Die Abkürzung V.i.S.d.P. ist allen Medienschaffenden bestens bekannt. Sie bedeutet: „Verantwortlich im Sinne des Presserechts“ und ist in der Regel im Impressum von Tages-, Wochen- oder Fachzeitschriften sowie bei Internet-Auftritten neben den Auflagen des Telemediengesetzes zu finden.

Dass aber auch Wahlplakate, Parteibroschüren und Kandidaten-Flyer der Impressumspflicht unterlegen, ist aber offenbar nicht allen Parteien, Kandidatinnen und Kandidaten bewusst, die sich um ein Rats- oder Kreistagsmandat bewerben.

„Rechtsprechung bislang dünn“

Eine entsprechende Anfrage bei der Stadt Iserlohn beantwortet deren Pressesprecher Christian Hoeper so: „Das Thema Impressumspflicht bei Wahlplakaten war bisher keines in der NRW-Rechtsprechung. Bei der genannten rechtlichen Grundlage handelt es sich um eine Bekanntmachung aus dem Land Niedersachsen. Inwiefern diese Auslegung, dass Wahlwerbung Druckerzeugnisse im Sinne des hiesigen Landespressegesetzes sind und auch vor NRW-Gerichten Bestand hat, müsste sich erst noch zeigen. Die Rechtsprechung ist hier bislang dünn, auch wenn die behördliche Einordnung von Wahlplakaten als presserechtliche Druckerzeugnisse verschiedentlich in einzelnen Bundesländern so vertreten wird.“

Wahlplakate sind Druckerzeugnisse

Gemäß § 3 des Landespressegesetzes NRW muss auf Druckwerken wie Wahlplakaten der Name oder die Firma und die Anschrift des Verfassers oder Herausgebers angegeben werden, um die Verantwortlichkeit transparent zu machen. Als Druckerzeugnisse, Druckmedien oder Printmedien werden klassische gedruckte Informationsquellen wie Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Kataloge, Broschüren, geografische Karten und Pläne, aber auch Briefmarken und Geldscheine, Postkarten, Kalender, Poster, Plakate, Flugblätter, Flugschriften usw. bezeichnet. Eine Impressumspflicht besteht demnach auch für Wahlplakate in NRW.

Und wie ist es in Iserlohn? Eine Abfrage bei den Parteien:

Sylvia Olbrich, Sprecherin des Ortsverbandes Bündnis 90/Die Grünen:

„Wir haben einen entsprechenden Hinweis von der Landespartei bekommen und halten uns natürlich an die Impressumspflicht. Wir achten immer darauf. Aber auch wir, die wir ehrenamtlich arbeiten, können mal Fehler machen. Wenn aber Agenturen beauftragt sind, dann sollten die das wissen.“

Karsten Meininghaus, CDU-Stadtverbandsvorsitzender:

„Auf unseren Plakaten sind die Verantwortlichen genannt. Das hat auch unsere Kommunalpolitische Vereinigung so gesehen und auf nochmalige Nachfrage bestätigt. Der rechtlichen Vorgabe sei genüge getan. Auf allen unseren Publikationen und Plakaten ist jeweils ein Impressum - klein manchmal, zugegeben, aber es ist da. Falls es wirklich mal irgendwo fehlt, kann das nur mit dem Zuschnitt zu tun haben.“

Manuel Huff, Fraktionsgeschäftsführer, Bürgermeisterkandidat „Die LINKE“:

„Normal sollte ein Impressum auf unseren Plakaten drauf sein. Es ist nicht auszuschließen, dass es mal vergessen wurde. Es kann auch sein, dass es in der Druckvorlage vorhanden war, aber dem Zuschnitt zum Opfer gefallen ist. Ob es auf den Plakaten ist oder nicht, das ist auch nicht wahlentscheidend. Wir kontrollieren unsere Veröffentlichungen daraufhin nochmal und da, wo erforderlich, wird es nachgeholt.“

Iserlohns Bürgermeister Michael Joithe hat das Impressum auf seinem Plakat klein unten links senkrecht aufdrucken lassen. Klein ist das Impressum auf dem riesigen Wahlplakat der CDU unten rechts aufgedruckt.
Foto: Hendrik Klein / LokalDirekt

Marcel Jimenez Albarán, Vorsitzender „DieISERLOHNER“

„Auf allen unserer Druckvorlagen ist ein Impressum drauf, und auf den Plakaten, die mir bekannt sind, auch. Mag sein, dass es hier und da auf den Großflächen beim Zuschnitt mal verloren gegangen ist.“

Michael Scheffler, Vorsitzender SPD-Stadtverband

„Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, auf einem Plakat, auf dem der Name steht, dass da noch ein Impressum drauf muss. Die Personen sind erkennbar und genannt. Ich bin aber natürlich kein Jurist. Wir sollten daraus auch keine geheime Staatsaktion machen, wer das auf den Weg gebracht hat. Es gibt Schlimmeres im Leben als ein fehlendes Impressum. Wenn man einen Dienstleister beauftragt, gehe ich davon aus, dass der es weiß. Das war nie ein zentrales Thema bei uns.“

Klaus Laatsch, Sprecher AfD Märkischer Kreis und BM-Kandidat:

„Das Ganze ist sogar abmahnfähig. Ich bin ein Paragraphenreiter. Ich verlange korrektes Vorgehen auch von unseren Leuten. Wir haben nicht ordnungsgemäße Plakate von eigenen Kandidaten zurückgehen lassen. Jeder Bürger hat ein Klagerecht, falls das Impressum fehlt oder nicht korrekt ist. Ich nehme es bei den anderen Parteien zur Kenntnis, verstehe es aber nicht. Theoretisch sind doch alle Funktionäre in dieser Hinsicht geschult.“

Detlef Köpke, FDP-Stadtverbandsvorsitzender:

„Ich bin noch einmal eigens alle Standorte abgefahren. Unsere Aufsteller sind von einer Werbeagentur erstellt worden, alle haben ein Impressum. Bei den Druckvorlagen und Druckdaten war das Impressum jeweils drauf.“

Kreisordnungsamt zuständig

Bleibt die Frage: Wer kontrolliert das, und wie wird es geahndet, falls ein Impressum fehlt und sich jemand beschwert? Dazu noch einmal Christian Hoeper von der Stadt Iserlohn: „Wenn wir unterstellen, dass für Wahlplakate in Nordrhein-Westfalen die Regeln des Landespressegesetzes gelten, müssten Wahlplakate ein Impressum enthalten (§ 8 LPG NRW). Die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen liegt hier nicht bei der Stadt Iserlohn, sondern bei der Kreisordnungsbehörde – in unserem Fall also beim Märkischen Kreis (§ 23 LPG NRW). Dort kann ein fehlendes Impressum als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 € geahndet werden.“

Außendienst kontrolliert die Standorte

Die Stadt Iserlohn überwache und regele lediglich die Nutzung des öffentlichen Straßenraums für Wahlwerbung (z. B. Standorte, Fristen, Verkehrssicherheit). Bürgerbeschwerden über widerrechtlich angebrachten Wahlplakaten würden durch einen Außendienst der Straßenverkehrsabteilung kontrolliert und geregelt. Hoeper: „Hinweise auf fehlende Impressen leiten wir an die zuständige Kreisordnungsbehörde weiter.“

Eingeschritten wird nach Ermessen

Das bestätigt Alexander Bange, Pressesprecher des Märkischen Kreises: „Es ist richtig: Die Kreisordnungsbehörde ist zuständig. Proaktive Kontrollen finden aber nicht statt. Bei vorliegenden Verstößen im Sinne des § 8 Landespressegesetz handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten. Eingeschritten wird nach Ermessen im Sinne des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OwiG).  Beim Einschreiten sind ebenfalls die Grundsätze des OwiG zu beachten. Ein entsprechender Bußgeldkatalog oder Einzelvorschriften im Gesetz selbst regeln Festsätze oder Rahmensätze verbindlich. So wie hier im einschlägigen § 23 des Landespressegesetzes … „bis zu 5.000 Euro“.