Die Luft ist frisch. Es nieselt leicht. Sarah Neßhöver, die deutsche Weihnachtsbaumkönigin, tritt mit einer Bügelsäge in der Hand an den Stamm der Nordmanntanne. „Bereit?“, fragt Eberhard Hennecke, der Vorsitzende der Fachgruppe Weihnachtsbaumerzeuger. Die 23-Jährige nickt und setzt die Säge an. Hennecke hält die Zweige hoch. Die ersten Züge sind vorsichtig, ein wenig unsicher, doch dann wird der Schnitt schneller und entschlossener. „Gleich haben wir ihn“, sagt Hennecke. Im Halbkreis stehen Journalisten von regionalen und überregionalen TV-Sendern und Verlagshäusern. Denn: Es ist der erste Baum der Saison, der offiziell geschlagen wird. Die Weihnachtszeit ist damit offiziell eingeläutet. „Kaufen Sie jetzt, damit Sie lange etwas vom Baum haben“, sagt Hennecke.
Mit einem kräftigen Schwung der Bügelsäge wird die prachtvolle Nordmanntanne zu Fall gebracht. Anschließend zeigte der Weihnachtsbaumhof Tacke, wie man auch einen riesigen Baum für den Halveraner Weihnachtsmarkt fällen kann – dort aber maschinell mit Teleskoplader und Motorsäge. Vor den Augen der Gäste demonstrierten die Mitarbeiter, wie ein 9-Meter-Baum sorgfältig gefällt und professionell für den Transport eingepackt wird. Es ist der Ertrag, auf den der Hof Tacke das ganze Jahr hinarbeitet. „Für uns ist das ganze Jahr Weihnachten“, erklärt Eberhard Hennecke.
„Wir arbeiten das ganze Jahr darauf hin, dass die Bäume rechtzeitig zur Adventszeit in den Wohnzimmern stehen.“ Das ganze Jahr über kümmern sich rund 600 Betriebe in Nordrhein-Westfalen um den Anbau und die Pflege von Weihnachtsbäumen, unterstützt von etwa 1000 festen Mitarbeitern sowie zahlreichen Saisonkräften, die vor allem in der Erntezeit eingesetzt werden.
„Ein Symbol für Familie, für Heimkommen“
„NRW ist das Herz des Weihnachtsbaumanbaus“, so Hennecke weiter. „Wie Bayern den Hopfen und die Mosel den Wein hat, so prägt der Weihnachtsbaum unsere Region.“ Mit rund 18.000 Hektar Anbaufläche und einer Produktion von Millionen von Bäumen jedes Jahr sei NRW nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein kultureller Mittelpunkt der deutschen Weihnachtsbaumindustrie. „Wir sind sehr stolz auf diese Tradition“, betont Hennecke. „Und das nicht nur als Wirtschaftsprodukt, sondern als emotionales Produkt. Jeder verbindet mit dem Weihnachtsbaum Erinnerungen und Emotionen – ein Symbol für Familie, für Heimkommen, für Frieden und strahlende Kinderaugen.“
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Auch Bürgermeister Michael Brosch nutzte die Gelegenheit, den Anlass gebührend zu würdigen. „Wir hatten noch nie eine echte Königin hier in Halver“, sagte er mit einem Augenzwinkern und bat Sarah Neßhöver sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen.
„Es ist mir eine Freude, diese Saisoneröffnung zu begleiten. Der Weihnachtsbaum ist ein echtes Stück Heimat, das uns mit der Region und den Traditionen verbindet“, sagt Neßhöver.
In seiner Ansprache betont der Bürgermeister, wie wichtig es sei, das Kauferlebnis vor Ort zu fördern: „Gehen Sie auf die Höfe, gehen Sie in die Innenstädte und unterstützen Sie die lokalen Erzeuger. Nur so erhalten wir die Attraktivität unserer Region und die Vielfalt unserer Angebote.“ Der Kauf eines Weihnachtsbaums direkt beim Erzeuger ist in Zeiten von Online-Shopping und Massenware ein besonderes Erlebnis – der direkte Kontakt, die Auswahl des perfekten Baums und das Eintauchen in die Tradition machen den Kauf zu einem unvergesslichen Moment für viele Familien – dieses Erlebnis sei auch auf andere Produkte übertragbar.
Heiko Tacke, der den Weihnachtsbaumhof mit seiner Familie führt, berichtet von einer „perfekten Weihnachtsbaumsaison“. „Der Regen in diesem Jahr war genau richtig – er hat den Bäumen gut getan und für ein gleichmäßiges Wachstum gesorgt“, erklärt Tacke. Der Hof ist nicht nur ein wichtiger Lieferant für die Region, sondern beliefert auch viele Wiederverkäufer in ganz Nordrhein-Westfalen. Mit einer Gesamtfläche von 70 Hektar gehört Tackes Betrieb nach eigenen Angaben zu den „eher kleineren Betrieben“. Dennoch wird eine breite Auswahl von Sorten und Größen an Weihnachtsbäumen geboten.
Sauerland eines der größten Gebiete für Weihnachtsbaumanbau
NRW ist ein zentraler Akteur in der deutschen Weihnachtsbaumproduktion. Im Sauerland, einem der größten Anbaugebiete Europas, werden jährlich Millionen von Tannen und Fichten kultiviert. Die Bäume werden nicht nur regional verkauft, sondern auch an den Handel geliefert und sind im gesamten Bundesgebiet gefragt. Ein Viertel der Weihnachtsbäume in Deutschland wird direkt von den Erzeugern auf den Höfen verkauft, was den Direktverkauf zu einem wichtigen Bestandteil der Wirtschaftsstruktur macht.