu fühlen und zeigen: „Wir sind viele“.
Das sahen viele Halveraner und Gäste aus Nachbarkommunen ähnlich. Schnell füllten sich die Reihen. Platz für Gespräche boten lange Bierzelt-Garnituren und etliche Stehtische. Ein paar Tische mussten umgesetzt werden, um Platz für das Buffet zu schaffen. Die Auswahl bei Halvers größter Mitbring-Party: grandios. Die Vielfalt kaum überschaubar. Muffins, Salate, Dips, Pizzen und Pasta, Süßspeisen und Kuchen. Wer gekostet hatte, gab Nachbarn gleich einen Tipp, was er oder sie unbedingt probieren müsse. Getränke verkaufte der TuS Ennepe. Würzige Thüringer Rotbratwürste gab’s vom Grill auf dem Trecker. Spendiert hatte die Spezialität ein Halveraner.
Brosch sieht Politik und Bürger in der Pflicht
Bürgermeister Michael Brosch dankte den beiden Initiatorinnen, aber auch den vielen Helferinnen und Helfern aus Kirche, Vereinen, Verbänden und Verwaltung, ohne die das Treffen nicht möglich gewesen wäre. Er rief am Vorabend der Wahlen in Thüringen und Sachsen dazu auf, gerade jetzt für Werte wie Freiheit, Demokratie und Vielfalt einzustehen. „Wer sich nicht traut, sich für Freiheit einzusetzen, wird zum Schwarzfahrer der freiheitlichen Demokratie“, so Brosch. Alle seien gefordert, sich für Mitmenschlichkeit, Toleranz und Kompromisse einzusetzen.
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Populisten und Extremisten versuchten Grenzen zu verschieben und Werte zu zersetzen. Politiker auf allen Ebenen schuldeten es den Menschen, ihre „Ängste aufzunehmen und nach Lösungen zu suchen“, mahnte er.. Sie müssten zeigen, dass der Staat handlungsfähig sei, anstehende Probleme zu lösen. „Die Menschen erwarten zu Recht, dass politisch Verantwortliche gemeinsam Lösungen finden“, appellierte er an politische Vernunft und konstruktives Miteinander. Das Dinner für Demokratie sah er als Symbol, dass man sich nicht spalten lasse, als Beweis einer vielfältigen und bunten Gemeinschaft in Halver, in der man sich mit Empathie, Respekt und Offenheit begegne.
Unzufriedenheit dort trifft auf Unverständnis hier
Wo es an Anknüpfungspunkten für ein Gespräch fehlte, konnte ein Würfelspiel weiterhelfen, das die umsichtigen Organisatorinnen auf den Tischen platziert hatten. – Eine Basis, ganz zwanglos Kontakt aufzunehmen. Für dezente „Tischmusik“ sorgte das Duo „Bumer“ mit Christian Busch (Gitarre und Gesang) und Stephan Mertens (Vibraphon und Marimba).
Bei vielen Gesprächen ging es neben persönlichen Dingen, Urlaubserlebnissen und Erinnerungen an alte Zeiten häufig auch um die Frage, warum in den neuen Bundesländern extremistische Parteien so erfolgreich sind, warum die Menschen so unzufrieden sind. Immerhin sind die Renten inzwischen angeglichen, die Infrastruktur ist intakt, die Städte sind saniert und High-Tech-Konzerne siedeln sich in Magdeburg oder Dresden an. Wieso dann rechtsextrem gewählt wird, konnte auch Nezahat Baradari nicht beantworten. Die SPD-Bundestagsabgeordnete besuchte das Dinner am Rathaus und lobte die Idee. Die Atmosphäre „wie bei einem Nachbarschaftsfest“ baue Hemmschwellen ab, miteinander zu sprechen. Ein Beispiel, das Schule machen sollte, befand sie.
Kommentar von Rüdiger Kahlke
„Eine Idee, viele Verwirklicher„
Die Ratsmitglieder hatten sich zum „Dinner für Demokratie“ auf eine Farbe geeinigt. Sie trugen T-Shirts mit dem Motto des Abends. Das politische Farbenspektrum spielte zu Gunsten des gemeinsamen Interesses keine Rolle. Sie agierten als eine Einheit, das T-Shirt wies sie als Ansprechpartner, aber auch als „Ordnungsmacht“ aus, wie Mitorganisatorin Sina Löschke eingangs ausführte. Mit dem „Dinner für Demokratie zeigte Halver Offenheit, Vielfalt, Toleranz, vor allem aber Gemeinsinn.
Offenheit bei Bürgermeister und Verwaltung für die Idee. Solidarität und Tatkraft bei vielen, die geholfen oder die Aktion unterstützt haben. CDU, SPD, UWG, Grüne, Stadtsportverband, Sportvereine, Luftsportverein, Ev. Kirchengemeinde, ADFC, LifCycleMedia, Balu – Lastenrad für Halver, The Albert Singers, Aktionsbündnis Oberbrügge-Ehringhausen, Sentiris gGmbH, Nachbarschaft Südstraße, Ecke Forellenweg, Förderkreis für Seniorenheime, TuS Oberbrügge, Stadtmarketing-Verein und der Förderverein Regenbogenschule, aber auch Feuerwehr und DRK haben sich eingebracht. Ein eindrucksvollen Zeichen!
Nur eine Ratsfraktion verweigerte sich: die FDP. Blamabel für eine Partei, die wie keine andere Begriffe wie Freiheit und Liberalität für sich reklamiert. – Wie sich gezeigt hat, geht es auch gut ohne sie.