Weg mit dem Nord-Süd-Gefasel
Es war eine in jeder Hinsicht denkwürdige Sitzung des Kreistages. Die Haushaltsverabschiedung fand erstmals im brandneuen Sitzungssaal statt, sie dauerte rekordverdächtige viereinhalb Stunden, und die beschlossenen Ausgaben für 2025 werden mit 847,9 Millionen Euro so hoch sein wie niemals zu vor in der Geschichte des Märkischen Kreises. Und noch etwas war historisch: „Nur“ 31 der anwesenden 63 Kreistagsmitglieder stimmten bei der Etat-Verabschiedung mit „Ja“! Dass Kreiskämmerer Kai Elsweier dennoch das ganze Geld ausgeben darf, ermöglichten die 25 Kreispolitikerinnen und Kreispolitiker, die sich der Stimme enthielten. Zumindest sieben bekannten sich zu ihrem „Nein“.
Vernachlässigung des Nordkreises
Bemerkenswert war noch etwas anderes: Der Märkische Kreis feiert in wenigen Tagen seinen 50. Geburtstag. Und wer die Debatte im „Hohen Haus“ aufmerksam verfolgte, fühlte sich in die Anfangsjahre zurückversetzt. Von Nordkreis und Südkreis war da die Rede, von der Vernachlässigung der Städte Iserlohn, Hemer und Menden, die aber über ihre Kreisumlage zu den Hauptfinanziers des Kreises gehören. Losgetreten war die Klagewelle durch die in einer Verwaltungsvorlage angekündigte Schließung der Dialysezentrale in Letmathe. Es wird zumindest vorerst nicht dazu kommen, weil CDU und SPD mit ihrem gemeinsamen Antrag das Thema an den Aufsichtsrat der Märkischen Kliniken zurückverwiesen haben. Und was, wenn der zum selben Ergebnis seines Vorschlags an den Träger Märkischer Kreis kommen sollte?
Fünf Krankenhäuser im „Norden“
Es geht um 34 Patienten – alle durch ihre schwere Krankheit besonders belastet. Dass ausgerechnet die Kreispolitiker aus den Städten und Gemeinden am lautesten gegen den Kreis und dessen Gesundheitsholding wetterten, in denen es noch fünf Krankenhäuser gibt, verwundert sehr. Es muss doch möglich sein, diese 34 Patienten dort wohnortnah zu behandeln. Iserlohn, Hemer und Menden klagen bekanntlich, weil sie über ihre Kreisumlage an der Finanzierung der Märkischen Kliniken beteiligt werden. Nur mal so: Auch die vielen Millionen Euro Steuergelder, die in den Neubau des Iserlohner Elisabeth-Krankenhauses fließen werden, müssen Steuerzahler aus dem gesamten Märkischen Kreis mitfinanzieren. Und wenn man noch zwei Krankenhäuser in der Stadt hat, wie Iserlohn, ist es ja auch leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Die Struktur bricht nicht zusammen
Von einer, wie es Linken-Fraktionsvorsitzender Manuel Huff formulierte, übrigens Ratsherr in Iserlohn, „drohenden Zusammenbruch der Struktur, falls der MK kein Angebot im nördlichen Märkischen Kreis für die Patienten mehr macht“, sind wir weit entfernt. Machen wir uns nichts vor, die „klagenden“ Städte haben ihrerseits Einrichtungen und Vorteile, für die alle anderen Kommunen mit ihrer Kreisumlage einstehen. Das Defizit der MVG wird eben auch in der Iserlohnerheide, in Menden-Bösperde und Hemer-Deilinghofen eingefahren. Kinder und Jugendliche dieser Städte gehen in Berufskollegs und Förderschulen des Kreises. Die werden auch von Schalksmühlern, Kierspern und Plettenbergern mitfinanziert. Wer hat denn die damalige „Dioxin-Schleuder“ Müllverbrennungsanlage, übrigens eine Altlast Iserlohns, mit einem dreistelligen Millionen D-Mark-Betrag grundsaniert? Sogar die finanziellen Verpflichtungen für die in Iserlohn aktuell wieder heiß diskutierte Eissporthalle am Seilersee hat der damals neue Märkische Kreis übernommen.
Finanzieller Druck nimmt zu
Zugegeben, die Damen und Herren Kreistagsabgeordneten, vielfach auch Rats- oder Gemeinderatsmitglieder in ihren Heimat-Kommunen, stehen daheim bei sich massiv verschlechternden finanziellen Rahmenbedingungen mächtig unter Druck. Sie wurden aber in den Kreistag des Märkischen Kreises gewählt. Sie haben sich aufstellen lassen, um Kreispolitik zu machen und nicht um die Interessen ihrer Heimat-Gemeinden dort zu vertreten. Dass dies ein schwieriger Spagat ist, sei ihnen zugestanden. Der Kreis hat nun einmal eine Ausgleichsfunktion.
„Wir-Gefühl“ zum 50. Geburtstag
Erinnert sei deshalb wenige Tage vor dem 50. Geburtstag des Märkischen Kreises an die politischen Gründungs-Väter und -Mütter. Sie hatten es ungleich schwerer. Sie waren angetreten, um ein „Wir-Gefühl“ im Kreis zu schaffen. Das kann offensichtlich nicht gelingen, wenn die kreispolitische Enkelgeneration immer noch in Nord- und Südkreis-Kategorien denkt. Dies künftig zu unterlassen wäre genau das richtige Geburtstagsgeschenk.