Mehr Lohn, Freizeit und Sicherheit – diese zentralen Forderungen waren auf dem rotweißen Banner vereint, das die Demonstranten an der Spitze des Zuges, begleitet von Trillerpfeifen und Trommelklängen durch Lüdenscheid trugen.

„Heute ist ein besonderer 1. Mai“, sagte DGB-Kreisvorsitzender Bernd Schildknecht zum Auftakt der Kundgebung. „Es wird geschossen und gestorben.“ Mit diesen Worten erinnerte er an die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen. Die „Sehnsucht nach Frieden und die Hoffnung auf eine gute Zukunft“ dürfe man dennoch nie aufgeben.
„Wir sind weit entfernt vom ‘Alles gut‘“, stellte auch Bürgermeister Sebastian Wagemeyer in seinem Grußwort fest. Noch immer gebe es im Bildungswesen keine Chancengleichheit. „So verschenken wir ein ungeheures Potenzial.“ Er erinnerte daran, dass Betriebsräte und Gewerkschaften daran beteiligt seien, dass es den Unternehmen gut gehe. „Verantwortung ist aber keine Einbahnstraße“, forderte er Unternehmer auf, auch ihren Anteil beizusteuern. Wie andere Redner wies er auf die Bedeutung der Europawahl am 9. Juni hin. Angesichts rechter und rechtsextremer Tendenzen stehe die Europäische Union als „größtes Friedensprojekt der Geschichte“ auf dem Spiel.

Für das Jahr 2025 kündigte Bürgermeister Sebastian Wagemeyer eine besondere Veranstaltung an. Mit einem Arbeitnehmer-Empfang im Rathaus wolle die Stadt ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen.
„Frieden ist nicht alles. Aber ohne Frieden ist alles nichts“ zitierte IG-Metall-Bevollmächtigter Fabian Ferber als Hauptredner der Kundgebung den ehemaligen SPD-Bundeskanzler Willy Brandt. Den sozialen Frieden schloss er dabei mit ein. Der Wohlstand der märkischen Region stehe auf dem Spiel, sagte er und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Diskussionen um den Stahlstandort Duisburg.
Der Märkische Kreis sei vordergründig nicht betroffen, da hier kein Stahl produziert werde. Auf den zweiten Blick werde die Gefahr klar: „Kein Werkstoff wird in unseren Industriebetrieben häufiger verarbeitet als Stahl. Mehr als 10.000 Menschen ziehen, gießen, schmieden, stanzen und walzen ihn hier. Auch wenn er auch aus anderen Orten als Duisburg zugeliefert wird: Sicher ist die Stahlverarbeitung nur, wenn die Wertschöpfungskette in Deutschland und Europa abgesichert ist.“ Daher gelte: „Was für Duisburg entschieden wird, wird in der Folge auch uns treffen.“
Eine ähnliche Diskussion werde man auch im Kunststoff-Bereich erleben. „Wenn die großen Chemie-Unternehmen zumindest Teile der Produktion aus Deutschland abziehen werden, wird in der Folge auch ein Wegfall von Arbeitsplätzen in der Kunststoff-Verarbeitung wahrscheinlich. Auch in diesem Bereich haben wir viele Jobs in unserer Region“, erklärte Fabian Ferber.

Die Wirtschaft müsse endlich bereit sein, ihre eigene Position abzusichern und nicht immer nur die billigste Entscheidung zu treffen, forderte er. Die Erwartung der Beschäftigten seien hoch. „Es geht um nicht weniger als die Zukunft des Industriestandorts Deutschland und damit auch unserer Industrieregion Südwestfalen.“
Fabian Ferber warnte zudem vor der AfD. Wenn sie an Einfluss gewinne, seien Errungenschaften der Gewerkschaften in Gefahr. Als Beispiel nannte er die Forderung nach Einschränkungen beim Streikrecht.

Was die Gewerkschaftsjugend von Ideen der AfD hält, machte sie mit einem Auftritt vor der Bühne klar. Die Forderungen von Tino Chrupalla, Alice Weidel, Björn Höcke und Co. landeten unter Beifall in einer braunen Tonne. Musik kam in diesem Jahr von der Lüdenscheider Formation „Ampersand“.
Unter den zahlreichen Info- und Imbissständen war auch der Verein Ge-Denk-Zellen „Altes Rathaus“ vertreten. Er präsentierte erstmals seine neue Ausstellung „Europa demokratisch“. Die 16 großformatigen Infotafeln mit zahlreichen Bild- und Textdokumenten sind in den nächsten Wochen an verschiedenen Orten zu sehen. Dazu kommt ein umfangreiches Rahmenprogramm.