Knapp zweieinhalb Stunden stellte sich Ralf Beßler seinen potenziellen Wählerinnen und Wählern vor, erklärte seine Beweggründe und nannte seine Visionen für die Stadt Plettenberg. Dann machte er einen Schriftwechsel zwischen ihm, Bürgermeister Ulrich Schulte und Sascha Rohlender, Personalratsvorsitzender der Stadtverwaltung, öffentlich. Ausgangspunkt war die laut Beßler öffentlich getätigte Aussage eines Fachgebietsleiters der Stadtverwaltung: „In diesem konservativen Plettenberg wird doch wohl diese Schwuchtel nicht zum Bürgermeister gewählt.“
Ralf Beßler, der seit über zwölf Jahren mit seinem Mann Sebastian verheiratet ist, erhielt am 20. Mai eine Mail von Bürgermeister Schulte, in der dieser erklärte, dass ihm der Vorwurf vom Personalrat mit großer Verzögerung zugetragen worden sei. Er habe sich trotzdem des Falls angenommen und sowohl den Fachgebietsleiter als auch Zeugen befragt. „Im Ergebnis habe ich dann das Verfahren eingestellt, der Vorwurf war nicht zweifelsfrei belegbar“, schrieb Schulte – und weiter: „Ich reagiere erst heute auf Ihre Mail, weil ich eigentlich die Erwartung hatte, dass der Personalrat selbstständig diese Sache klarstellt. Daran besteht aber leider kein Interesse. Das macht auch deutlich, dass es hier in erster Linie darum geht, den Leumund des Fachgebietsleiters zu schädigen und nicht, Ihnen einen Gefallen zu tun. Insofern wäre es für mich natürlich auch interessant zu erfahren, wer Sie über die angebliche Aussage des Fachgebietsleiters informiert hat.“ Der Bürgermeister wies zudem darauf hin, dass es bei der Stadtverwaltung Mitarbeitende gebe, die ihre Homosexualität offen auslebten. Dies habe zu keinem Zeitpunkt zu Benachteiligungen durch den betreffenden Fachgebietsleiter, sonstige Führungskräfte oder anderen Personen im Hause geführt. „Tendenzen zur Homophobie sind hier nicht gegeben.“
In seiner Antwort am 21. Mai, bei der er den Personalrat in Kopie setzte, bedankte sich Beßler bei Schulte für dessen Engagement und merkte an, dass er erschrocken sei, dass der Personalrat in dieser Sache nicht weiter eingeschritten sei. Darüber hinaus wolle er sich im Moment nicht zu den Dingen äußern. „Sollte ich gewählt werden, werde ich auf diese Angelegenheit zurückkommen.“ Dann werde er auch die Zeugen auffahren und dann werde sich auch der Personalrat äußern müssen.
Etwa zwei Stunden nach dieser Mail erhielt Beßler als Kopieempfänger eine Mail des Personalratsvorsitzenden Sascha Rohlender an Bürgermeister Ulrich Schulte. Darin zeigt sich Rohlender „äußerst verwundert“ über Schultes Aussagen. „Die Vorwürfe (gegen den Fachgebietsleiter, Anm. d. Red.) wurden durch schriftliche Zeugenaussagen (u. a. von aktuellen Personalratsmitgliedern, sic) an Sie herangetragen. (…) Wie das Ergebnis Ihrer Prüfung der Sachverhalte zustande gekommen ist, entzieht sich weiterhin unserer Kenntnis.“ Nach Meinung des Personalrates ergebe sich aus allen Zeugenaussagen „ein klares außerdienstliches Fehlverhalten, welches hätte geahndet werden müssen“. Schulte würde durch seine mangelnde und nicht transparente Sachverhaltsermittlung und dadurch nicht erfolgende Konsequenzen indirekt solches Fehlverhalten unterstützen.
Der Personalrat weise die Vorwürfe, den Fachgebietsleiter schädigen zu wollen, ab. Dieser habe sich durch sein sittenwidriges Verhalten in der Öffentlichkeit selbst geschadet. Der Personalrat könne ihm nur empfehlen, sich für seine Äußerungen „persönlich, ehrlich und offen bei Herrn Beßler zu entschuldigen, um eine zukünftig vertrauensvolle Zusammenarbeit zu ermöglichen“.
Abschließend schrieb Rohlender: „Der Personalrat der Stadt Plettenberg behält sich vor, gegen die Verleumdung durch Sie als Bürgermeister rechtlich vorzugehen.“
Ralf Beßler führte diesen Vorgang als Beispiel dafür an, dass im Plettenberger Rathaus vieles im Argen liege. „Falls ich zum Bürgermeister gewählt werde, verspreche ich: Es dauert eine Woche, dann ist das Rathaus wieder ein Bürger-Rathaus.“ Dafür erhielt er Applaus vom Publikum im Ohler Saal.
Nach dem Auftakt im Ohler Saal will Ralf Beßler weiter Meinungen und Anregungen für die Entwicklung der Stadt sammeln. Dazu sollen auch offene Sprechstunden am 28. Juni und am 20. Juli jeweils von 10 bis 18 Uhr im Büro von R.B. Makler (Freiligrathstr. 26) dienen.
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