Der Wanderparkplatz an der A45 sei schon länger als Sextreffpunkt bekannt, erklärt der Angeklagte. Er sei öfter dort: „Ich kenne den Parkplatz seit 2007. Ich kenne die Szene in- und auswendig. Ich kenne die Szene tragischerweise seit 33 Jahren.“ Es sei ein Ort, an dem sexuelle Kontakte geknüpft würden. Meist gehe es darum, andere beim Sex zu beobachten und dabei an sich Hand anzulegen. Am besagten Tag habe er schon mit seinem Wagen auf dem Platz gestanden, als das junge Paar in seinem Auto ankam.
Sie seien mehrfach an ihm vorbeigefahren, hätten mehrfach die Bremse betätigt. „Wenn man etwas möchte, tritt man auf die Bremse. Das ist ein Erkennungszeichen“, erklärt der Angeklagte. Jedenfalls habe das Paar irgendwann hinter seinem Auto geparkt, sei ausgestiegen und habe Zärtlichkeiten vor ihm ausgetauscht. Er habe das als Einladung gedeutet, zuzuschauen und sich selbst zu befriedigen: „Also habe ich masturbiert.“ Die beiden seien dann wieder eingestiegen. Plötzlich sei die Polizei aufgetaucht und auf ihn zugekommen.
Zum Einsatz gekommen war es durch einen Anruf des Paares. Zudem hatte der 19-Jährige das Verhalten des Angeklagten über den Rückspiegel aufgenommen. „Haben Sie gewusst, dass Sie gefilmt wurden?“, will die Richterin vom 61-Jährigen wissen. „Nein. Man filmt nicht in der Szene. Es soll ja diskret bleiben“, so der Wermelskirchener.
Er gibt weiter an, das Paar drei Wochen vorher schon einmal auf dem Parkplatz gesehen zu haben. Da hätten die ihn mittels Bremslichtzeichen vom Parkplatz runter in ein Industriegebiet gelockt. Als aber nichts weiter passiert sei, sei er zurück zum Parkplatz. Von anderen habe er erfahren, dass die beiden als Paar und der 19-Jährige auch alleine auf dem Platz bekannt dafür seien, für das Beobachten ihres Sex‘ Geld zu verlangen. Das streitet der 19-Jährige im Zeugenstand ab.
Er gibt an, noch nie mit dem Auto auf dem Parkplatz gewesen zu sein. Er kenne ihn nur von früheren Fahrradtouren. Am besagten Tag habe er mit seiner Freundin das schöne Wetter für einen Spaziergang nutzen wollen. Er sei auf den Parkplatz rauf gefahren und am Angeklagten vorbei. Dann habe er gewendet, und nahe des 61-Jährigen geparkt. Durch den Rückspiegel habe er gesehen, wie der Mann seinen Penis unter der Jacke vorgezeigt habe: „Er hat gewichst. Das hat mich schockiert. Es waren Familien mit Kindern da. Das war auch der Grund, warum wir die Polizei gerufen haben.“
Er habe keine Zeichen mit der Bremse gegeben. Er habe gar nichts über den Ruf des Parkplatzes gewusst, beteuert der Zeuge. Das erklärt auch seine Freundin. Sie bestätigt die Angaben ihres Freundes. Beide sagen aus, nicht ausgestiegen und keine Zeichen gegeben zu haben. Der Angeklagte konfrontiert die 18-Jährige daraufhin damit, dass er genau wisse, welche Kleidung sie an dem Tag getragen hatte. Und das nur, weil sie ausgestiegen seien. Sonst hätte er es gar nicht sehen können.
Er beschreibt ein knappes weißes Oberteil und schwarze Leggins. Die Zeugin zeigt sich empört. Lautstark protestiert sie gegen diese Behauptung: „Ich trage kein Weiß. Ich besitze keine schwarze Leggins.“ Ein 58-Jähriger, der am 21. Mai ebenfalls auf dem Parkplatz war, gibt im Zeugenstand an, beobachtet zu haben, wie ein Auto – dessen Beschreibung zum Wagen des 19-Jährigen passt – mehrere Runden auf dem Parkplatz gedreht und Bremszeichen gegeben hatte. Die Personen im Fahrzeug habe er aber nicht gut gesehen.
Ein Urteil gibt es noch nicht. „Es ist wichtig, hier alle Beweismittel auszuschöpfen. Es geht für Sie um etwas. Sie sind einschlägig vorbestraft und unter laufender Bewährung“, fasst die Richterin nach der Vernehmung der Zeugen mit Blick zum Angeklagten zusammen. In einem Fortsetzungstermin soll eine Polizistin als Zeugin gehört, das Video des 19-Jährigen in Augenschein genommen und das Bewährungsheft des Angeklagten verlesen werden.