Wie berichtet, hatte das Vorhaben der DVP Solar, eine Freiflächen-Photovoltaikanlage – gemeinhin auch Solarpark genannt – am Wengeberg aufzustellen, bereits im Planungs-, Bau- und Umweltausschuss am Dienstag, 26. November, für eine kontroverse Diskussion gesorgt. Mit der Abstimmung der Stadtvertretung kam jetzt das endgültige Aus für das Vorhaben: 18 zu 8 Stadtvertreter votierten dafür, den Antrag abzulehnen und kein Bauleitplanverfahren für den Solarpark einzuleiten, zwei enthielten sich ihrer Stimme, André Poth als Eigentümer des Grundstücks war aufgrund von Befangenheit nicht stimmberechtigt.
SPD hätte sich ergebnissoffenes Verfahren gewünscht
Vor der Abstimmung hatte Bürgermeister André Dahlhaus betont, die Beschlussvorlage stelle keinen Eingriff in die Rechte des Grundstückseigentümers dar, sondern die Stadt handele damit im Rahmen ihrer Planungshoheit: „Es liegt im Ermessungsspielraum der Gemeinde, ob sie ein Bauleitplanverfahren einleitet oder nicht“, erklärte Dahlhaus und widersprach damit der Forderung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Arno Förster nach einem ergebnisoffenen Bauleitplanverfahren. Seiner Ansicht nach müssten „übergeordnete landesweite Interessen berücksichtigt werden“, zu denen auch der Ausbau von PV-Freiflächenanlagen gehöre. Es solle zunächst gutachterlich – und somit neutral – geprüft werden, ob das Vorhaben etwa in Bezug auf Baugrund und Artenschutz überhaupt realisierbar wäre, bevor der Antrag abgelehnt werde.
„Landwirtschaft im Blick halten„
Axel Zacharias, Fraktionsvorsitzender der CDU, äußerte in der Diskussion vor allem Bedenken gegenüber dem Standort am Wengeberg: „Wir lehnen Photovoltaik nicht grundsätzlich ab, aber wir müsse jeden Einzelfall prüfen und tun uns schwer damit, dem Antrag der DVP Solar zuzustimmen, da die Fläche derzeit von unserer örtlichen Landwirtschaft genutzt wird.“ Außerdem gehöre seiner Meinung nach eine energieindustrielle Anlage nicht an den landschaftlich höchsten Punkt des Ruhrgebiets und damit dem touristischen Alleinstellungsmerkmal der Hansestadt.
Sein Parteikollege Heiner Born, der auch Vorsitzender des landwirtschaftlichen Ortsverbandes ist, warnte in beratender Funktion: „Angesichts weiterer Planungen wie dem Bau einer Umgehungsstraße oder neuer Wohn- und Gewerbegebiete könnten unserer Landwirtschaft in den nächsten Jahren rund 50 Hektar Land entzogen werden – weitere 12 Hektar für einen Solarpark zu opfern, halte ich für verantwortungslos.“
Uwe Brüggemann, Fraktionsvorsitzender der Grünen, räumte in seinem Wortbeitrag ein, dass die Diskussion um den Solarpark auch innerhalb seiner Fraktion kontrovers verlaufen sei: „Einerseits wollen wir die Energiewende vorantreiben, andererseits müssen wir die Lage der örtlichen Landwirtschaft im Blick behalten.“
Kritikpunkt: Stadtbild
Ein weiter Kritikpunkt war, dass die Anlage das Stadtbild stark verändern würde. Besonders aus den Ortslagen Ehringhausen und Loh wären deutliche Sichtbeeinträchtigungen zu erwarten, ging der FDP-Fraktiosvorsitzende Ulrich Ferron auf die Beschlussvorlage ein. In dieser aufgeführt war, dass die DVP Solar als Projektträger zwar Fotosimulationen vorgelegt habe. Diese hätten aber nicht alle Blickrichtungen berücksichtigt und außerdem könnte der aktuell hohe Busch- und Baumbestand entlang der K10 durch notwendige Pflegemaßnahmen schnell entfernt werden, was dann die Sichtbarkeit des Solarparks zusätzlich erhöhen würde.
Umwelt- und Netzproblematik
Auch die anzunehmenden Auswirkungen auf die Biodiversität war für die Mehrheit der Stadtvertreter gemäß Vorlage Anlass, den Antrag abzulehnen. Zwar habe der Projektträger Blühstreifen zur Förderung der Artenvielfalt vorgeschlagen, jedoch würde der notwendige Sicherheitszaun die Fauna erheblich stören: Wildtiere könnten beispielsweise ihren gewohnten Lebensraum nicht mehr nutzen und würden somit verdrängt.
Ein weiterer nicht unerheblicher Kritikpunkt war die bereits jetzt schon angespannte Netzsituation, die laut Aussage der AVU Netz durch einen Solarpark deutlich an ihre Grenzen stoßen würde. Durch die bestehende Einspeisung von Windenergieanlagen und den geplanten Bau weiterer Anlagen sei zu befürchten, dass kleinere PV-Projekte künftig abgelehnt werden müssten.
Zweifel an der Effizienz
Katrin Rutenbeck von der Wählergemeinschaft sprach in diesem Zusammenhang die Abwägung zwischen Klimaschutz und lokalen Gegebenheiten an, verwies gleichzeitig aber auch auf die Fortschritte in der Speichertechnologie: „Der Energiewandel und eine Abkehr von der Nutzung fossiler Brennstoffe ist dringend notwendig und nur möglich, wenn wir ihn künftig auch auf unserem Stadtgebiet zulassen.“ Hierzu ergänzte Arthur Badura (CDU), dass zwei örtliche Unternehmen mit Anträgen für PV-Anlagen auf ihren Firmendächern ausgebremst würden, da unklar sei, ob eine Stromeinspeisung ins Netz möglich sei, solange noch nicht über den Solarpark entschieden sei.
Wolfgang Duscherer äußerte als fraktionsloses Mitglied der Stadtvertetung Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Projekts: „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust, da ich den Energiewandel grundsätzlich befürworte“, sagte er und stellte die Effizienz des Solarparks im Vergleich zu Windkraft in Frage: „Denn zum einen: Im Dunklen liefert die Anlage keine Energie.“ Zum anderen sei der Flächenbedarf immens höher als bei Windkraftanlagen.

Finanzielle Aspekte spielen untergeordnete Rolle
Obwohl der Projektträger DVP Solar einen freiwilligen Beitrag von 2000 Euro pro Hektar zur „Förderung des Gemeinwohls“ sowie potenzielle Gewerbesteuereinnahmen in Aussicht gestellt hatte, sah die Stadtvertretung diese als unbedeutend für den städtischen Haushalt an. „Die Gewerbesteuer würde erst etwa nach 15 Jahren relevant werden und ist angesichts der längerfristigen Nachteile des Projekts kaum ins Gewicht zu setzen“, betonte Bürgermeister Dahlhaus.
Mit der Ablehnung des Antrags der DVP Solar auf Einleitung eines Bauleitplanverfahrens positionierte sich die Stadtvertretung eindeutig für den Schutz der heimischen Landwirtschaft und unterstrich gleichzeitig ihr Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich des Stadtbilds, der Biodiversität und nicht zuletzt der energietechnischen Infrastruktur. Gleichzeitig wurde in der öffentlichen Sitzung deutlich, dass sich alle Fraktionen für die Energiewende aussprechen, sie aber effiziente Lösungen und Projekte bevorzugen, die sich auch in Einklang mit den örtlichen Gegebenheiten umsetzen lassen.