„Das ist das erste Mal, dass ich in einer Schule aus einem meiner Bücher lese“, begann Gabriella Santos de Lima ihre Lesung in der Humboldtschule. Ein wenig nervös war die junge Autorin vor allem deswegen, weil sie sonst nur vor jungen Frauen oder Mädchen liest, denn Jungen gehören normalerweise nicht zu ihrem Leserkreis. „Ich kann sogar verstehen, wenn die Jungs hier unter den Zuhörern nichts mit meinem Buch anfangen können. Aber natürlich würde ich mich freuen, wenn ich sie auf dieser Reise auch mitnehmen kann, vor allem, weil die männlichen Protagonisten in meinen Büchern eher die nicht so nette Seite eines Paares darstellen“, sagt die Autorin.
Liebesgeschichten faszinieren die junge Schriftstellerin schon seit vielen Jahren, aber zunehmend habe sie gestört, dass die Romane immer mit einem Happy-End schlössen. „Das ist nicht so wie im wahren Leben“, dachte sie sich und begann, selber Geschichten zu schreiben, deren Handlung realistischer und näher an der Wirklichkeit ist. Sie wollte ihre eigenen Erfahrungen in ihren Büchern verarbeiten und gleichzeitig jungen Leserinnen, die in schwierigen Beziehungssituationen stecken, Mut machen.

„Warum willst du jetzt schon gehen“, heißt ihr erster Jugendroman, den sie am Mittwoch in der Humboldtschule vorstellte. Die Protagonisten Leni und Art sind im gleichen Alter wie die Zielgruppe ihrer Leser, lernen sich in einem Internat kennen und beginnen eine Beziehung, obwohl Leni vor ihrem neuen Freund gewarnt wurde.
Eingeladen hatte die Deutschlehrerin Jennifer Schmolz, die in ihrem Unterricht das Buch schon teilweise mit ihren Schülern besprochen hatte. Schüler der achten, neunten und zehnten Jahrgangsstufe fanden sich in der Aula für die Lesung ein. Für den Großteil von ihnen war es die erste derartige Veranstaltung, an der sie teilnahmen. Mit zunehmender Dauer fiel es den Jugendlichen dann auch schwerer, der Geschichte zu folgen.
Die Autorin legte deshalb immer wieder Pausen ein, in denen die Schüler Gelegenheit hatten, Fragen zum Buch zu stellen. Diese blieben anfangs allerdings aus. Erst zum Schluss der Lesung, bei der das Ende der Geschichte natürlich nicht verraten wurde, fanden die Jugendlichen den Mut, Gabriella Santos de Lima Fragen zu stellen. Dass einige die Veranstaltung offensichtlich nicht interessant fanden, zeigten Fragen wie: „Wer ist der Autor?“
Doch je länger die Fragerunde dauerte, um so mehr trauten sich die Schüler auch, der Autorin ernsthafte Fragen zu stellen. So wollten sie wissen, ob die Protagonisten des Buches fiktive oder echte Figuren sind, wann die Autorin mit dem Schreiben begonnen hat oder was sie dazu gebracht hat, Schriftstellerin zu werden. Alle Fragen, auch die dazu, was eine Schriftstellerin verdient, wurden von Gabriella Santos de Lima ausführlich und ehrlich beantwortet.
Die Frage, ob die Autorin Angst vor KI hat, beantwortete sie ohne Zögern mit einem klaren „Nein“. „Die KI kann viel, hat aber nicht meine Erinnerungen und Erfahrungen“, sagte sie – eine Aussage, die mit viel Applaus belohnt wurde.
Die Autorin
- Gabriella Santos de Lima wurde 1997 in São Paulo geboren
- Durch ihren deutschen Vater kam sie schon als Baby nach Deutschland und wuchs in Hagen auf. Inzwischen lebt sie in Goslar.
- Sie studierte am Hildesheimer Literaturinstitut Kreatives Schreiben und arbeitete anfangs nebenberuflich als Flugbegleiterin.
- Mit ihrem Debütroman „Writers in New York – Jedes Wort ist für dich“ (2019, Piper Digital) gewann sie einen Wettbewerb auf Sweek, ihre Above-the-Clouds-Reihe bei Piper schaffte es prompt auf die SPIEGEL-Bestsellerliste.