Es ist zweifelsohne ein ganz besonders idyllisches Plätzchen Erde, das sich Lisa Escher und Gesa Brandt für ihre Gemüsegärtnerei ausgesucht haben: Die Liegenschaft Stöcken zwischen Hohenplanken und Kreuzberg könnte schon bald der neue Hotspot für regionales und biologisch angebautes Gemüse werden. Die beiden Freundinnen haben hier im vergangenen Jahr damit begonnen, die Gemüsegärtnerei Stöcken aufzubauen. Ende Juni, so sind die derzeitigen Planungen, beginnt der Verkauf von Tomaten, Salat, Paprika, Zwiebeln und Co.
„Im Startjahr können wir noch nicht auf Bestandspflanzen zurückgreifen. Deshalb geht’s in diesem Jahr halt erst Ende Juni los. Ab dem kommenden Jahr werden wir vermutlich schon im März die ersten Ernten verkaufen können“, sagt Lisa Escher, während sie auf die frisch angelegten Beete schaut, in denen Zwiebeln, Knoblauch, Radieschen und Bohnen wachsen.
Die Jungpflanzen haben nun auf rund 2.500 Quadratmetern Platz zu wachsen und zu reifen. Hinter dem Gemüsegarten steckt ein Jahr Planungsphase, berichten die beiden Halveranerinnen. Angefangen hat alles zunächst als Hobby. Sowohl Lisa als auch Gesa bauten in den vergangenen Jahren Gemüse für den Eigenverzehr an; Gesa in Hochbeeten, Lisa übernahm den Gemüsegarten auf dem ehemals landwirtschaftlich genutzten Hof ihres Mannes in Stöcken. „Gärtnern ist einfach unsere Leidenschaft“, sagt Gesa. Eine Leidenschaft, die nun zur Profession wurde.
„Wir waren genervt von viel zu langen Lieferketten, die im Zweifel nicht nachvollziehbar sind. Von Biogemüse aus großen Zuchtanlagen. Wir haben hier den Platz, die Ressourcen und die Möglichkeit, saisonales Gemüse anzubauen. Nicht nur für uns, sondern für einige mehr“, beschreibt Gesa die Anfänge. Und damit spricht die 32-Jährige auch gleich die zukünftigen Käufer ihrer Produkte an: Bio für alle, lautet das Motto. Regional und saisonal, „aus der Nachbarschaft“ und zu einem Preis, der zwar die Qualität der Lebensmittel widerspiegelt, ohne aber gleich den Geldbeutel zu schröpfen, sagen beide. „Es muss möglich sein, dass sich jeder eine gesunde Ernährung leisten kann.“ Ihre geernteten Waren werden nicht verbracht, sondern können ab Hof gekauft werden.
Geplant ist, ab Ende Juni freitags jeweils von 10 bis 12 Uhr und von 16 bis 18 Uhr sowie nach Vereinbarung einen Verkauf anzubieten. Neben dem Gemüseangebot gibt’s zudem eigenen Honig und Eier. Die zunächst 50 Hühner ziehen Anfang Juni in den dafür vorbereiteten mobilen Hühnerstall ein.
An der Entscheidung, ihr Hobby zum Beruf zu machen, war die Zeit der Coronapandemie nicht ganz unschuldig. Lisa – Schneidermeisterin – und Gesa – Physiotherapeutin – verbrachten die vergangenen zwei Jahre so wie viele andere Familien vermehrt zuhause mit den Kindern. Zeit, die sie rückblickend als überaus wertvoll empfinden. „Wir haben uns gefragt, wie wir auch in Zukunft Beruf und Kinder besser miteinander vereinbaren können“. Was folgte, ist bereits erzählt und nun stehen die beiden Gründerinnen kurz vor der ersten großen Ernte.
Die Art, den Boden so zu bewirtschaften, dass er mehr zurückerhält, als man ihm nimmt, nennt man Market Gardening. „Das ist eigentlich urtraditionelle Landwirtschaft“, sagt Lisa. Dahinter verbirgt sich ressourcenschonender, biointensiver Gemüseanbau.
Market Gardening funktioniert nach den regenerativen Prinzipien der Permakultur. Die Gemüsepflanzen werden dicht an dicht gepflanzt, um so möglichst viel Ertrag auf kleiner Fläche zu erzielen. Der Boden wird allerdings möglichst wenig bearbeitet. Für eine gute Bodenfruchtbarkeit sorgen Kompost oder organische Düngemittel, die regelmäßig auf der Fläche verteilt werden.
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Lisa und Gesa geht es darum, „das System im Gleichgewicht“ zu halten, sagen sie. Darum halten sie sich an einen exakten Anbauplan, der auch penibel einzuhaltende Fruchtfolgen auf den Beeten beinhaltet. Das Wissen darüber entstand zum einen aus einer Menge Theorie, die sie in Form von Büchern verinnerlichten, als auch aus der Praxis. „Garten verzeiht und lehrt“, schmunzeln beide und können die ein oder andere Anekdote aus ihrem Gärtnerleben erzählen.
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Eine klare Arbeitsteilung gibt’s bei den beiden Gemüsebäuerinnen nicht. „Jeder macht, was gemacht werden muss“, sagt Gesa. Allerdings: Ein paar Vorlieben bei den Pflanzen gibt’s dann doch: „Gesa hat irgendwie den besseren Draht zu Tomaten“, erkennt Lisa an. „Die sind, finde ich, ganz schön pingelig.“ Beim Blick in die beiden Gewächshäuser und auf die Freiflächen aber zeigt sich, dass der grüne Daumen scheinbar vor keiner Pflanze Halt macht. Die Anzuchttöpfe stehen voller grüner Pflänzchen, unter den Netzen sprießen Zwiebeln und Knoblauch und die Bohnen bahnen sich ihren Weg in Richtung Rankgerüst.
Angebaut werden nur die Gemüsesorten, die an die klimatischen Bedingungen angepasst sind. Dazu zählen Radieschen, Rote Bete, Zuckerschoten, Bohnen, Kohlgemüse, Salate, Rucola, Spinat, Zwiebeln, Knoblauch, Kürbis, Gurken, Paprika, Chili, Zucchini, Tomaten, Kräuter, Topinambur, Sellerie und Porree.
Ein Exot hat’s dann aber doch ins Lot der Gemüsepflanzen geschafft: Die Tomatillo ist vor allem in Mittelamerika beliebt, macht sich gut in mexikanischen Gerichten und kommt trotzdem super mit den klimatischen Bedingungen in Stöcken zurecht – Lisas Favorit.
Und auf dem Kartoffelacker unweit des Hofes wachsen die gelben Knollen unterm Boden heran. Unterstützung beim Kartoffelanbau bekommen Lisa und Gesa vom Halveraner Biobauer Henning Wolf, der ihnen sowohl mit Geräten als auch mit Wissen zur Seite steht. „Die Unterstützung der umliegenden Landwirte ist wirklich toll“, schwärmen beide. „Man hilft sich gegenseitig, das macht Mut.“
Ihre Arbeit halten die beiden Gründerinnen auf Instagram unter gemuesegaertnerei_stoecken fest – dort gibt’s auch aktuelle Infos zum Verkaufsstart. Bei Fragen zu ihrem Angebot sind sie zudem unter Tel. 0157 – 30730574 zu erreichen.