Dienstagmorgen 10.30 Uhr: Am Amtshaus sind alle bereit. Die Kekse für die Gäste stehen bereit. Die Handykamera ist startklar. Gleich sollen sie kommen. Erwartet wird Altenas Bürgermeister Uwe Kober und eine Delegation aus Verwaltung und Kommunalpolitik, Mitglieder des ADFC und vielleicht auch noch eine Abordnung des Märkischen Kreises. Viel wichtiger ist jedoch, was Uwe Kober im Gepäck hat – nämlich den Staffelstab in Form einer Luftpumpe. Diese Luftpumpe wird die kommenden Tage durch alle 15 Kommunen des Kreises wandern. Gestartet wurde am Kreishaus in Lüdenscheid. Von dort aus ging es nach Altena. Und von dort weiter nach Nachrodt.
Bürger sowie Kommunalpolitiker treten seit 2008 für mehr Klimaschutz und Radverkehr in die Pedale. Die Aktion läuft in diesem Jahr vom 8. bis 28. Mai. In diesem Zeitraum können alle, die in einer Kommune des Kreises leben, dort arbeiten, einem Verein angehören oder eine (Hoch-)Schule besuchen, bei der Kampagne des Klima-Bündnisses mitmachen und möglichst viele Radkilometer sammeln.

Vor dem Amtshaus haben sich neben Bürgermeisterin Birgit Tupat auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Gerd Schröder und die UWG-Vorsitzende Sonja Hammerschmidt eingefunden. Schröder mit E-Mountainbike und Sonja Hammerschmidt mit ihrem Rennrad. „Ich bin ohne E. Dann müssen die anderen halt warten“, erzählt sie. Beide fahren auch in ihrer Freizeit viel und gerne mit dem Rad. Ebenso die Bürgermeisterin. Schnell entstehen Gespräche, die dann von einem fröhlichen „Halloooo!“ unterbrochen werden. Die Delegation aus Altena steuert auf den Märkischen Platz zu. Die Laune scheint blendend zu sein. Uwe Kober zückt bereits die Luftpumpe. Bürgermeisterin Tupat den Aufkleber mit dem Gemeinde-Wappen. Denn natürlich soll sich jede Kommune auf dem Staffelstab verewigen.
Jetzt ist Bernhard Schomm vom ADFC an der Reihe. Er wird die Gruppe nach Iserlohn führen. „Wir empfehlen natürlich mit Helm, Handschuhen und Brille zu fahren“, erklärt der Experte. Er sei die Strecke bereits mehrfach abgefahren und sei sich sicher, einen schönen und möglichst sicheren Weg gefunden zu haben. „Sie kennen die Schwachstellen in ihrer Gemeinde natürlich. Aber heute geht es doch auch um den gemeinsamen Spaß am Radfahren. Es ist ja auch nicht alles schlecht und wir wollen ja dafür werben, mehr aufs Rad zu steigen“, sagt Bernhard Schomm. Und dann heißt es „Aufsitzen!“. Die Tour beginnt. In einer langen Reihe geht es auf der Hagener Straße in Richtung Letmathe.
Die erste brenzlige Situation lässt nicht lange auf sich warten. Die Gruppe möchte links in Richtung Lasbeck abbiegen. Die vorderen Fahrer schaffen es auf die Abbiegespur. Die hinteren nicht. Der Verkehr ist dicht, Autofahrer überholen genervt die Gruppe. Mühevoll versuchen die hinteren Teilnehmer hinterher zu kommen, ohne mit einem Auto zu kollidieren. Weiter geht es abseits der Bundesstraße. An der Abzweigung in Richtung Gewerbegebiet Stenglingsen ein erster Halt. Baken und ein Durchfahrt-Verboten-Schild blockieren den Weg. „Natürlich können wir hier mit dem Rad her. Aber wie an so vielen Baustellen fehlt dieser kleine Hinweis. An die Schilder wird oft gar nicht gedacht“, moniert Schomm. Genau deswegen seien Aktionen wie diese wichtig, denn sie zeigten deutlich die Schwachstellen – von denen es im Märkischen Kreis viele gebe.
Weiter geht es in Richtung Letmathe. Der Weg lässt es zu, dass die Radfahrer nebeneinander fahren und ins Gespräch kommen. „Mein Traum wäre es, einmal mit dem Fahrrad über die Alpen zu fahren“, erzählt Gerd Schröder. Der SPD-Fraktionsvorsitzende habe schon viele schöne Touren gemacht. Beispielsweise eine Rad-Schiff-Tour durch Kroatien. „Für die Tour über die Alpen fehlt mir leider noch eine Begleitung. Aber vielleicht wird es ja nächstes Jahr etwas“, erzählt der Veserder. Er fahre schon lange leidenschaftlich Fahrrad. Früher sogar Rennrad im Verein.

An Pater und Nonne der nächste Stopp. „Hier gibt es eine kleine Dirt-Bahn. Wir finden das super. Es ist doch toll, wenn es Platz für die Jugendlichen gibt“, betont der Experte vom ADFC. Nun geht es wieder auf die Hauptstraße. Ein kurzes Stück in Richtung Nachrodt und von dort aus nach links in Richtung Iserlohn. Die Straße ist breiter als der Abschnitt durch Nachrodt.
Die Autos und Lkw überholen mit mehr Abstand, was das Fahren angenehmer macht. Schomm führt die Gruppe über einen Waldweg weiter in Richtung Innenstadt. Der Weg ist unbefestigt. Die Gruppe drosselt das Tempo etwas. Der Grund: Das Rennrad von Sonja Hammerschmidt ist für diesen Boden nicht ideal. „Zuletzt bin ich mit dem Rad den Wixberg hoch. Das merke ich tatsächlich auch immer noch etwas. Das war schon anstrengend“, erzählt die UWG-Vorsitzende. Die Steigung sei eine Herausforderung gewesen. Mit fünf bis sechs Kilometern pro Stunde sei sie den Berg hinauf gefahren.

Der Weg gefällt den Teilnehmern. Obwohl er als Fahrradweg beschildert ist, kannte ihn fast niemand. „Die meisten fahren nach einem Navigationssystem“, erklärt Schomm. „Viele nutzen beispielsweise Komoot. Das ist fürs Rad aber tatsächlich nicht so gut“, sagt Dieter Wileczelek. Auch er ist Touren-Guide beim ADFC. Die App orientiere sich an Verkehrsflüssen. „Wird eine Strecke viel genutzt, wird sie auch bei Komoot gelistet. Aber das heißt nicht, dass die Strecken auch immer befahrbar sind. Darauf achtet ja niemand“, erklärt der Iserlohner Radexperte das Problem. Er empfehle daher die Sauerland-App. Die sei kostenlos und werde von professionellen Touristikern mit Informationen gefüttert. „Die Wege werden regelmäßig kontrolliert. Somit erlebt man da nur sehr selten eine böse Überraschung“, erklärt er.
Dieter Wileczelek findet, dass das Sauerland als Fahrrad-Destination oft unterschätzt werde: „Es gibt wirklich richtig tolle Wege. Wer allerdings nicht so trainiert ist, brauch schon E, damit es Spaß macht.“ Er selbst ist übrigens der Verpflegungsmanager der Gruppe und mit einem Lastenfahrrad dabei. „Heute habe ich Getränke und Obst dabei. Man kann das Rad aber auch mit Kindersitzen umrüsten“, erklärt er. Das Fahren eines Lastenrads sei jedoch nicht ganz so einfach. Gerade in Kurven müsse man gut aufpassen.

Derweil nähert sich die Gruppe dem Iserlohner Bahnhof. Dort soll Iserlohns Bürgermeister Michael Joithe die Gruppe erwarten. Und so ist es auch. Auf dem Vorplatz steht der Bürgermeister. Ausgestattet mit einem Fahrrad-Outfit ist er bereit, den Staffelstab in Empfang zu nehmen. Was er jedoch nicht bedacht hat: „Ich hab keinen Aufkleber.“ Gut, dass die Bahnhofsbücherei aushelfen kann. So konnte sich auch die Stadt Iserlohn noch auf der Pumpe verewigen. Was mit der Pumpe nach der Aktion geschehen wird, ist übrigens noch unklar. „Sie wird auf jeden Fall einen würdigen Platz finden“, verrät Alexander Bange, Pressesprecher des Märkischen Kreises.
Für die Nachrodter endet die Tour an dieser Stelle. Schade, die Gruppe hatte gute Gespräche und sich gerade aufeinander eingespielt. Gerd Schröder trifft als erstes die Entscheidung: „Ich fahr noch nach Hemer mit.“ Birgit Tupat und Sonja Hammerschmidt fahren zurück: „Die Regenwahrscheinlichkeit ist leider sehr hoch. Wir haben gerade extra geguckt, sonst wären wir auch noch weiter mit gefahren. Es war wirklich eine schöne und informative Tour“, sagt Birgit Tupat.
Interessierte können sich im Internet unter www.stadtradeln.de anmelden und Kilometer sammeln. Gruppen und Vereine können auch ein Stadtradeln-Team gründen oder Einzelpersonen einem Team beitreten, um am Wettbewerb teilzunehmen.