Wer eine hitzige Diskussion erwartet hatte, bei dem Vorwürfe und Anschuldigungen zwischen Anwohnern und Motorradfahrern lautstark ausgetragen wurden, wurde bei der Bürgerversammlung am Mittwochabend im Kiersper Rathaus enttäuscht. Rund 70 Anwohner hatten sich eingefunden, um gemeinsam mit Bürgermeister Olaf Stelse, Vertretern der Polizei und Gästen der Motorradfreunde Sauerland nach einer Lösung für den zunehmenden Verkehrslärm zu suchen.
Die K2 und K3 sind auf Grund der schönen Streckenführung seit Jahren für viele Motorradfahrer der ideale Einstieg ins Sauerland. Hier für mehr Ruhe zu sorgen war der Wunsch der Anwohner. Sie trugen ihre Beschwerden über den zunehmenden Verkehrslärm gut vorbereitet vor und betonten auch mehrfach gegenüber den Gästen der „Motorradfreunde Sauerland“, dass sie ihnen ihr Hobby nicht madig machen wollen, sondern sogar verstehen können, warum gerade diese Strecken so beliebt sind. „Wir wollen nicht, dass Sie das Gefühl haben, dass die Kiersper gegen Sie sind“, sagte ein Anwohner, „aber wenn es so weiter geht, werden einige Zweiradfahrer Ihnen Ihr schönes Hobby kaputt machen!“
Das Wissen um diese schwarzen Schafe, die wider besseren Wissens Auspuffanlagen manipulieren oder Landstraßen mit Rennstrecken verwechseln, ist auch Veronika Neumann und Enrico Knecht, die als Vertreter der Motorradfreunde Sauerland zur Diskussion eingeladen waren, ein Dorn im Auge. Sie betonten mehrfach, dass es Ziel ihres Vereins ist, immer wieder an die Eigenverantwortung und die Vernunft der Biker zu appellieren, um das Ansehen der Motorradfahrer in der Öffentlichkeit wieder in ein positiveres Licht zu rücken.
Aber sie sehen auch den Gesetzgeber in der Pflicht und fragen, warum es überhaupt erlaubt ist, Auspuffanlagen auf den Markt zu bringen, die mit einem Griff aus einem gesetzeskonform fahrenden Motorrad ein brüllendes Ungetüm macht oder warum überhaupt Motorräder mit 106 dB offiziell gebaut und gefahren werden dürfen. „Eine Erhöhung der Lautstärke um 3dB bedeutet für den Danebenstehenden eine gefühlte Verdoppelung der Lautstärke! Warum bekommen die Hersteller also nicht einfach die Auflage, leisere Motorräder zu produzieren“, fragt Veronika Neumann in die Runde.
Auch die Möglichkeiten, die die Polizei hat, hier einzugreifen, wurden hinterfragt. Hauptkommissar Nils Haböck, Leiter der Wache in Halver, sagte dazu: „Wenn wir ein Motorrad stoppen und dabei feststellen, dass der dB-Killer (ein auswechselbares Bauteil eines Schalldämpfers, der die Schallemission reduziert) ausgebaut wurde, können wir dies mit einer Geldbuße ahnden. Sollte der Fahrer den dB-Killer dabei haben, kann er ihn wieder einbauen und darf dann weiterfahren. Falls er aber nicht mitgeführt wird, und wir vielleicht sogar weitere Mängel feststellen, können wir das Motorrad sicherstellen und zur Polizei oder dem TüV abschleppen lassen, da in diesem Moment auch die Betriebserlaubnis erloschen ist.“
Da diese Maßnahmen den Anwohnern der betroffenen Straßen aber nicht ausreichend sind, suchen sie nach Lösungen, wie sie, vor allen Dingen an den Wochenenden, wieder ihre Ruhe finden können. Sie klagten aber nicht nur über den zunehmenden Verkehrslärm, der aus ihrer Sicht vorrangig durch Motorräder entsteht, sondern sie hatten auch Ideen parat, die für beide Seiten, Anwohner wie Motorradfahrer, Lösungen anbieten.
So wurde immer wieder eine Tempobeschränkung, gerade im Kreuzungsbereich der K2 und K3, gefordert. „Das macht doch Sinn, wenn man dort schon im Tal nur noch 50 km/h fahren darf. Dann wird es auch vor der Goethestraße deutlich ruhiger werden“, sind sich die Anwohner sicher. Die von einem Anwohner angeregte Reduzierung auf 30 km/h wurde von der Mehrheit der Anwesenden als zu rigide empfunden. „Tempo 50 reicht absolut aus“, waren sie sich sicher. Und wenn diese Beschränkung auf der anderen Seite der K2 von Kierspe bis Elbringhausen komplett durchführen würde, sehen sie sich schon einen großen Schritt weiter.
Die K3, so wünschten sich die Anwohner, sollte von Kierspe bis Mühlen-Schmidthausen ebenfalls auf 50 km/h beschränkt werden. Dies sei ja auch im Sinne des Umweltschutzes, da das Tal ein ausgewiesenes Naturschutzgebiet sei.
Der einzelne Wunsch nach einer Streckensperrung für Motorräder wurde zwar kurz angesprochen, aber die Mehrheit war sich darüber einig, dass auch viele Autos auf diesen Strecken am Verkehrslärm beteiligt sind und diese Maßnahme überzogen wäre. „Es gibt ja auch Motorradkolonnen, denen sieht man sogar gerne zu – wenn sie vernünftig fahren“, war eine Meinung, die von vielen abgenickt wurde.
Bürgermeister Olaf Stelse musste die Anwohner, die erwartet hatten, dass die Stadt Kierspe hier eine schnelle Regelung finden könne, allerdings enttäuschen. „Das liegt nicht im Einflussbereich der Stadt, sondern es gehört zum Aufgabenbereich des Märkischen Kreises“, erklärte er und versprach, kurzfristig eine Anfrage an die zuständige Behörde zu machen, um die verschiedenen Anregungen auf ihre Machbarkeit prüfen zu lassen. Neben den Tempobeschränkungen gehörte dazu die Anfrage, die Vorfahrtsregelung an der Schnittstelle K2/K3 zu ändern, ein Hinweisschild auf den Wanderparkplatz bei Elbringhausen anzubringen und das Thema Verkehrslärm mit in den Lärmentwicklungsplan aufzunehmen. Außerdem prüft die Stadt Kierspe gerade den Beitritt im Verein Motorradfreunde Sauerland um, wie auch schon der Märkische Kreis, gemeinsam mit den Bikern gemeinsam gegen Motorradlärm vorzugehen.