„Denn was wir erleben, ist, dass wir spüren, dass etwas ins Rutschen gerät oder wahrscheinlich bereits geraten ist. Dass der politische Diskurs sich insgesamt verändert. Dass nicht nur Sprache, sondern auch das Handeln rauer und roher werden und dass Grundpfeiler unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung noch ein Stückchen weiter freigelegt und die Spitzhacke an diese angesetzt wird“, sagte der Bürgermeister in seiner emotionsgeladenen Ansprache, die mehrfach von starkem Beifall unterbrochen wurde.
Sebastian Wagemeyer erinnerte daran, dass Deutschland eine Partei erlebe, die demokratisch gewählt in die Parlamente dringe und aus ihrer Verachtung für das demokratische System keinen Hehl mache. „Wie lange nehmen wir es einfach hin, dass die Björn Höckes dieser Welt sich in der Art äußern, wie sie sich äußern – und das mittlerweile unverblümt und ohne jede Scheu und Vorsicht. Wie lange wollen wir uns das als Gesellschaft ansehen?“ Unter anderem sei Björn Höcke (Vorsitzender der AFD-Fraktion im thüringischen Landtag und Mitbegründer der rechtsextremistischen innerparteilichen Gruppe „Der Flügel“) eine akute Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung. Spätestens nach dem Treffen in Potsdam, bei dem über massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland debattiert worden sei, müssten „alle Alarmglocken schrillen“, forderte Sebastian Wagemeyer.
Zuvor hatte er in seinem Rückblick auf das Jahr 2023 zahlreiche Vorhaben erwähnt, die trotz schwieriger Umstände gelungen seien.
So sei die Brückensprengung im Mai ein wichtiges Signal für den Neubau der Talbrücke Rahmede gewesen. „Nur knapp fünf Monate nach der Sprengung hat Bundeverkehrsminister Wissing den Startschuss für den Neubau der Brücke gegeben. Die beauftragten Firmen wollen in den nächsten Wochen mit der Gründung der neuen Brückenpfeiler beginnen. Vor uns liegen noch gut zweieinhalb schwierige Jahre – bis die erste Hälfte der Brücke in Betrieb gehen kann –, doch der Neubau ist für uns ein Zeichen der Hoffnung, dass es für Lüdenscheid und alle Menschen in Südwestfalen jetzt endlich vorwärts geht“, fasste Sebastian Wagemeyer zusammen.
Auch im Bereich Bildung und Kultur sei die Stadt ein gutes Stück vorangekommen. Der Bürgermeister erwähnte die Förderbescheide für das Bildungsprojekt TUMO +lernfab. sowie für die neue Museums-Dauerausstellung „Innovatia“. Wie bunt die Stadt sei, habe der Besuch inklusiver Sportlerinnen und Sportler aus Mexiko, die sich in Lüdenscheid auf die Special Olympics World Games in Berlin vorbereitet hätten, gezeigt. Bei der Umgestaltung der Alt- und Innenstadt sei man ein gutes Stück vorangekommen. Der Abschluss der Arbeiten in der unteren Wilhelmstraße im Sommer solle mit einem Fest in der Innenstadt gefeiert werden, kündigte Sebastian Wagemeyer an.
Zum Thema Zukunftsvisionen sagte er: „Wir sind weiter mit dem Eigentümer des P&C-Gebäudes, der James Cloppenburg Real Estate Holding KG, im Gespräch über die zukünftige Entwicklung dieses prominenten Leerstandes. Und noch wichtiger: Im Dezember haben wir den Kaufvertrag für das „Forum am Sternplatz“ unterschrieben.“
Der jahrelange Leerstand des Forums und der P&C-Immobilie mitten in der Innenstadt sei für alle Beteiligten nicht nur ein großes Ärgernis, sondern zugleich eine extrem komplexe Herausforderung.
„Auch wenn heute noch nicht genau feststeht, wie und mit welchen Mitteln wir die Flächen entwickeln können, so steht doch fest, dass wir hier die Möglichkeit haben, wichtige Impulse für die Entwicklung unserer Innenstadt zu setzen“, betonte Sebastian Wagemeyer.
Im Beisein zahlreicher Ehrengäste zeichnete der Bürgermeister Bürgerinnen und Bürger für ihr herausragendes ehrenamtliches Engagement aus. In diesem Jahr wurde der Einsatz aller „Sprenghelfer“ , die sich am 7. Mai bei der Sprengung der Rahmedetalbrücke durch Hilfsbereitschaft und Engagement ausgezeichnet hatten, gewürdigt. Stellvertretend für das Technische Hilfswerk, das am Sprengtag ein Netz von Streckenposten aufgebaut hatte, zeichnete der Bürgermeister den Lüdenscheider Ortsbeauftragten Dennis Naudit und Zugführer Lorenz Köcke aus. Für den Löschzug Oberrahmede – damals zuständig für die Sicherung im Nahbereich – nahmen Löschzugführer Lars Kurowski und Vertrauensperson Jessica Reimann die Ehrung entgegen. Stellvertretend für viele andere wurden Küsterin Lilo John von der Kirchengemeinde Oberrahmede und Thomas Schielke, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins, geehrt. Sie hatten sich um die Betreuung der Menschen gekümmert, die am Sprengtag 7. Mai ihre Häuser aus Sicherheitsgründen verlassen mussten. Die Caritas-Werkstätten wurden für die Produktion der Brücken-Souvenirs ausgezeichnet. Sie wurden beim Empfang durch Caritas-Leiter Stefan Hesse, Thorsten Paul aus der Besuchertagesstätte und Bufdi Michael Sattler vertreten.
Ausgezeichnet wurde auch die Bürgerinitiative A45 Lüdenscheid. Der Bürgermeister bezeichnete sie als „ein Sammelbecken und Sprachrohr für viele Lüdenscheiderinnen und Lüdenscheider, die besonders betroffen sind von den negativen Folgen der A45-Vollsperrung“. Diese Gruppe protestiere nicht nur lautstark, sondern bringe sich mit Vorschlägen und Forderungen ein, führe eigene Verkehrszählungen durch und mache sich stark für die Erhebung von Umweltbegleitstudien. Er bedankte sich stellvertretend bei Heiko Schürfeld, dem Sprecher der Initiative, und seinem Mitstreiter Martin Krings. Als Zeichen der Anerkennung erhielten die fünf Gruppierungen einen Scheck über 500 Euro, gestiftet von den Stadtwerken Lüdenscheid.
Ein Dank ging auch an das Team-Brückenbauer, das angedockt an das Bürgerbüro an der Lennestraße ehrenamtlich unterwegs ist. Stellvertretend für das Team Brückenbauer holte Sebastian Wagemeyer Olaf Schüttler und Stephanie Tilsch auf die Bühne. Er dankte außerdem dem Team der Lüdenscheider Stadtmarketing GmbH für das „außerordentliche Engagement“.
Musikalisch gestaltet wurde Empfang von Andrea Ertz (Klavier) und Theda Gerdes (Trompete) sowie den ChrisDana Twins – Christina und Dionisia Gravou. Sie spielten zum Abschluss des offiziellen Teils den Sportfreunde-Stiller-Hit „Applaus, Applaus“ und leiteten so über zum gemütlichen Beisammensein im Foyer des Kulturhauses.