Der typische Jäger ist alt, bärtig und trägt traditionelle Jagdkleidung. Das ist zumindest das Klischee, das in vielen Köpfen noch verankert ist. Doch die Zeiten ändern sich: Lydia Lipke ist 21 Jahre alt und Jägerin. Sie freut sich über die positive Entwicklung, die dazu beigetragen hat, dass immer mehr Frauen sich für die Jagd begeistern.
Bereits früh lernte sie die Werte der Jagd kennen, da ihr Vater selbst Jäger ist. Somit wurde es zum „Familiending“. Für Lipke geht es bei der Jagd nicht nur um das Schießen, sondern auch um den gemeinsamen Austausch und die Freundschaften, die dadurch entstehen können.

Mit 15 Jahren nahm sie dann zum ersten Mal bei einer Gemeinschaftsjagd teil. Die Natur, der Wald und die Tiere begeisterten die Jägerin seitdem sehr. Im Dezember 2021 schloss sie die Jagdprüfung, auch bekannt als das „grüne Abitur“ ab. Für den Jagdschein absolvierte sie eine schriftliche, praktische und mündliche Prüfung. Dass sich immer mehr Frauen ans Jagen wagen, befürwortet sie.
Dennoch stößt ihr Hobby manchmal auf Verwunderung auf, wie die Schalksmühlerin im Gespräch mit LokalDirekt erklärt: „Wenn ich erzähle, dass ich Jägerin bin, dann werde ich auch mal schräg angeguckt. Es ist für manche nicht das typisch weibliche Ideal“. Schuld sei das veraltete Bild des Jägers „mit Bart und Hund an der Seite“.
Hegering begrüßt jungen Nachwuchs
Dass die Entwicklung auch im Hegering Schalksmühle-Hülscheid angekommen ist, bestätigt Presseobmann des Vereins Thimo Lückmann auf Anfrage von LokalDirekt: „Die Jägerschaft wird immer jünger. Diese Veränderung können wir seit einigen Jahren aktiv spüren“. Das jüngste Mitglied sei zwischen 18 und 19 Jahre alt. Dies sei der Mentalität zu verdanken, dass jüngere Menschen immer naturbewusster leben würden. Massentierhaltung ist out – stattdessen wollten sie wissen, wie ihr Fleisch produziert wird.
Dem Hegering beitreten kann man theoretisch schon im Kindesalter, wie Lückmann erklärt. Im Alter von 15 Jahren besteht dann die Möglichkeit, die Jagdscheinprüfung abzulegen und somit die Erlaubnis zum Jagdausüben zu erwerben. „Das sind die Jungjäger“, sagt Lückmann. Auch der Frauenanteil im Verein wächst von Jahr zu Jahr weiter, dass sei natürlich zu begrüßen.

Naturliebe, Naturschutz und natürliches Fleisch als Bewegungsgründe
Laut dem Schalksmühler Jäger Timm Lösenbeck, Inhaber der Jagdschule Volmetal und Mitglied des Hegerings Schalksmühle-Hülscheid, muss man die Entwicklung aus zwei Lagern beobachten. „Es gibt die einen, die bereits im Kindesalter mit der Jagd aufgewachsen sind und eine Familientradition weiterführen.
Dann gibt es aber auch diejenigen, die noch keine Berührungspunkte mit dem Jagen hatten und einfach aus Interesse den Jagdschein machen wollen“, erklärt Lösenbeck im Gespräch mit LokalDirekt. Meistens würden sie von Bekannten oder Freunden mit auf Jagd genommen und fänden Gefallen daran.

Er betrachtet die Beweggründe für einen Jagdschein als facettenreich. Dabei sei die Verbundenheit und Liebe zur Natur zweifellos ein bedeutender Faktor. Der Jäger müsse sich nämlich viel Wissen aneignen und benötige umfangreiche Kenntnisse über Wildtiere und deren Lebensräume. Er vermutet, dass die Nachfrage auch durch die Corona-Pandemie angetrieben wurde: „Bei den vielen Spaziergängen durch den Wald fragt sich vielleicht der ein oder andere, was er da sieht und möchte sich schlau machen“.
Ein ebenso populäres Motiv sei, wie Thimo Lückmann bereits erwähnte, der Aspekt der Bio-Ernährung. „Für zahlreiche Menschen ist es wichtig, die Herkunft des Fleisches zu kennen, das am Ende auf ihrem Teller landet. Wildbret ist zu hundert Prozent biologisch, da das Tier bis zum Moment der Erlegung durch den Jäger ein natürliches Leben führte“, betont Lösenbeck.
Zudem nehme für Jagdschüler auch der Naturschutz immer mehr an Bedeutung zu. Die Nachwuchsgeneration möchte zu hohe Wilddichten und Wildschäden in Wald und Feld minimieren sowie bei der Prävention von Wildkrankheiten mithelfen. „Der Jäger ist halt auch Naturschützer“, macht Lösenbeck deutlich.
Jagd ist mehr als nur „schießen“
„Jäger leisten auch Öffentlichkeitsarbeit“, erläutert Lösenbeck und hierzu zählen nicht zuletzt die sogenannten „Jagd-Influencer“, die insbesondere auf Instagram über Missverständnisse und Vorurteile bezüglich ihres Hobbys aufklären. Durch ihre große Reichweite sprechen sie dabei insbesondere junge Follower an, die auf diesen Plattformen aktiv sind.
Trotzdem bedauert Lösenbeck, dass Jäger immer noch mit negativen Bezeichnungen wie „Tierquäler“ oder „Mörder“ konfrontiert werden. „Leider ist das ein unvermeidbarer Aspekt des Jagens“, sagt er. Umso erfreulicher sei es jedoch, dass junge Menschen, die an der Jagd interessiert sind, mit weniger Vorurteilen konfrontiert sind und somit offener für dieses Hobby sind.
Faktencheck: Jagen lange keine Männerdomäne mehr
Die Jagd wird immer weiblicher und jünger – das geht aus einer Befragung des Deutschen Jagdverbandes (DJV) aus den Jahren 2011, 2017 und 2021 heraus: Innerhalb eines Jahrzehnts ist der Anteil der Frauen in Jagdschulen von 20 auf 28 Prozent gestiegen. Auch das Durchschnittsalter ist im selben Zeitraum von 36 auf 33 Jahre gesunken, während das der Männer konstant bei 35 Jahren bleibt.
