So viel Leben in der Kirche. Da kämpfte nicht nur Pfarrbeauftragte Sandra Schnell mit ihren Emotionen. Es war voll, bunt, laut und fröhlich, aber auch leise, andächtig und gefühlvoll. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Wir waren uns sicher, dass es gut werden würden, aber so? Damit haben wir wirklich nicht gerechnet“, freute sich Sandra Schnell beim Blick in die Runde. Geplant hatten sie die Veranstaltung für 150 Gäste. „Wir haben schon für 200 eingekauft. Dass es am Ende mehr als doppelt so viele sind, ist toll“, sagte die Pfarrbeauftragte und lief noch während des Konzerts los, um alle restlichen Brötchen, Schnitzel und Mettwurstbestände des Edekas aufzukaufen. Denn es waren mehr als 300 Besucher in die Kirche gekommen.
Und auch für die Band war es ein ganz besonderes Konzert. „Wir spielen heute unplugged. Die letzte Probe ist ziemlich in die Buxe gegangen und ich habe bestimmt drei Tage nicht geschlafen“, erzählte Frontfrau Yvonne Waschke, die übrigens selbst Nachrodterin ist. Sie entschuldigte sich direkt auch für die Lautstärke. Denn obwohl es unplugged war, war der Sound in der Kirche besonders.
Die Band ist in der Region nicht unbekannt. Sie sind Garanten für gute Stimmung auf Festen. Wie das in eine Kirche passen soll, war vielen Besuchern vor Beginn des Konzerts noch ein Rätsel. Denn auch die Kirchenbänke standen noch. Wie sollte da Konzertstimmung aufkommen? Doch die Sorgen waren bereits nach den ersten Takten verflogen und der eine oder andere Besucher ärgerte sich ein wenig, dass er sich für einen Sitzplatz entschieden hatte. Denn die Musik machte Lust auf Bewegung. Ob tanzend, kuschelnd oder träumend: Die Band schaffte einen Spagat zwischen guter Laune, emotionalem Abschied von St. Josef und viel Raum für persönliche Gefühle.
Ein absoluter Höhepunkt war das Duett „Shallow“. Im Original von Lady Gaga und Bradley Cooper aus dem Film „A Star is born“. Nico Koslowski und Yvonne Waschke zeigten, dass sie weit mehr als die Partyband aus dem Lennetal sind, sondern musikalisch auch ganz oben mitspielen können. Für ihr Duett wurden sie mit minutenlangen Applaus belohnt. Ein ganz besonderer Konzertmoment – auch für die beiden Musiker, die sichtlich mit ihren Emotionen kämpften.
Auch in der zweiten Hälfte ging es anspruchsvoll weiter. Nico Koslowski brillierte beispielsweise mit seiner Interpretation von Robbie Williams. Klar, dass das Publikum die Band nicht ohne Zugabe von der Bühne ließ. Und so wurde das Konzert gut eine Stunde länger als ursprünglich geplant. Ein voller Erfolg.
Sandra Schnell war glücklich: „Wir wollten etwas Besonderes zum Abschied von St. Josef. Und so haben wir die Band angefragt und die haben zugesagt.“ Besonders war es definitiv und für viele gewiss auch der vorerst letzte Besuch in St. Josef. Denn am kommenden Sonntag steht bereits die Profanierung, also die Entweihung der Kirche, an. Dann kommt auch Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck nach Nachrodt.
Zum letzten Gottesdienst wird die Kirche mit 99 Kerzen erleuchtet. Eine für jedes Jahr. „Nächstes Jahr wären wir hier 100 Jahre“, sagte Sandra Schnell. Zum stimmungsvollen Einstieg gibt es bereits ab 15.30 Uhr Orgelmusik. Der Gottesdienst beginnt um 16 Uhr. Neben dem Bischof werden auch die Kinder des katholischen Kindergartens St. Elisabeth dabei sein. Sie werden feierlich die großen Figuren von Josef und Maria hinaustragen. Denn die finden im Kindergarten einen neuen Platz.
Fotogalerie zum Konzert:
Wie bereits mehrfach berichtet, wird die Kirche nach der Profanierung in den Besitz der evangelischen Lennekirche wechseln. Die Gemeinde plant den Umbau zur Spiel- und Sportkirche. Auch das Vereins- und Pfarrhaus wechseln in den Besitz der freien Gemeinde. Das Vereinshaus wird bereits jetzt genutz. Dort feiern die Mitglieder der Lennekirche unter anderem ihre Gottedienste.