Die Idee, den Kornspeicher intensiver zu nutzen, gab es bereits vor sechs Jahren. Dass es aber so lange dauern würde, bis die Pläne verwirklicht werden, damit hatte wahrlich niemand gerechnet. Maximal ein Jahr sollte es dauern, im Obergeschoss des Kornspeichers eine Vereinszentrale für die heimischen Vereine zu errichten. Doch mit dem Beginn der Arbeiten kamen auch die Probleme.
Bereits 2017 gab es ein erstes Brainstorming für ein Leader-Projekt im Kornspeicher. 2018 wurden die Pläne dann konkret. Die Mitglieder des Heimat- und Verkehrsvereins, des Bürgerbusvereins und des Turnvereins Wiblingwerde machten sich gemeinsam auf den Weg, neue Strukturen im Höhendorf zu etablieren. Zukünftig sollten Synergien genutzt und neue Strukturen etabliert werden. Herzstück des gemeinsamen Konzepts war die Einrichtung einer gemeinsamen Vereinszentrale im Kornspeicher. In der sogenannten „Koordinationsplattform Nachrodt-Wiblingwerden“ sollen demnächst gemeinsame Aktivitäten geplant, Termine abgestimmt und Akten für die Vorstände zentral zugänglich gelagert werden.
„Damit das überhaupt möglich wurde, mussten neue Fenster eingebaut werden. Das warf uns das erste Mal im Zeitplan zurück“, erinnert sich Dr. Christian Schulze. Er war damals der Vorsitzende. Doch es kam noch schlimmer: „Als dann der Maler anrückte, sprach er uns auf massivere Schäden an den Wänden an.“ Schnell sei klar gewesen, dass es so keine Zukunft für das geplante Projekt geben könnte. Der Kornspeicher musste von Grund auf saniert werden.
„Zwischenzeitlich war es so, dass das Fachwerk komplett frei lag und nur noch eine Plane die Außenwand bildete“, erinnert sich Schulze. Nach Rücksprache mit der Leader-Agentur bekam der Heimatverein ein Jahr mehr Zeit, seine Pläne zu verwirklichen, ohne die Förderzusage zu verlieren. „Ein Jahr hat natürlich nicht gereicht. Das Projekt musste zunächst von der Gemeinde und der Denkmalbehörde geplant und ausgeschrieben werden und es musste eine Zimmerei gefunden werden, die sich mit so einem Fachwerk noch auskennt“, erzählt der damalige Vorsitzende. Das brauche nun einmal eine gewisse Zeit. Schulze: „Ja, und als das geschafft war, kam Corona und wir mussten erneut um einen Aufschub bitten.“
Nun, fünf Jahre später als geplant, geht es aber sichtlich voran. Zufrieden präsentieren Christian Schulze und der neue Vorsitzende des Heimat- und Verkehrsvereins, Gerd Schröder, den aktuellen Stand. Das Obergeschoss ist inzwischen komplett ausgebaut und renoviert. „Hier wurde viel durch unsere Mitglieder gemacht. Zum Beispiel der alte Boden komplett abgeschliffen“, berichtet Schröder. Auch eingerichtet ist der Raum bereits. „Hier können zukünftig die Vereine auch ihre Vorstandssitzungen abhalten und haben direkt alle Unterlagen zur Hand“, freut sich der Vorsitzende.
Im Nebenraum entsteht derweil eine Bibliothek. Dort fiel der Startschuss durch eine Spende der Volksbank Hohenlimburg. „Während der ganzen Jahre hat sich viel Spannendes angesammelt“, erzählt Gerd Schröder. Es gebe auch häufiger Rechercheanfragen an den Verein. Zuletzt hätten Lasbecker das Angebot genutzt, um für eine Firmenhistorie zu recherchieren. „Der Fundus ist wirklich groß. Das meiste ist natürlich über Wiblingwerde. Aber auch Nachrodt ist dabei und ein bisschen blicken wir auch über den Tellerrand hinaus“, erzählt Schröder. Etliche Werke sind bereits gelistet und einsortiert. Aber längst nicht alle. „In der Remise und unten in der Schusterwerkstatt stehen tatsächlich noch etliche Kartons. Damit werden wir wohl noch eine ganze Weile beschäftigt sein“, sagt Schröder.
Apropos Schusterwerkstatt: Die soll ebenfalls wieder komplett hergerichtet werden. Die historischen Geräte sind teilweise mehr als 100 Jahre alt. Und auch die Schulklasse befindet sich wieder im Aufbau. „Sie wird vielleicht nicht ganz so groß wie vorher. Wir möchten gerne ein bisschen mehr Platz in diesem Raum haben“, erklärt Schröder. Denn die Mitglieder des Heimat- und Verkehrsvereins können sich gut vorstellen, den Kornspeicher auch für Ausstellungen zu nutzen. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurden deswegen schon entsprechende Aufhängvorrichtungen für Bilder sowie eine entsprechende Beleuchtung verbaut. „Wir überlegen auch, für diesen Raum einen Kartenschrank anzuschaffen. Wir haben viele historische Dokumente“, sagt Schröder. Die Idee dazu stammt übrigens vom kürzlich verstorbenen Kassenwart Reinhard Ittershagen.
Irgendwann im Lauf des Jahres soll der rundum erneuerte Kornspeicher natürlich auch offiziell gefeiert werden. „Ob wir dafür eine Veranstaltung im Sommer machen oder es mit dem Erntedankfest kombinieren, wissen wir noch nicht. Aber wir werden es auf jeden Fall machen“, sagt Gerd Schröder.
Zusatzinformation: Der Wiblingwerder Kornspeicher
Der Kornspeicher stand nicht immer auf dem Wiblingwerder Schulhof, sondern Luftlinie rund 800 Meter entfernt. Er wurde einst 1597 am Kreinberg erbaut. Wegen eines Neubaus von Scheune mit Stall und Remise musste er 1937 weichen. Der Wiederaufbau erfolgte im Interesse der Kultur- und Heimatpflege 1938. Seither hatte er viele unterschiedliche Aufgaben. Die Gemeinde Nachrodt-Wiblingwerde nutzte den Kornspeicher von 1945 bis 1963 beispielsweise als Wohnraum für wohnungslose Familien. Die Schule Wiblingwerde richtete ab 1963 dort ihre Werkräume ein. In den Jahren 1968 bis 1969 nutzte Schulleiter Korte den Kornspeicher als Künstleratelier. Noch heute sind Bilder von ihm dort zu finden. Diese sollen zum Teil auch im neu eingerichteten Speicher präsentiert werden. Im September 1970 wurde das Dachgeschoss für die DRK-Jugendarbeit zur Verfügung gestellt. 1970 waren auch die Gemeindearbeiter in das Untergeschoss eingezogen und blieben dort mit Ihrem Gerät bis 1982. Ab 1982 wurde der Kornspeicher ausschließlich vom Jugendrotkreuz genutzt. Seit 2006 befindet sich das historische Gebäude unter Regie des Heimat- und Verkehrsvereins.