„Aus der anhaltenden Trockenheit ergeben sich für uns gleich zwei Probleme“, erklärt Reiner Grafe, Landwirt aus Kierspe. „Der Boden ist viel zu trocken und wir sind in der Region hier auf Eigenwasserversorgung angewiesen. Aktuell sei noch ausreichend Wasser in seinem Brunnen vorhanden, das Risiko, dass dieser leer laufe, bestehe jedoch: „Wir können deshalb gerade nur auf Regen hoffen.“
„Wetterlage so noch nie da gewesen“
Reiner Grafe hält auf seinem Hof insgesamt 240 Rinder, davon sind 100 Kühe, 140 stammen aus der Nachzucht. Auf die Weide gebracht hat er bislang wegen der Trockenheit nur 90 Tiere – das Risiko, dass auf der Wiese das Futter ausgeht und alle Tiere zurück in den Stall gebracht werden müssen, sei zu groß, erklärt er. Ein Umstand, der auf wenig Gegenliebe bei seinen Rindern stößt: „Während die im Stall verbliebenen Tiere unbedingt raus wollen, würden sich die auf der Weide über eine Regendusche freuen.“

Der Landwirt kann sich an derart widrige Bedingungen nicht erinnern: „Im Jahr 2018 kam der Borkenkäfer, seitdem haben wir auch in der Region häufiger mit Extremwetterlagen zu tun. Früher hat man behauptet, dass Kinder im Sauerland schon mit einem Regenschirm auf die Welt kommen – diese These können wir Landwirte seit einigen Jahren nicht mehr bestätigen.“ So extrem wie in diesem Jahr, so Grafe weiter, sei es seines Erachtens noch nie gewesen: „Es hat jetzt praktisch vier Wochen überhaupt nicht geregnet. Für Felder, Wälder und Wiesen ist das eine Katastrophe.“ Die Neuanpflanzungen, so Grafe weiter, vertrocknen, die bereits abgemähten Flächen seien „hart wie Parkettboden.“
„Wir können die Situation nur aussitzen“
Eine Möglichkeit, manuell zu bewässern, haben die heimischen Landwirte nicht – „im Gegensatz zu Gemüsegärtnern“, wie Grafe scherzt. So bleibe nur übrig, auf einen Wetterumschwung zu warten. „Am günstigsten wäre ein Landregen, der über mehrere Tage anhält.“ Ein Sturzregen würde laut Grafe das Risiko mit sich bringen, dass der Boden in zu kurzer Zeit zu stark aufweiche.
„Die Gesamtsituation stellt uns Landwirte vor hohe Herausforderungen“, betont Reiner Grafe. Für die Lage verantwortlich sei laut Grafe der Klimawandel: „Ich weiß, dass er von der Menschheit immer noch gerne geleugnet wird, aber seine Auswirkungen zeigen sich gerade deutlicher denn je. Wenn wir einmal eine Wetterlage erreicht haben, bleibt diese über Wochen bestehen.“ Immerhin, so Grafe weiter, sei der erste Schnitt bei den meisten Landwirten bereits eingefahren und damit ungefähr die Hälfte der Jahresernte gesichert. Die Prognose für die verbleibende Ernte – vor allem mit Blick auf den bevorstehenden Sommer – hält Landwirt Reiner Grafe für „fraglich.“ An der Lage ändern, so Grafe weiter, könne man aktuell ohnehin nichts: „Wir können die Situation nur aussitzen.“
Christoph Berbecker: „Wir haben die Auswirkungen der trockenen Jahre im Nacken“
Diese Taktik verfolgt auch Christoph Berbecker, Ortslandwirt aus Halver. Auch er hofft für seinen Betrieb in Anschlag auf ergiebigen Regen. Er sagt: „Es ist noch nicht katastrophal, aber wir haben die Auswirkungen der trockenen Jahre im Nacken.“
Wie trocken es in den vergangenen Wochen war, zeigt eindrucksvoll eine Wetterstation in unmittelbarer Nähe seines Betriebes. Im Rahmen der Wasserkooperation Landwirtschaft/Wasserwirtschaft werden dort Daten gesammelt. Demnach können für den Zeitraum 1. Januar bis 19. Mai gerade einmal 280mm Niederschlag verzeichnet werden. Ein Bruchteil dessen, was sonst in den „nassen Monaten“ vom Himmel fällt. Von diesen 280mm entfallen 127mm auf Februar bis Mai. Weiter schlüsselt Berbecker auf: „Im Februar waren es um genau zu sein 28mm, im März 7mm und im April 85mm, davon 50mm an nur einem Tag. Das ist zu wenig.“ Und das, so erläutert Berbecker, sei das eigentliche Problem: Die Niederschlagsverteilung. An einem von 30 Tagen Starkregen und ansonsten Sonne bringe das Gras eben nicht zum Wachsen.
Nur 7mm Niederschlag im Mai bislang
Schließlich bestehe die Landwirtschaft im Märkischen Kreis zu 75 Prozent aus Grün- und Weideland. Den Rest mache die Futtergewinnung auf Äckern aus. Der Mais beispielsweise habe das trockene Wetter gut weggesteckt und sei unter guten Bedingungen angewachsen. Nun aber brauche er Regen. Auch der Getreideanbau habe profitiert, die Pflanzen konnten sich über den Winter gut entwickeln.

Wenn das Gras aber frisch geschnitten ist – der erste Schnitt war Ende April und Anfang Mai – habe die Sonne nochmal eine ganz andere Kraft, erklärt Berbecker. Er warte daher auf den zweiten Aufwuchs und der komme ohne Regen nur schlecht. Im Mai, auch das zeigt die Datenaufzeichnung der Station, hat es bislang nur 7mm geregnet. Das Gras droht zu verholzen. Eine Nähstoffzufuhr in Form von Gülle sei bei anhaltender Trockenheit ebenfalls nicht möglich. Daher hofft Berbecker: „Jeder Tropfen zählt. Am liebsten aber ausreichend und bald.“