Was passiert bei einem Bandscheibenvorfall?
Ein Bandscheibenvorfall ist eine Form des ganz normalen Alterungsprozesses der Wirbelsäule. Der Unterschied: Während die Bandscheiben in einem schleichenden Prozess flacher werden und an Spannkraft verlieren, kommt der Bandscheibenvorfall plötzlich. Durch Einrisse am Ring der Bandscheibe kann der Kern hervortreten und auf die Rückenmarksnerven drücken. Das führt zu einer Nervenentzündung, wodurch Schmerzen entstehen.
Das typische Alter für einen Bandscheibenvorfall liegt zwischen Anfang 30 und Mitte 40. In dieser Zeit ist der Kern der Bandscheibe elastisch genug, um sich durch die Einrisse zu quetschen. Im fortgeschrittenen Alter nimmt ihre Elastizität durch den Flüssigkeitsverlust ab. Deshalb sind Bandscheibenvorfälle in höherem Alter eher die Ausnahme.
Häufig verursacht der Bandscheibenvorfall keine Schmerzen und wird nur durch Zufall, zum Beispiel auf dem MRT-Bild, entdeckt. „70 Prozent der Menschen wissen gar nicht, dass sie einen Bandscheibenvorfall haben“, erklärt Dr. Stefan Nolte, Chefarzt der Konservativen Orthopädie in der Sportklinik Hellersen und betont gleichermaßen, dass sich die Betroffenen keine Sorgen machen müssen, wenn sie im Nachhinein davon erfahren. „In dem Moment hatte der Betroffene möglicherweise plötzliche Rückenschmerzen – ähnlich einem Hexenschuss – die nach kurzer Zeit von selbst wieder verschwanden. Der Körper hat eine Schutzreaktion eingenommen, damit der entstandene Riss nicht tiefer wird, und anschließend den Bandscheibenvorfall selbst abgebaut“, erklärt Dr. Stefan Nolte.
Anders ist es bei einem frischen Bandscheibenvorfall. Wenn diese Patienten zu ihm kommen, leiden sie oft an den typischen Symptomen: brennende anhaltende Schmerzen, Kribbeln, Taubheitsgefühl bis hin zu Lähmungen. Der ausgetretene Kern drückt auf Nervenwurzeln oder das Rückenmark. Die Nerven werden stark gereizt und entzünden sich.
Im Rahmen der Untersuchung lokalisieren die erfahrenen Mediziner den Schmerz und bestimmen den Auslöser. Sie überprüfen inwieweit Auffälligkeiten oder Schmerzpunkte bestehen und kontrollieren den Bewegungsumfang der Wirbelsäule. „Die Intensität der Schmerzen und deren Lokalisation lassen uns in den meisten Fällen schon bestimmen, an welcher Stelle der Wirbelsäule der Bandscheibenvorfall vorliegt, und wir können eine entsprechende Therapie zur Behandlung umgehend einleiten“, erklärt Dr. Stefan Nolte. Wenn die Diagnose nicht eindeutig ist oder es sich vermeintlich um einen großen Bandscheibenvorfall handelt, greifen die Ärzte auf bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zurück.
Eine Vielzahl der Bandscheibenvorfälle wird in der Sportklinik Hellersen mit einer konservativen Therapie behandelt. Der Fachbereich Konservative Orthopädie setzt dazu spezielle Injektionsverfahren ein, kombiniert mit physiotherapeutischen Behandlungen und osteopathischen Techniken. Die Kortison-Injektion bewirkt die Heilung des entzündeten Nervs. Dieser Prozess kann bis zu sechs Wochen andauern. Ein Austrocknen des Bandscheibenvorfalls ist in den meisten Fällen ein weiteres Therapieziel.
Die Muskulatur ist die Stütze der Wirbelsäule. Um diese stützende Funktion wieder aufzubauen und die Wirbelsäule vor einem erneuten Bandscheibenvorfall zu schützen, werden in der begleitenden physiotherapeutischen Akuttherapie Verkrampfungen der Muskulatur gelöst und in der Nachbehandlung die Rumpfmuskulatur aufgebaut und trainiert. „Die Wirbelsäule ist mit einem Schiffsmast und die Muskulatur mit der Takelage zu vergleichen. Die Takelage hält den Mast stabil, selbst wenn dieser morsch ist. Sie sorgt dafür, dass er nicht beim ersten Wind bricht. So ähnlich verhält es sich auch mit der Muskulatur“, erklärt Dr. Stefan Nolte.
Ist der Nerv nicht nur entzündet, sondern verursacht durch den Druck auch einen strukturellen bleibenden Schaden, ist eine Operation notwendig. Um dem Patienten eine bestmögliche Behandlung zu bieten, arbeiten die Abteilungen des Wirbelsäulenzentrums eng zusammen. Je nach Grad der Schädigung und der betroffenen Stelle an der Wirbelsäule kommen unterschiedliche Operationsmethoden in Frage.
An der Halswirbelsäule erfolgt der Eingriff beispielsweise von vorne durch den Hals. In einem mikrochirurgischen und minimalinvasiven Eingriff entfernen die Neurochirurgen des Fachbereichs Wirbelsäulenchirurgie den Bandscheibenvorfall, um die Rückenmarksnerven zu entlasten, die durch den Bandscheibenvorfall eingeengt sind. An der Halswirbelsäule ersetzen die erfahrenen Chirurgen – insbesondere bei jüngeren Patienten – häufig die abgenutzte Bandscheibe durch Implantate oder künstliche Bandscheiben. Diese sind in sich beweglich, sodass auch die einzelnen Wirbel weiterhin beweglich bleiben und die Beweglichkeit des Patienten erhalten bleibt.
„Die Patienten bleiben mindestens zwei Tage nach der Operation zur Beobachtung stationär in der Sportklinik. Dabei kommt es auch immer auf die persönliche Verfassung des Patienten an“, sagt Dieter Henigin, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie. Nach der Operation gilt es sich bis zu sechs Wochen zu schonen, wobei sich die Rehabilitation nach einer Operation an der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule noch einmal etwas unterscheidet. Grundsätzlich sollte sich der Patient in beiden Fällen vorsichtig herantasten, um keinen neuen, frühzeitigen Bandscheibenvorfall zu riskieren.
Fakten zur Wirbelsäule:
- Die Wirbelsäule dient als bewegliche Stütze des Körpers. Sie trägt fast das gesamte Körpergewicht und verteilt dieses auf die Beine. Zudem bietet sie dem Rückenmark einen knöchernen Schutz vor Verletzungen.
- Von der Seite betrachtet hat die Wirbelsäule eine doppelte S-Form. Ihre Anatomie ist wichtig für das aufrechte Gehen und Stehen und federt die Belastung ab.
- Die Wirbelsäule besteht aus 33 bis 34 Wirbeln, unterteilt in Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule, Lendenwirbelsäule, Kreuzbein und Steißbein. Das Kreuz- und Steißbein bestehen dabei aus verwachsenen Wirbeln, weshalb häufig auch nur von 24 freien Wirbeln die Rede ist. Diese bleiben idealerweise ein Leben lang beweglich.
- Die Wirbel sind verbunden durch die Bandscheiben – insgesamt 23. Sie dienen als Stoßdämpfer und Abstandshalter. Sie bestehen aus einem äußeren Faserring (bestehend aus Faserknorpel) und einem inneren Gallertkern.
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