Die Kommunalwahl am Sonntag, 14. September 2025, naht und vor allem die Bürgermeisterwahl wird mit Spannung erwartet. In regelmäßigen Abständen stellen wir den zwei Kandidaten Aykut Aggül und Christian Pohlmann sowie der Amtsinhaberin Birgit Tupat eine Frage. Auf die kann jeder antworten, eine zeitliche Begrenzung gibt es nicht. Nur vom Thema abschweifen ist nicht erlaubt. Dazu traf LokalDirekt die Kandidaten in den vergangenen zwei Wochen gleich zwei Mal zum gemeinsamen Gespräch. Es ging um Familien und Schulen, Finanzen, Bauprojekte und Zukunftsvisionen. Das Triell gipfelt am Freitag, 5. September, in einer Podiumsdiskussion für alle interessierten Nachrodt-Wiblingwerder in der Lenneschule. Die Kandidaten stellen sich ab 19 Uhr dem LokalDirekt-Fragen-Hagel und beantworten natürlich auch Fragen aus dem Publikum. Zudem stehen Vertreter aller Parteien sowie der fraktionslose Kandidat Matthias Lohmann an einem politischen Marktplatz zum Gespräch mit den Wählern bereit.
Die LokalDirekt-Frage lautet: Die Kassen der Gemeinde sind leer. Die werden sich auch auf absehbare Zeit nicht von alleine füllen. Die Zukunftsprognosen für kommunale Finanzen sind sogar eher noch schlechter. Was kann die Gemeinde tun? Ist es an der Zeit für unbequeme Entscheidungen? Muss gekürzt und gestrichen werden? Oder wird die Grundsteuer erhöht? Aktuell verspricht nur Aykut Aggül, dass es mit ihm keine Steuererhöhungen geben wird. Aber wie soll sich die Gemeinde weiter finanzieren?
Christian Pohlmann: "Eine unbequeme Wahrheit ist natürlich auch, dass wir schauen müssen, wie wir damit umgehen, wenn der Märkische Kreis pleite ist und die Rücklagen verbraucht sind. Das Kreiskrankenhaus ist eine große Baustelle, die viel Geld kostet. Und der Kreis finanziert sich ausschließlich über die Kommunen - über die Kreisumlage. Das bedeutet, wir werden uns gewaltig nach der Decke strecken müssen, wenn der Märkische Kreis noch einmal hergeht und die Kreisumlage erhöht. Allerdings glaube ich auch, dass man eine attraktive Gemeinde nicht nur mit viel Geld schaffen kann. Man kann auch mit guten Ideen Mehrwert für eine Kommune schaffen. Wir haben mehrere Themen im Wahlprogramm, wie beispielsweise eine Jugendjury. Wir werden forcieren, irgendwo eine Hundewiese zu schaffen. Da muss man mal schauen, wo es eventuell einen Platz gibt, wo man das machen kann. Das ist etwas, was auch mit geringen Mitteln umzusetzen ist. Also auch ohne Mittel kann man etwas bewegen.
Unsere Aufgabe ist es, erstmal mit den Mitteln auszukommen, die wir zur Verfügung haben. Und dann aber auch keine Angst zu haben, wenn man sagen muss ,wir müssen moderat die Grundsteuer mal erhöhen'. Über viele Jahre hat man nie die Grundsteuer erhöht und dann massiv. Das war auch der Punkt, wo ich damals gesagt habe ,ich muss mich politisch engagieren', weil ich mich an dem ganzen Prozess auch beteiligen wollte. Wenn man in kleinen Schritten irgendwann mal die Grundsteuer erhöht, dann kommt man nicht in die Bredouille, den großen Schluck aus der Pulle nehmen zu müssen. Deswegen muss man ehrlich sein. Vom Grundsatz her muss man aber auch mit den Mitteln auskommen, die man hat. Aber ich denke, das machen Rat und Verwaltung auch alle gemeinsam."
Birgit Tupat: "Finanzierung, das wird sicherlich das Hauptthema in den nächsten Jahren werden. Wir sehen die wirtschaftliche Lage in Deutschland. Und wir sehen noch nicht, dass sich da eine Erholung abzeichnet. Ich weiß aus ganz vielen Unternehmergesprächen von Zwängen, denen die Unternehmen hier unterliegen, die es in günstig und billig produzierenden Ländern nicht gibt. Die müssen mit Auflagen leben, die das Ganze natürlich noch mehr hemmen. Aber wir sind davon in Teilen der Gewerbesteuer auch abhängig.
Ich sehe natürlich auch die Umlagehaushalte. Da sind die Steigerungen wirklich erdrosselnd. Meine Bürgermeisterkollegen und ich haben das natürlich festgestellt. Das Problem ist aber, dass sich da gesetzlich auch nicht viel ändert. Das sind Zwangspunkte, da können wir nicht raus. Wir haben freiwillige Leistungen im Haushalt. Aber ich denke, dass wir die auch beibehalten müssen. Das haben wir im Rahmen des Stärkungspaktes gesehen. Beispielsweise das Jugendzentrum - aber es ist uns gelungen, dies in Kooperation mit dem Märkischen Kreis und dem Jugendreferat wieder zu betreiben.
Was natürlich auch ein riesiges Thema ist: Wenn ich über 300 Fördertöpfe habe, muss ich die erstmal eruieren. Dafür brauche ich Personal. Da müssen Anträge und Verwendungsnachweise geschrieben werden. Allein, was damit für ein Verwaltungsaufwand verbunden ist. Ich glaube es wäre besser, wenn diese Fördergelder nach einem bestimmten Verteilschlüssel ausgezahlt würden.
Oder wenn man sieht, was wir übers Gemeindefinanzierungsgesetzt erhalten, da ist die Verbundmasse, die über das Gemeindefinanzierungsgesetz an die Kommunen verteilt wird, seit dem Beginn der 90er-Jahre kontinuierlich gesunken. Da geht es um Anteile an der Einkommenssteuer und der Umsatzsteuer. Wenn diese Masse, die verteilt wird, so sinkt. Dann sagt der Normalbürger ,fünf Prozent, das ist ja nichts', aber das sind Milliarden, die nicht an die Kommunen weitergegeben werden. Das ist einfach ein Manko, das muss man immer wieder betonen und anprangern.
Jeder Haushalt in den letzten 13 Jahren hat meinen Rotstift schon gesehen. Als erstes kommen die Mittelanforderungen und natürlich schreiben da die Fachbereiche all das rein, was sie benötigen. Dann kommt der große Strich. Dann arbeite ich den Haushalt durch und stelle ganz, ganz viele Positionen zur Diskussion. Es gibt natürlich auch Positionen, die man gar nicht richtig planen kann, wie beispielsweise Energiekosten.
Was das Thema Steuern betrifft, weiß ich nicht, ob es Einschnitte geben wird, die uns weh tun. Die Grundsteuerreform hat uns schon nicht gut getan. Viele alte Gebäude, wo auch ältere Mitbürger wohnen, sind viel höher bewertet worden, als es vorher war. Das war absehbar, da viele Gebäude zuletzt in den 50er-/60er-Jahren bewertet wurden und natürlich muss da mehr Gerechtigkeit rein. Ich glaube auch, dass es Grundsteuererhöhungen geben wird. In welcher Höhe, das weiß ich nicht. Wir haben noch eine kleine allgemeine Rücklage, mit der wir noch etwas deckeln können, aber das ist endlich."
Aykut Aggül: "Ganz wichtig ist für mich, dass wir die Einwohnerzahl versuchen aufrechtzuhalten und auch versuchen, diese zu erhöhen. Das heißt, wir brauchen Wohngebiete. Und es muss etwas mit den Wohnungen passieren, die jahrelang leer stehen, damit die Menschen, die in Nachrodt-Wiblingwerde wohnen möchten, das auch können. Da geht es auch um Fördergelder, die werden nämlich häufig nach Einwohnerzahl verteilt. Wir sind die kleinste Kommune und wir sind immer die, die ganz wenig von dem großen Ganzen bekommen und dann sollen wir noch zusehen, wie wir das umsetzen. Etwas Großes können wir dann gar nicht ansetzen.
Mit mir wird es keine Steuererhöhung geben. Das habe ich im letzten Jahr bei den Haushaltsberatungen kundgetan. Ich möchte gerne detailliert diesen Haushaltplan aufarbeiten und da auch priorisieren. Da sind im Moment und in den vergangenen Jahren auch viele Wünsche mit aufgenommen worden, die überhaupt nie realisiert worden sind. Jetzt stehen die Beträge da - auch wenn sie nicht sofort den Haushalt belasten. Zum Beispiel die Mehrzweckhalle. Das sind ja Millionenbeträge. Dass das Amtshaus benötigt wird, steht außer Frage. Im Nachhinein muss geschaut werden, ob man den Bürgersaal braucht, wenn es auch eine Mehrzweckhalle gibt. Ob man jetzt speziell für 20 Sitzungen so einen Bürgersaal noch anbauen muss - was ja auch viel, viel Geld kosten wird - weiß ich nicht. Das sind alles nur Prognosen. Das hat man ja beim Gartenhallenbad gesehen, wie schnell die Kosten steigen können. Die Fördergelder decken nur einen Bruchteil. Die große, ganze Summe sehen wir dann, wenn ein Bauprojekt abgeschlossen ist. Wenn wir 2,3 Millionen Fördergelder für das Gartenhallenbad haben, aber abschließen mit 8,5 Millionen, dann sieht man, was man dem Bürger für die nächsten Jahre auferlegt. Denn das sind Schulden, die wir machen. Das können wir überhaupt nicht mehr begleichen. Dass Steuererhöhungen mit Frau Tupat kommen werden, ist ja auch gar keine Frage. Es sind ja auch ihre Projekte im Haushalt. Man muss priorisieren und die Bürger müssen mit ins Boot geholt werden.
Steuererhöhungen kann es nur geben, wenn wir einen Service anbieten können. Wenn wir keinen zusätzlichen Service anbieten können, werde ich auch nicht an den Steuern schrauben. Warum soll ich dem Bürger mehr Geld abverlangen, wenn sich für ihn nichts verbessert?"
LokalDirekt: Und wo genau würden Sie sparen? Was ist die überflüssigste Zahl im Haushalt?
Aykut Aggül: "Die überflüssigste im Moment sind die Investitionssummen für den Mehrzweckbereich, also Lennehalle 2.0. Aber auch: Was wird es mit diesem Bürgersaal werden? Ob das kommt, wissen wir ja nicht. Teuer wird´s. Es ist alles noch in Wolken geschrieben. Das sehe ich tatsächlich erst, wenn die Schleife geschnitten ist."