Angefangen hat alles mit einem dreitägigen Gospel-Schnupper-Workshop, zu dem sich 1999 fünfzig Singbegeisterte angemeldet hatten. Bereits ein Jahr später waren es schon siebzig Teilnehmer, die nach einem sechswöchigen „Christmas-Gospel-Projekt“ unter der Leitung von Friedbert Schulz in der Hansestadt ein Weihnachtsmarkt-Konzert gaben. Was damals niemand ahnte: Es sollte nicht bei diesem einen Auftritt im Dezember 2000 bleiben.
Warum aus dem Projekt ein ‚richtiger‘ Chor wurde
Denn schon im Jahr 2001 wurde der Projektchor für fünf weitere Konzerte in Breckerfeld und Zurstraße ‚gebucht‘. Ein gutes Jahr später und noch immer als Projektchor starteten im Januar 2002 dann 110 Teilnehmer in die Proben, die im Juli 2002 mit einem Konzert der Ev. Jakobuskirche endeten. Oder besser: enden sollten.
Die Begeisterung des Publikums war so groß, dass der Projektchor weitere Anfragen erhielt und unter anderem Konzerte auf dem „Federweißer-Fest“, in der Stadthalle Hagen, auf den Weihnachtsmärkten in Breckerfeld und Wetter-Volmarstein sowie in der Pfarrkirche Christus-König in Halver gaben.
Überregionale Auftritte
Weil aber nicht nur das Publikum, sondern vor allem auch die Sänger und Sängerinnen selbst den Wunsch äußerten, wurde am 6. Februar 2003 in Kooperation mit der Ev. Jakobus-Gemeinde Breckerfeld, der Ev.-luth. Gemeinde Zurstraße und der Kath. St. Jakobus-Gemeinde der „Gospel-Train“ als offizieller ökumenischer Chor „auf die Schienen gehoben“.
Seither probt, singt und groovt der „Gospel-Train“ regelmäßig – und das nicht nur bei Auftritten in Breckerfeld; auch in Ennepetal, Hagen, der Zeche Zollverein oder dem Altenberger Dom haben die aktuell etwas über 70 ‚Gospler‘ schon „die Botschaft Gottes fröhlich singend verkündet.“
Denn genau dafür steht „Gospel“: Der Begriff setzt sich aus den zwei englischen Worten „good spell“ (gute Nachricht) zusammen, was wiederum im Englischen für „Evangelium“, dem Neuen Testament der Bibel, steht.

„Der Funke muss überspringen“
Rhythmisch orientiert sich Gospel an christliche Kirchenmusik afroamerikanischer Gemeinden, die sich durch Jazz- und Blueseinflüsse auszeichnet, auch popmusikalische Elemente sind zu finden. Wichtiger aber sei eigentlich der Gesang: „Schön singen kann eigentlich jeder“, sagt Tania Tigges, die seit 2019 Chorleiterin des Breckerfelder „Gospel Train“-Ensembles ist. „Die Kunst ist, den Text und auch die ‚Seele‘ des Songs so zu transportieren, dass der Funke auf das Publikum überspringt.“
Und nicht nur auf das Publikum, es soll auch zwischen den Chorsängern untereinander ‚funken‘: „Gospel funktioniert nur gemeinsam“, sagt Tania Tigges, die eine kirchenmusikalische Ausbildung absolviert und selbst viele Jahre am Theater Hagen gesungen hat.

„Minemaneminemaneme“
Bei der von LokalDirekt begleiteten Chorprobe beginnt dies zunächst mit Dehnübungen des Oberkörpers, gefolgt von Atem- und ‚Lippen-Lockerung‘-Übungen: „Minemaneminemaneme“, ertönt es im Proberaum in Zurstraße. Stehenderweise.
Als Tania Tigges sich ans Klavier setzt, geht es ans Einsingen: mal sind es nur die Tenöre, mal nur die Bässe oder die Soprane und schließlich setzen die Hobbysänger zum ersten gemeinsamen Lied an.

Voller Körpereinsatz
Noch immer stehen – die meisten – Probenteilnehmer relativ ‚unbeweglich‘. Für die aus Bochum angereiste Chorleiterin etwas, das unbedingt geändert werden muss: „Jetzt möchte ich, dass ihr zum Takt in die Hände klatscht!“ Gesagt, getan. „Etwas mehr Gefühl, liebe Bässe“, spornt sie die Herren an, die sich daraufhin eine Hand auf die Brust zu legen, um dem Song auch optisch mehr Ausdruck zu verleihen.

Tania Tigges steht, klatscht, läuft durch die Sänger-Reihen, schnippst mit den Fingern, dann wieder separiert sie einzelne Gruppen „um sich stimmlich aufeinander einzustellen“, und holt zwischendurch immer wieder Solisten neben sich ans Klavier: „Die besten Solisten sind eigentlich immer die, die sich zuvor nicht getraut haben Soli vor anderen zu singen“, weiß Tigges aus ihrer langjährigen Erfahrung mit den Breckerfelder Gospelsängern.

Nur Zuhören fällt schwer
Mit jedem Song, mit jeder ‚Bewegungsanweisung‘ durch die quirlige Chorleiterin, tauen die überwiegend aus Breckerfeld, aber auch aus Halver, Ennepetal und Hagen-Dahl stammenden Sänger und Sängerinnen mehr auf. Und so langsam versteht auch die anwesende Redakteurin, was Tania Tigges mit „Beim Gospel muss der Funke aufs Publikum überspringen“ gemeint hat: Irgendwann will der Fuß mitwippen; nur mühsam lässt sich ein Mitsummen oder gar Mitsingen unterdrücken.
Was weder der Chorleiterin, noch einigen Chordamen entgeht. Grinsend flüstern sie zwischen zwei Songs: „So ging es uns bei früheren Konzerten, heute sind wir Gospel-Train-Mitglied.“

Es komme beim Gospel gar nicht so sehr auf eine ’super Stimme‘ an, erklärt Tania Tigges: „Mit Gefühl und zugleich in einer großen Gemeinschaft singen, sich im Rhythmus bewegen oder klatschen – so entsteht bei Sängern und Zuhörern gleichermaßen eine positiv energiegeladene, fröhliche Stimmung. Und ein gutes Gefühl.“ Wodurch sich eben auch die „Gute Nachricht“ des Evangeliums transportieren lasse.
Gospel kennt kein Alter
Zudem kenne Gospel auch kein Alter: Die zurzeit aktiven Sängerinnen und Sänger beim „Gospel-Train“ sind zwischen 12 und 84 Jahren.
„Unser Chor steht – damals wie heute – allen singbegeisterten Menschen offen“, erklärt Gospel-Train-Vorstandsmitglied Ute Slotkowski. „Bei uns gibt es kein Vorsingen, keine Aufnahmeprüfungen. Wir freuen uns über jeden, der mit uns singen möchte.“
Gast-Solistin Miriam Schäfer kommt zum Jubiläum
Nun aber freuen sich die Breckerfelder ‚Gospler‘ erst einmal auf ihr großes Jubiläumskonzert am Samstag, 6. Mai. Unterstützt werden sie dabei von Gast-Solistin Miriam Schäfer. Die studierte Singer-Songwriterin ist als Sängerin und Gospelcoach in ganz Deutschland und auch im Ausland, wie beispielsweise an der ‚International School of Gospelmusic‘ in Dänemark oder auch auf Gospelreisen in New York, Chicago sowie in Frankreich unterwegs.
Das „20 Jahre Gospel-Train“-Konzert beginnt um 17 Uhr, der Einlass in die Ev. Jakobuskirche ist ab 16.30 Uhr. Der Eintritt ist wie immer frei, denn der Gospel-Train sammelt nach Konzertende wieder freiwillige Spenden für einen guten Zweck. Allein das sollte Grund genug sein, sich das Gospel-Train-Potpourri nicht entgehen zu lassen.