„Das war in diesem Jahr gar nicht so einfach“, erzählt Stephan Jundt. Das große Problem war der Schnee auf den Höhenlagen. „Wir mussten die Bäume erst freiräumen, um unten am Stamm sägen zu können. Dann mussten sie extrem vorsichtig transportiert werden, da jede Menge Schnee auf den Ästen lag“, berichtet der Weihnachtsbaum-Verkäufer aus Rennerde. Wie bei seinem Kollegen vom Hallenscheid kommen auch seine Bäume aus den heimischen Wäldern in Nachrodt-Wiblingwerde.
Beide Betriebe verkaufen Weihnachtsbäume seit Generationen. Beide haben viele Stammkunden. „Von manchen Stammkunden kommen jetzt sogar schon die Enkel“, erzählt Jundt. Bei Familie Tacke ist das auch so. Allerdings hat sich auf dem Hof einiges geändert. „Erst Corona, dann die Flut. Früher war Weihnachtsbaumkauf hier ein Erlebnis. Es kamen sogar ganze Vereine. Weihnachtsbaum aussuchen, Geselligkeit bei Glühwein und Punsch genießen – das war ein echtes Erfolgskonzept“, erinnert sich Tacke. Aber: Der Hallenscheid ist nur schwer zu erreichen. Vor allem für Ortsfremde. Zum einen weil aktuell aufgrund einer Kanalsanierung der Bahnübergang Helbecke gesperrt ist, zum anderen da wegen der Straßensanierung zu viel Begegnungsverkehr auf der kleinen Straße wäre. Tacke: „Früher sind die Menschen von oben gekommen und nach unten wieder gefahren. Aber alle müssten jetzt nach oben.“ Die Umsatzeinbußen seien enorm – auch wenn er zusätzlich seine Bäume an den Wochenenden nun auf dem ehemaligen Rastatt-Parkplatz verkauft sowie am Langen Kamp.

Am beliebtesten sind sowohl bei Tacke als auch bei Jundt die Nordmanntannen. „Die stachelt und nadelt nicht. Aber sie hat auch einen Nachteil. Sie riecht nämlich nicht so doll“, erklärt Stefan Jundt. Sein Kollege Heiner Tacke empfiehlt daher einen Tannenzweig unter den Baum zu legen, dann würde auch der typisch harzige Gerucht die Wohnung erfüllen. Wem der Geruch besonders wichtig ist, dem empfiehlt Stephan Jundt eine Blaufichte. Gut sei auch eine Nobilis. Das sei eine Edeltanne. „Die Nadeln nicht. Die Nadeln sind extrem fest am Stamm. Theoretisch könnte man die vermutlich sogar nächstes Jahr wieder nehmen“, erzählt der Experte.
Die Nobilis seien fürs Tannenbaumgeschäft jedoch eher unwirtschaftlich. Denn sie würden extrem langsam wachsen und seien oft verformt. „Aber sie bieten auch den Vorteil, dass sie tiefer wurzeln und damit besser mit Trockenheit umgehen können. „Die ersten drei bis vier Jahre hocken die Bäume. Das heißt, sie wachsen wirklich nur wenige Zentimeter. Danach wachsen sie sehr langsam weiter. Aber nach 15 bis 20 Jahren sind sie dann richtig schnell und wachsen bis zu einem halben Meter pro Jahr“, erklärt Jundt. Durch das Wuchsverhalten bekäm der Baum auch nur schwer die für Weihnachtsbäume typische Pyramidenform. Daher sei die Nobilis eher für Tannengrün geeignet.
Die Nordmanntanne ist hingegen eher kein Wirtschaftsbaum, sondern ein guter Weihnachtsbaum. „Wenn sie gepflanzt werden, sind sie schon gut vier Jahre alt. Auch sie hocken ein Jahr. Wachsen also kaum. Danach dann aber recht zügig“, sagt Jundt. Daher sei bei der Nordmanntanne auch öfter das Problem, dass sie oben nicht richtig dicht sei. Oben seien die jüngeren Ringe. Je schneller der Baum wachse, desto größer der Abstand. Wenn also fürs Wuchsverhalten perfekte Bedingungen bestehen, ist das eher schelcht für den Weihnachtsbaum. Denn dann schießt der Baum noch mehr in die Höhe. „Die Nordmanntanne ist sehr wetterresistent. Der Borkenkäfer kann ihr auch nichts anhaben. Als Wirtschaftsholz eignet sie sich jedoch eher nicht, da sie in späteren Jahren nur noch langsam wächst.“
Ungeeignet als Weihnachtsbaum sind Douglasien. Die wurden vor allem nach Kyrill viel in Nachrodt-Wiblingwerde gepflanzt. „Die Douglasie ist sehr emfindlich. Kommt sie vom kalten Wald ins warme Wohnzimmer, fängt sie sofort an zu nadeln“, warnt Jundt.

„Egal, welcher Baum es wird, wichtig ist, dass der Baum nicht von der Kälte direkt vor die Heizung im Wohnzimmer kommt“, mahnt Heiner Tacke. Gut wäre es, den Baum beispielsweise erstmal im Keller zu lagern, dass er sich langsam an die Temperaturen gewöhnen könne. Auch sollte man ihm Wasser geben. „Für mich gehören in einen schönen Baum, Kerzen und Kugeln – aber kein Lametta“, sagt Tacke. Lametta lasse sich vor der Abholung nur schwer komplett entfernen.
Bis der Weihnachtsbaum im Wohnzimmer landet, hat er schon ein paar Jahre hinter sich. Alle zwei bis drei Jahre pflanzt Tacke 3000 bis 5000 Pflanzen. Aber nur die Hälfte schafft es bis in den Verkauf. „Wir betreiben einen ökologischen Anbau. Wir spritzen und düngen nicht“, erklärt der Weihnachtsbaumverkäufer. Dennoch steckt viel Arbeit in den Bäumen. Denn sie müssten von Gras und Wildkräutern freigeschnitten werden. Außerdem würden sie in Form geschnitten.
Was die Zukunft der Weihnachtsbäume betrifft, ist Tacke optimistisch: „Selbst wenn die wirtschaftlichen Bedinungen der Menschen schlechter werden, der Weihnachtsbaum wird nicht aussterben. Das werde ich nicht mehr erleben.“