In der Nacht zum 1. November des vergangenen Jahres suchten Polizei und Feuerwehr mit Hochdruck eine Frau, die aus einem Waldstück bei Lüdenscheid-Elspe mit dem Handy einen Notruf absetzte. Als die Einsatzkräfte die 29-jährige fanden, wurde aus der Personensuche für die Polizei ein schwerer Kriminalfall: Die Frau gab an, Opfer eines Sexualdeliktes geworden zu sein. Anschließend habe der Täter versucht, sie zu töten.
Die Polizei hatte zunächst keinen Grund, an der Darstellung zu zweifeln. Abgesehen von der aufwändigen Suche schien es sich um ein Szenario zu handeln, das nicht selten ist. Trotz einiger Hinweise aus der Bevölkerung konnte die Polizei keine Person ausfindig machen, die als Täter konkret in Frage kam.
Frau verweigerte Untersuchung
Allerdings mehrten sich die Zweifel an der Darstellung des angeblichen Tatherganges. Wie Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli bestätigte, hat sich die 29-Jährige einer medizinischen Untersuchung verweigert. Dadurch konnten übliche Beweise wie DNA-Spuren von Körperzellen oder Kleidungsfasern des mutmaßlichen Täters nicht gesichert werden. Auch Blutergüsse oder andere Folgen einer Misshandlung konnten nicht von Rechtsmedizinern dokumentiert werden. Das ließ die Ermittler schon stutzig werden.
Nun keimte bei Staatsanwaltschaft und Polizei der Verdacht, das Tatgeschehen könnte nur vorgetäuscht worden sein. Inzwischen gehen die Ermittlungsbehörden davon aus, dass sich dieser Verdacht erhärtet. Falsche Beschuldigungen sind keine Seltenheit, doch richten sich diese zumeist gegen bestimmte Personen. Das ist hier nicht der Fall. „Wir gehen davon aus, dass hier eine psychische Krankheit vorliegt“, erklärte Dr. Pauli. Dennoch steht nun der Verdacht des „Vortäuschens einer Straftat“ im Raum – schließlich hat der Notruf der Frau immensen Aufwand bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst verursacht.
Allerdings werde zu klären sein, so Dr. Gerhard Pauli, inwieweit die Frau schuldfähig sei. In diesem Zusammenhang müsse geklärt werden, ob sich die Frau in der Nacht zum 1. November in einer medizinischen Notlage befunden habe, die den abgesetzten Notruf für sich schon gerechtfertigt haben könnte. Der Fall wird die Polizei und die Justiz wohl noch eine ganze Weile beschäftigen.