Der Haushalt bietet wirklich nicht viel Raum für Träume oder Wünsche. Aber bestimmt gibt es doch eine Position im Haushalt, wo einem beim Lesen ein wenig das Herz aufgeht, zum Beispiel, weil hinter der Zahl ein tolles Projekt steckt oder eine Kleinigkeit für die Sie gekämpft haben. Welche Zahl/Position ist für euch persönlich die Haushaltszahl 2024? Bitte nur eine Zahl/Position nennen.
Aykut Aggül (fraktionslos): „Produkt 06.03.01/ Nr. 7856100 Spiel- und Bolzplätze: Ich freue mich sehr, dass die Seilbahn für die Kinder in Nachrodt-Wiblingwerde bald realisiert werden kann und die Familien schöne Stunden gemeinsam verbringen können.„
Christian Pohlmann (SPD): „Für uns ist eine herausragende Position im Haushalt 2024 die Investition (Nummer 08020101) von 3,5 Millionen Euro in unser Gartenhallenbad. Hinter dieser Zahl steckt weit mehr als nur eine hohe Summe Geld oder eine normale Investition. Sie zeigt, dass es sich lohnen kann, sich für eine Sache einzusetzen und zu kämpfen, wie es die Verantwortlichen schon seit Bestehen des Trägervereins tun.
Die Renovierung des Schwimmbads, unterstützt durch Fördergelder, die dank des engagierten Einsatzes von Sabine Karisch (1. Vorsitzende des Trägervereins) beschafft werden konnten, ermöglicht es nicht nur Kindern und Erwachsenen weiterhin das Schwimmen zu erlernen, sondern sichert auch eine wichtige Möglichkeit, in der Gemeinde regelmäßig Sport zu treiben. Das neu renovierte Schwimmbad bietet weiterhin Arbeitsplätze für Fachkräfte im Bäderwesen, Reinigungspersonal, Trainer und Wasseraufsichten.
Unser Bad bleibt auch in Zukunft ein Ort der Begegnung und des sozialen Austauschs, wo Gemeinschaften zusammenkommen und sich kennenlernen können. Ein modernes Schwimmbad trägt dazu bei, die Attraktivität unserer Gemeinde als Wohnort zu steigern. Familien und Einzelpersonen, die nach einem lebenswerten Ort suchen, achten oft auf die Verfügbarkeit von Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbädern.
Insgesamt ist die Investition in die Sanierung des Schwimmbads ein Investment in die Zukunft unserer Gemeinde, das weit über die rein finanzielle Dimension hinausgeht. Es ist ein Schritt, der langfristige positive Auswirkungen auf das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger haben wird.“
Welche ist Ihrer Meinung nach die unnötigste Ausgabe? Gibt es eine Position, die Sie so richtig nervt? (Weil sie zum Beispiel ungerecht ist beziehungsweise unnötig, aber gesetzlich erforderlich ist oder ähnliches…)
Aggül: „Ungerecht, aber nicht unnötig ist meiner Meinung nach die allgemeine und differenzierte Kreisumlage, die von Jahr zu Jahr steigt und unseren Haushalt dermaßen belastet, dass wir kaum Spielraum haben, unsere Gemeinde attraktiv zu gestalten.“
Pohlmann: „Derzeit sind sämtliche Umlagen, wie beispielsweise die Kreisumlage, für die Kommunen weitestgehend außerhalb ihrer Kontrolle. Natürlich brauchen die Umlage finanzierten Haushalte auch Geld, aber mittlerweile untergräbt die Höhe die finanzielle Autonomie der Gemeinden und Städte und reduziert sie de facto auf dem Papier. Die Kommunen werden im Grunde lediglich mit einer Rechnung für das kommende Haushaltsjahr konfrontiert, die sie am Ende begleichen müssen, ohne wesentlichen Einfluss darauf zu haben. Das Resultat ist eine Spirale steigender Steuern und Abgaben für Bürger und Unternehmen in den Kommunen, welche letztendlich die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen und die Attraktivität der Region für Investitionen mindern.“
Gibt es eine Art „Geheimzahl“? Eine Position im Haushalt, von der Sie glauben, dass sie kaum jemand kennt, die aber für die Gemeinde wichtig ist?
Aggül: „Die wichtigsten Einnahmen unserer Gemeinde sind die Realsteuern. Dazu gehören zum Beispiel die Grundsteuer und Gewerbesteuer.“
Pohlmann: „Die Produktzahl 12.01.01 könnte beispielsweise so etwas sein, der Bereich Straßen und Verkehrsflächen. Durch diese Kennzahl wird deutlich, welchen aktuellen Wert unsere Straßeninfrastruktur hat und verdeutlicht die Notwendigkeit, diesen Wert durch kontinuierliche Investitionen zu erhalten. Die Straßeninfrastruktur bildet einen wesentlichen Teil des Vermögens unserer Gemeinde und erfordert jährlich Investitionen in Höhe von etwa 200.000 bis 400.000 Euro, um ihren Wert zu bewahren. Es ist von entscheidender Bedeutung, diesen größten Vermögenswert unserer Gemeinde zu pflegen und zu sichern.“
Wissen Sie, was die größte Position ist und was die kleinste?
Aggül: „Im gesamt Kontext ist die größte Position im Haushalt die Investitionen, die wir in unsere Gemeinde tätigen, in Höhe von über 19 Millionen Euro; die kleinste Position von vielen ist meiner Meinung nach der Ehrenamtspreis in Höhe von 250 Euro.“
Pohlmann: „Die größte Summe sollte die Investition der 3,5 Millionen Euro sein, die das Gartenhallenbad betreffen. Bei dem kleinsten Betrag könnte es sich um die 10 Euro handeln, die im Bereich Personalkosten Wohnraumförderung und Versorgung (10.03.03) an die Versorgungskasse der tariflich Beschäftigten abgeführt wird – aber so ganz sicher bin ich mir da auch nicht.“
Haushalt. Ein Thema, bei dem viele schon abschalten, sobald sie den Tagesordnungspunkt lesen. Bürgerbeteiligung ist ja gerade ein großes Thema. Und gerade der Haushalt ist etwas, was alle direkt zu spüren bekommen und dennoch ist das Interesse gering. Welche kreativen Ansätze könnten eurer Meinung nach angewendet werden, um die Bürger stärker in den Entscheidungsprozess des kommunalen Haushalts einzubeziehen? Klar, es gibt keine Gestaltungsräume. Ein bürgerliches Wunschkonzert ist ausgeschlossen. Aber auch das müssen Bürger verstehen. Wie kann das gelingen?
Aggül: „Ich wäre dafür, ein Bürgerforum ins Leben zu rufen, um den Bürgerinnen und Bürgern den Haushalt näherzubringen und in einem Dialog über alle offenen Fragen zu diskutieren. So können wir auch über Maßnahmen und Wünsche sprechen.“
Pohlmann: „Viele schalten ab, weil man die Gemeindehaushalte nicht mehr mit Gestaltungsspielräumen verbindet. Die große Herausforderung vieler Gemeindehaushalte liegt darin, dass sie kontinuierlich defizitär sind, was die Handlungsspielräume für die Gestaltung erheblich einschränkt. Dies wird durch die stetig steigenden Umlagen und die festgelegten Zahlungsverpflichtungen von höherer Ebene verschärft, die sämtliche finanziellen Ressourcen aufzehren. Die Möglichkeiten für freiwillige Leistungen sind minimal, was es nahezu unmöglich macht, eine aktive politische Gestaltung voranzutreiben und die Bürgerinnen und Bürger für kommunale Angelegenheiten zu mobilisieren.
Wenn finanzielle Spielräume vorhanden wären, könnten wir uns viele Maßnahmen vorstellen, um die Bürgerbeteiligung zu fördern. Dazu zählen zum Beispiel die Einführung eines Bürgerhaushalts, bei dem ein bestimmter Anteil des Gemeindehaushalts den direkten Entscheidungen der Bürger vorbehalten ist. Des Weiteren könnten Workshops veranstaltet werden, in denen nicht politisch organisierte Bürger ihre Ideen und Vorschläge für den Haushalt einbringen können. Auch die Onlinebereitstellung einer vereinfachten und transparenten Version des Haushalts wäre denkbar. Leider ist so ein vereinfachter Onlinehaushalt mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand und somit mit nicht unerheblichen finanziellen Ressourcen verbunden. Um das Interesse und die Beteiligung der Bürger an der kommunalen Politik insgesamt sowie auch speziell am Gemeindehaushalt zu steigern, werden alle interessierten Bürgerinnen und Bürger zu jeder Fraktionssitzung der SPD eingeladen.“
Haben Sie eine unkonventionelle Idee – muss nicht unbedingt realistisch und sofort durchführbar sein – die dazu beitragen könnte, Kosten zu reduzieren und gleichzeitig die Lebensqualität zu steigern?
Aggül: „In vielen Gesprächen teilen mir die Bürgerinnen und Bürger mit, dass wie die Steuern zeitnah und langfristig in Nachrodt-Wiblingwerde senken. Somit könnten wir die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger steigern und unterstützen.“
Pohlmann: „Ok, wenn es aktuell nicht realistisch und sofort durchführbar sein muss, könnte eine Gemeinde folgendes tun: Die Gemeinde entwickelt eine benutzerfreundliche App, auf der Einwohner ihre Fähigkeiten, Ressourcen und Bedürfnisse auflisten können. Zum Beispiel könnten dies handwerkliche Fähigkeiten, Gartenarbeit, Kinderbetreuung, Kochen, Transportmöglichkeiten, Werkzeuge, Bücher, Kleidung usw. sein. Anstatt Geld zu verwenden, verdienen die Bewohner Tauschpunkte, indem sie anderen Bewohnern helfen oder Ressourcen zur Verfügung stellen. Zum Beispiel könnte jemand, der gerne kocht, einem anderen Bewohner Mahlzeiten zubereiten und dafür Tauschpunkte verdienen, die er dann nutzen könnte, um sich beispielsweise eine Massage von jemand anderem in der Gemeinde zu gönnen. Durch dieses Tauschsystem würden die Bewohner nicht nur Geld sparen, sondern auch enger miteinander interagieren und eine stärkere Gemeinschaft aufbauen. Dies spart zwar keine Kosten der Gemeinde direkt, aber die der Bürger. Dieser Ansatz erfordert sicherlich umfassende Planung, Organisation und finanzielle Mittel seitens der Gemeinde. Dennoch handelt es sich um eine unkonventionelle Idee, die bereits in anderen deutschen Städten erfolgreich umgesetzt wurde und eine Möglichkeit bietet, die Kosten für die Bürger zu senken und die Lebensqualität zu steigern.“
Welche Anreize könnten geschaffen werden, um Bürger dazu zu ermutigen, aktiv zur Verbesserung der Finanzlage der Gemeinde beizutragen?
Aggül: „Unsere Gemeinde Familien- und Seniorenfreundlich gestalten. Ebenfalls sollte es unsere Aufgabe sein, Wohngebiete auszuweisen, um die Einwohnerzahlen für die Zukunft stabil zu halten.“
Pohlmann: „Vor einigen Jahren wurde zum Beispiel ein Vorschlag der SPD vom Rat genehmigt, der als Pflanztopf bekannt ist. Dieses Programm ermöglicht es Bürgern, Patenschaften für begrünte Verkehrsinseln oder Baumscheiben zu übernehmen und sie zu pflegen sowie ansprechend zu bepflanzen. Die dafür bereitgestellten Mittel werden von der Gemeinde erstattet, was wiederum die Gemeindekasse entlastet, da weniger Arbeiten für den Bauhof anfallen. Es könnte sinnvoll sein, Steuervergünstigungen oder -nachlässe für Bürger einzuführen, die sich an gemeinnützigen Projekten oder Aktivitäten beteiligen, die darauf abzielen, die finanzielle Situation der Gemeinde zu verbessern. Ein Umfeld zu schaffen, das die Bürger dazu ermutigt, aktiv zur Verbesserung der finanziellen Situation beizutragen, ist möglich, erfordert jedoch meistens erhebliche finanzielle Mittel seitens der Gemeinde.“
Mal angenommen, es gäbe mehr Bürgerbeteiligung, wie könnte es gelingen, Bedürfnisse und Prioritäten der Nachrodt-Wiblingwerder zu berücksichtigen? Ist das bei der Haushaltslage überhaupt möglich?
Aggül: „Über die Bedürfnisse und Prioritäten können wir nur sprechen wenn wir mit den Bürgern in Dialog treten und uns ihre Ansichten anhören. Fakt ist aber auch: Wenn etwas eher umgesetzt werden soll als geplant, müssen andere Projekte sich hinten anstellen.“
Pohlmann: „Wie bereits erwähnt, laden wir weiterhin jeden Interessierten zu unseren SPD-Fraktionssitzungen ein. Angesichts der herausfordernden Haushaltslage ist es von besonderer Bedeutung, dass wir als SPD-Fraktion auf vielfältige Stimmen und Meinungen der Einwohner zurückgreifen können. Eine Beteiligung kann dazu beitragen, ein höheres Maß an Zufriedenheit und Vertrauen in die lokalen Entscheidungsträger zu schaffen – genau das wollen wir erreichen. Durch regelmäßigen Dialog mit den Bürgern und verschiedene Formen der Bürgerbeteiligung, wie beispielsweise die Mitarbeit in Ausschüssen, den erwähnten Bürgerhaushalt, Workshops oder das Einberufen von Einwohnerversammlungen zu wichtigen Themen, kann man sicherstellen, dass die Anliegen der Bürger in die Entscheidungsprozesse einfließen.
Wir können hier zum Abschluss nur appellieren: Beteiligen Sie sich an der Fraktionsarbeit der SPD – das Angebot steht! Gestalten Sie aktiv unsere Gemeinde mit!“