Starke Schmerzen, ein „dickes“ Knie. Eine herausgerutschte Kniescheibe (Patella-Luxation) ist eine häufige Knieverletzung.
Als Kniespezialist behandelt Dr. Volker Stoll, Chefarzt für Kniechirurgie und Sporttraumatologie an der Sportklinik Hellersen, bis zu fünf bis sechs Patella-Luxationen pro Woche. Er hat sich auf das sehr komplexe Gelenk des Körpers spezialisiert und kann daher genau sagen, wann eine Operation unumgänglich ist und welche Operations-Methode für den Patienten am besten ist, um möglichst schnell wieder auf den Beinen zu sein.
Die Kniescheibe ist ein flacher, scheibenförmiger Sehnenknochen im Kniegelenk. Daher kommt auch der Name. „Sie bewirkt, dass wir laufen und das Bein strecken können, indem sie die Kraft des großen Oberschenkelmuskels koordiniert auf den Unterschenkel überträgt. Bei einem Riss der Kniescheibensehne würden wir das Bein beim Gehen hinter uns herziehen. Sehnen und Bänder umgeben die Kniescheibe (Patella) und geben ihr sowie dem gesamten Knie Halt. Insbesondere das MPFL-Band (kurz für mediales patellofemorales Halteband) sorgt dafür, dass die Kniescheibe beim Beugen und Strecken zentriert in der Führungsrinne des Oberschenkels gleitet. „Springt die Kniescheibe aus diesem Gleitlager nach außen heraus und reißt die innere Kniegelenkkapsel ein, sprechen wir von einer Kniescheibenverrenkung oder einer Patella-Luxation – also einer herausgerutschten Kniescheibe“, erklärt Dr. Volker Stoll.
Das Herausrutschen kann zwei Ursachen haben: ein traumatisches vorhergegangenes Ereignis oder eine angeborene Fehlform mit muskulärer Dysbalance. So kann aufgrund eines Unfalls zum Beispiel das MPFL-Band reißen. Die Kniescheibe hat dann keinen Halt mehr und rutscht heraus. Etwas anders ist es bei einer angeborenen Fehlform. „Hier haben die Kniescheibe und das Gleitlager eine Fehlform. Und auch die Bänder sind durch die Verformung des Knochens überdehnt, sodass sie dem Knie zusätzlich nicht genügend Halt geben und die Kniescheibe schneller ihre Gleitbahn verlässt – insbesondere bei komplexen Bewegungen“, sagt Dr. Volker Stoll. Etwa 90 Prozent der Luxationen, die der Chefarzt und sein Team in der Sportklinik Hellersen behandeln, sind angeboren. Aber auch eine Kombination aus angeborener Ursache und Trauma ist möglich.
Häufig macht sich die Luxation beim Sport bemerkbar. Trotzdem ist dieser in der Regel nicht der Auslöser. Bei bestimmten, vor allem komplexen, Bewegungen äußert sich die Schwäche dann häufig nur zum ersten Mal. Bei schnellen Richtungsänderungen oder Stopp-and-Go-Bewegungen bei Sportarten wie Fußball, Badminton oder auch Skifahren, werden von jetzt auf gleich andere Muskeln angespannt, weshalb in diesen Momenten muskuläre Ungleichheiten besonders deutlich zum Vorschein kommen. Häufig auch bei Kniebewegungen, bei denen der Fuß festgesetzt ist.
Grundsätzlich kann der Betroffene versuchen, die Kniescheibe selbst wieder zu reponieren, indem er sein Bein streckt. Anschließendes Kühlen wird ebenfalls durch den Fachmann empfohlen. Springt die Kniescheibe nicht von selbst wieder rein, sollte sich der Betroffene jedoch schnell zur Behandlung in fachkundige Hände begeben. Denn dann kann es sein, dass die Kniescheibe festklemmt. Mithilfe eines MRT kann der Facharzt zudem feststellen, ob die Luxation noch weitere Begleitverletzungen hervorgerufen hat. Bei einem Unfall als Ursache kann zum Beispiel ein Knorpelschaden hinzukommen, wenn Knorpel durch das Herausspringen abgesplittert ist. Sind Bänder, Knochen und Knorpel nicht beschädigt, ist eine konservative Behandlung möglich, meist mit speziellen Bandagen.
Ist die Kniescheibe einmal herausgesprungen, ist das Knie danach allerdings generell instabiler. „Bei 15 bis 45 Prozent springt die Kniescheibe nach der ersten Luxation erneut heraus. Dies kann in sehr kurzer Zeit passieren oder aber sich auch über Jahre hinziehen. Insbesondere nach einem Unfall empfiehlt sich daher spätestens nach der zweiten Luxation eine operative Behandlung, um weitere Schäden zu vermeiden“, erklärt Dr. Volker Stoll. Wenn ein Knorpelschaden oder andere Begleitverletzungen auftreten, sogar sofort, um schlimmeres zu vermeiden, ergänzt er. Denn wiederkehrende Verrenkungen begünstigen ein frühzeitiges Entstehen von Arthrose.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Operation. Eine häufig durchgeführte Methode ist die MPFL-Plastik, um das Band und die Bandkapselstruktur zu rekonstruieren. Der Chirurg setzt einen kleinen Schnitt am Schienbeinkopf für einen minimalinvasiven Zugang. „Eine kleine Sehne wird unterhalb des Kniegelenkes entnommen, ein Bohrkanal in die Kniescheibe gesetzt und die Sehne V-förmig durch den Bohrkanal gezogen. Aufgrund dieser Technik wird nur eine kleine resorbierbare Schraube benötigt, um das rekonstruierte Band zu befestigen“, schildert der Chefarzt. Durch den minimalinvasiven Eingriff ist der Patient zudem nach der Operation deutlich schneller wieder fit.
14 Tage nach der Operation kann der Patient meist wieder normal gehen. Nach dem Eingriff ist die Anatomie jedoch etwas verändert, worauf der Patient sich einstellen muss. Schonende Sportarten wie Fahrradfahren sind bereits nach rund acht Wochen wieder möglich. Diese Entscheidung sollte jedoch immer individuell mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. Komplexe Sportarten, die das Knie belasten, sind nach frühstens sechs bis zwölf Monaten empfohlen.
Eine Patella-Luxation lässt sich nicht unbedingt vermeiden. Dennoch trägt das Training von Muskeln zum Ausgleich von muskulären Dysbalancen zur Prävention bei. Gestärkte Muskeln halten das Knie besser und fördern eine gute muskuläre Führung. Besonders gut eignen sich dazu kontrollierte Sportarten wie das Ergometer-Training.
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