Nach seiner Pfeife „tanzten“ seinerzeit die besten Eishockeyspieler der Welt – die Russen Sergej Makarov, Igor Larionow, Wjatscheslaw Fetisow und Wladimir Krutov, die tschechischen Wunderstürmer Frantisek Pospisil und Vaclav Nedomanski, sogar Eishockey-Legende Wayne Gretzky musste sich auf dem Eis seinem Urteil beugen. Die Rede ist von Bernd Schnieder. Der heute 76-jährige Iserlohner war zu seiner aktiven Zeit über viele Jahre der beste Eishockey-Schiedsrichter in Deutschland und sogar international geachtet.
Davon zeugen zahlreiche Urkunden und Erinnerungsstücke in seiner Wohnung am Bömbergring. Dort hängt auch die Urkunde für seine Aufnahme in die „Hockey Hall of Fame Deutschland“, die im Deutschen Eishockeymuseum in Augsburg beheimatet ist. Die sowjetische Torwart-Legende Wladislaw Tretjak habe mal zu ihm gesagt: Du bist ein Guter! „Und das sogar auf Deutsch“, erinnert sich Bernd Schnieder.
600 Pucks im Keller
Seine gestreiften Schiedsrichter-Trikots von damals hat er längst in einer Kiste im Keller verstaut, übrigens mit etwa 600 Eishockey-Pucks. Von bestimmten Spielen, in denen er im Einsatz war, hat er sich jeweils einen als Erinnerung mitgenommen. Dort lagert auch das Schiedsrichter-Trikot, das er seinerzeit beim Canada-Cup getragen hat. Der gelernte Versicherungskaufmann ist mit Ehefrau Angela verheiratet, sie haben drei gemeinsame Kinder und ebenso viele Enkelkinder.
1971 bis 1996 Schiedsrichter
Zur schnellsten Mannschaftssportart der Welt kam Bernd Schnieder als aktiver Spieler beim damaligen Oberligisten ESC Soest. Später trug er die Trikots vom SC Möhnesee, den Eissportfreunden Griesenbrauck-Sümmern und dem ESC Iserlohn. Er spielte bis 1970. Seine Schiedsrichterlaufbahn begann gleich anschließend 1971 im Landes-Eissportverband NRW. Bis 1996 pfiff der 76-Jährige Begegnungen in der Regionalliga, Oberliga, Bundesliga 2, Bundesliga 1 sowie der Deutschen Eishockeyliga. „Es waren mehr als 2000 Spiele“, erinnert sich Schnieder.
Trikot vom Meister Gerd Truntschka
Er blickt gerne zurück. „Zu meiner Zeit war der Umgang der Spieler und Fans mit den Schiris ein ganz anderer als heute. „Da gab es auch mal Sprüche von den Rängen, aber die waren nicht böse gemeint“, blickt der Ex-Referee zurück. „Alle wollen nur dasselbe, Schnieder in die Elbe“, habe man bei den damaligen Hamburg Freezers gerufen. „Das hat mich eher amüsiert.“ Besonders stolz ist der Iserlohner auf ein Trikot, das ihm damals Gerd Truntschka von der Düsseldorfer EG nach dem siegreichen Finalspiel gegen den Sportbund Rosenheim geschenkt hat. „Das war direkt nach dem
Schlusspfiff im Playoff-Finale“, erzählt Bernd Schnieder.
Zwischen zwei Spieler gekommen – verletzt
Ein Zusammenprall weckt beim 76-Jährigen noch heute schmerzhafte Erinnerungen. „Ich hatte im Spiel einen Puck zwischen die Beine bekommen. Von beiden Seiten stürmten Spieler auf mich zu, ich kam nicht rechtzeitig weg, und sie nahmen mich in die Mitte. Ich war ja damals schon im Vergleich zu den kräftigen Cracks eher ein Leichtgewicht. Ich wurde in der Kabine bandagiert. Die Kapitäne beider Mannschaften haben sich ernsthaft um mich gesorgt und gefragt, ob ich weitermachen könne? Konnte ich dann auch.“ Bis heute ist Schnieder stolz darauf, dass die Vereine – beispielsweise bei brisanten Spielen – speziell ihn beim Verband angefordert hatten. „Wir wollen Schnieder“!
Olympia in Sarajevo und Albertville
Auch international machte der Iserlohner auf sich aufmerksam. Von 1976 bis 1996 pfiff er für den Internationalen Verband HHF, nahm an den Olympischen Spielen in Sarajevo 1984 und Albertville 1988 teil, kam bei zwei A-Weltmeisterschaften, diversen B- und C-Weltmeisterschaften, bei Europa-Cup-Spielen sowie etlichen Länderspielen zum Einsatz. Besonders stolz ist er über die Einladung zum Canada-Cup 1984. Nach seiner aktiven Schiedsrichter-Karriere war er Regelreferent beim DEB, Chef der Beobachtergruppe, DEL-Beobachter, IHF-Supervisor.
Von 1994 bis 1999 war Bernd Schnieder Sportlicher Leiter und Co-Trainer beim damaligen Iserlohner EC, bis 2006 Schiedsrichterobmann, Mitglied im DEL-Disziplinarausschuss, Vorsitzender des Iserlohner EC e.V. Nachwuchses (heute Young Roosters), er gründete den Eishockeyverband NRW e.V. und ist dessen Präsident, zählt zu den Geburtshelfern des Eishockey-Museums „Puck“ am Sauerlandpark, er war bis 2022 Präsident der Eisadler Dortmund und ist seit dem 1.Juni 2023 Vorsitzender des Inlinehockey-Clubs Samurai Iserlohn.
Seit 53 Jahren ehrenamtliche Arbeit
„Das sind bis heute 53 Jahre ehrenamtliche Arbeit ohne Lücke“, rechnet er nach. Dafür ist er unter anderem mit der Duesberg-Medaille der Stadt Iserlohn sowie die Sportplakette in Gold geehrt worden. Unlängst zeichnete ihn der Märkische Kreis bei dessen Sportlerehrung mit Urkunde und Plakette für sein ehrenamtliches Engagement aus. „Das wurde auch Zeit“, hatte Schnieder das scherzhaft kommentiert. Dem Sport ist er bis heute treu geblieben, ist Sachkundiger Bürger für die CDU im Sportausschuss seiner Heimatstadt. Ab und zu sieht man ihn auch bei den Heimspielen der Iserlohn Roosters. „Die Roosters geben mir jedes Jahr eine VIP-Stehplatz-Karte. Aber weil die Knie nicht mehr so recht mitmachen, kann ich nicht so lange stehen.“
Ab und zu ein Roosters-Spiel
Wenn er dann doch in die Balver-Zinn-Arena geht, freut sich Bernd Schnieder, dass sich noch viele an ihn und seine Schiedsrichter-Zeit erinnern. „Die sind aber alle schon deutlich über 40“, schmunzelt der 76-Jährige. Das Eishockey habe sich seit damals verändert. „Da sind die Spieler meistens noch über viele Jahre bei ihren Vereinen geblieben.“ So langsam will der Ex-Referee einen Schlussstrich unter die damalige Zeit ziehen. „Ich gebe die meisten meiner Erinnerungsstücke in gute Hände ab.“ Er werde alsbald dazu einladen, sich aus seinem Fundus einige Stücke zu kaufen. Den Erlös werde er dann für einen guten Zweck spenden.