Hinter den Kulissen der Lüdenscheider Feuerwehr rumort es: Die Rahmedetalbrücke macht einen neuen Standort notwendig und das zu einem Zeitpunkt, wo bereits zahlreiche Neubau-Projekte für neue Gerätehäuser und die neue hauptamtliche Wache viel Zeit und Kraft in Anspruch nehmen.
Erfreulicherweise war es im vergangenen Jahr hinsichtlich anstrengender Großlagen eher ruhig, erklärte Wehrleiter Christopher Rehnert, bei seiner Ansprache zur Jahresdienstversammlung im Kulturhaus. Hier ließ sich die versammelte Lüdenscheider Feuerwehr ihre ausgelassene Stimmung nicht nehmen, zumal nicht nur zahlreiche Vertreter anderer Hilfsorganisationen die Einladung am Samstag, annahmen, sondern auch hochrangige Verteter aus der Politik.
Während die Landtagsabgeordneten Gordan Dudas (SPD), Angela Freimuth (FDP) und Ralf Schwarzkopf (CDU) sowie Landrat Marco Voge regelmäßig und gerne zu derartigen Veranstaltungen kommen, war die Zusage vom NRW-Innenminister Herbert Reul doch ungewöhnlich. Reul wurde gewissermaßen als „Stargast“ im Theatersaal des Kulturhauses empfangen.
Jährliche Versammlungen von Feuerwehren sind oft von Einsatzstatistiken geprägt, mit denen die Wehrleute die Arbeit der vergangenen zwölf Monate Revue passieren lassen. Dieses Thema blieb in Lüdenscheid im Hintergrund. Vielmehr zeigte sich Wehrleiter Rehnert erleichtert, dass 2022 größere Katastrophen ausgeblieben waren. Trotz erhöhter Risiken wie der deutlich gestiegenen Zahl von Gefahrguttransporten, die statt über die Autobahn durch das Stadtgebiet rollen. Thematisiert wurde zumindest am Rande auch die beispiellose Zahl von Container-Bränden der vergangenen Wochen, die eine erhebliche Belastung für die Feuerwehr darstellt.
Bürgermeister Sebastian Wagemeyer stellte zwei wesentliche Themen in den Mittelpunkt seiner Ansprache. Zum einen den großen Dank an die überwiegend ehrenamtlichen Einsatzkräfte, die mit großem Engagement und zeitlichem Aufwand dafür sorgten, „unsere Stadt zu einem behüteten Zuhause zu machen“. Zum anderen richtete er einen ausdrücklichen Appell an Innenminister Reul und bat auch vom Rednerpult aus um jede mögliche monetäre Unterstützung, um die Herausforderungen durch die Brückensperrung bewältigen zu können. Wagemeyer wies darauf hin, dass insbesondere bei der Aufstellung von Feuerwehr und Rettungswesen erhebliche Investitionen anstehen würden. „Wir sind finanziell nicht auf Rosen gebettet“, so der Bürgermeister.
Während sich die Rahmedetalbrücke im Landtag offensichtlich auch als Zankapfel eignet, waren am Samstag keinerlei parteipolitischen Vorbehalte zu spüren. Im Gegenteil: Reul erntete von allen Seiten Applaus und präsentierte sich ausgesprochen gut gelaunt und durchaus locker. Der Landesinnenminister hat sich nach eigenem Bekunden sehr über die Einladung gefreut, musste allerdings auch einschränken: „Das ist eine absolute Ausnahme. Jede derartige Einladung anzunehmen, wäre zeitlich überhaupt nicht zu stemmen.“
Dass er diese angenommen hat, habe zwei wesentliche Gründe, so Reul. Einer liege in seiner Wertschätzung für Rettungskräfte und das Ehrenamt. „Lüdenscheid“ sei der zweite Grund. Schließlich sei ihm bewusst, welches Durchhaltevermögen hier unter Beweis gestellt würde. Wagemeyers Bitte um Unterstützung beantwortete Reul genauso direkt: „Irgendwie müssen wir das hinkriegen als Land. Auch wenn es hier um eine Bundesautobahn geht.“ Die versammelte Lüdenscheider Feuerwehr freute sich über Reuls Lob für Rettungskräfte: „Sie sind die wahren Helden der Gesellschaft.“
Worte, über die sich auch Wehrleiter Rehnert freute: „Wir haben jede Sekunde Ihrer Rede genossen“. Von Michael Kling war Ähnliches zu hören. Der Kreisbrandmeister bekräftige ebenfalls, wie sehr es in den Strukturen der Rettungsdienste auf den Mensch ankäme. Denn diesen könne man nicht so einfach auf Amazon bestellen, erklärte Kling und hielt dabei ein kleines, aber lebensrettendes Utensil in den Händen, das sich wiederum schon recht einfach und preisgünstig beschaffen ließe: Eine Trillerpfeife. Dieser Ausrüstungsgegenstand im Wert von 6 Euro könne „zwischen einem erfolgreichen Einatz und einer Katastrophe entscheiden“, so der oberste Feuerwehr-Chef des Märkischen Kreises. Mit dieser Signalpfeife können sich in Gefahrensituationen Kameradinnen und Kameraden warnen, ohne auf Hightech-Funksysteme oder ähnliches angewiesen zu sein.
Mit Beschaffungen weitaus größerer Dimensionen ist der Erste Beigeordnete Fabian Kessler betraut. In seinem Grußwort erklärte der Feuerwehrdezernent, er habe den „schönsten Fachbereich, den man leiten kann.“ Angesichts der derzeit zahlreichen Neubauprojekten verschiedener Lüdenscheider Gerätehäuser allerdings auch einen sehr arbeitsreichen. In dem gelte es, „Kinderkrankheiten zu vermeiden.“
Nach rund zwei Stunden ging die erste Jahresdienstbesprechung in Präsenz nach der Pandemie zu Ende. Zumindest der offizielle Teil, in dem auch zahlreiche Ehrungen und Beförderungen ausgesprochen wurden.
Eine Ehrung wurde vorgezogen, damit Herbert Reul persönlich Thomas Kretschmer das „DFV-Ehrenzeichen Bronze“ und die dazugehörige Urkunde übergeben konnte. Der Innenminister fand obendrein in den musikalischen Darbietungen von Chrisina und Dionisia Gravou einen dritten Grund für seine Teilnahme und wurde mit einem Geschenk überrascht: In der Lüdenscheider Feuerwehr hatte man nicht vergessen, dass Reul eine Jubiläumsurkunde initiert hat, die erstmalig für das 50-jährige Jubiläum der hiesigen Jugendfeuerwehr vergeben wurde. Als Dankeschön erhielt der Innenminister ein Präsent aus dem Hause Siku: ein Gelenkbus in Feuerwehrausführung als Miniatur-Variante.
Selbstverständlich auch, dass eine solche Veranstaltung nicht ohne leibliches Wohl zu Ende geht. Beim Imbiss kam die reaktivierte „Gulaschkanone“ der Lüdenscheider Feuerwehr zum Einsatz. Die Feldküche wurde im Hinblick auf zukünftige Großeinsätze wie etwa Waldbrände wieder in den Dienst gestellt. Hier soll sie bei der Versorgung der Einsatzkräfte helfen. Bei der Veranstaltung am Samstag gab es allerdings kein Gulasch, sondern Chilli con carne.
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