Dirk Seyffarth, Geschäftsführer der Firma Seyffarth Bad & Heizung in Lüdenscheid, seine Ausbildungsleiter Christoph Hegemann, Niklas Taube und Auszubildender Nils Thimm, vermittelten den teilnehmenden Ausbildungsmarktpartnern einen spannenden und lebensnahen Einblick in einen Handwerksbetrieb. Ergänzt um Eindrücke aus der Nachwuchsgewinnung in der Industrie durch Personalchef Karsten Zurek von der Platestahl GmbH waren sich am Ende alle einig: Die Attraktivität der dualen Berufsausbildung muss gesteigert werden.
Untermauert wurde diese Forderung durch die Zahlen am Ausbildungsmarkt, die Agenturchefin Sandra Pawlas direkt zu Beginn vorstellte: „Die Schere zwischen freien Ausbildungsstellen und Bewerberinnen und Bewerbern klafft immer weiter auseinander. Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen übertrifft ein weiteres Jahr in Folge die Zahl der jungen Menschen, die sich bei uns ausbildungssuchend gemeldet haben.“
Bis Ende September 2023 sind laut Arbeitsagentur im Märkischen Kreis 3094 betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet worden. Dem gegenüber standen 2166 Bewerber, die sich im Laufe des Berichtsjahres bei den Agenturen für Arbeit vor Ort im Kreis gemeldet haben. Rechnerisch kamen damit auf 100 gemeldete betriebliche Berufsausbildungsstellen 70 Bewerber. „Mit diesem Überangebot an Ausbildungsstellen standen die Chancen für Bewerber in diesem Jahr so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, so Pawlas.
Es sei erfreulich, dass sich heimische Unternehmen trotz wirtschaftlich unsicherer Zeiten für den Fachkräftenachwuchs engagieren. So seien im Vorjahresvergleich rund ein Prozent mehr Ausbildungsstellen gemeldet worden, berichtete die Expertin. Die Zahl der Bewerber sei im gleichen Zeitraum im Vergleich zum Vorjahr um 9,1 Prozent gesunken.
Mit Stand Ende September waren noch 101 junge Frauen und Männer auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle, 234 betriebliche Ausbildungsplätze blieben unbesetzt. Somit kamen auf 100 unbesetzte Ausbildungsstellen rund 43 unversorgte Bewerber.
„Die vorliegende Bilanz unterstreicht die Bedeutung von Ausbildung als wichtige Säule für die Zukunftsfähigkeit unserer Region. Die enge Zusammenarbeit zwischen Eltern, Schule, Unternehmen und allen anderen Akuteren am Ausbildungsmarkt ist entscheidend, um jungen Menschen den bestmöglichen Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Eltern sollten daher ermutigt werden, sich über Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren und aktiv mit ihren Kindern darüber zu sprechen. Denn: Die duale Ausbildung bietet eine ausgezeichnete Möglichkeit, in die Berufswelt einzusteigen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Dieser Weg ermöglicht eine solide Grundlage für eine erfolgreiche berufliche Zukunft“, erklärt die Agenturchefin.
Stimmen zum Ausbildungsmarkt
Ausbildungsmarktpartner der Agentur für Arbeit sind im Märkischen Kreis die SIHK zu Hagen, die Kreishandwerkerschaft, der DGB Ruhr-Mark, der Märkische Arbeitgeberverband und der Arbeitgeberverband Lüdenscheid. Vertreter dieser Institutionen nehmen ebenfalls Stellung zur aktuellen Lage.
„Die Ausbildungssituation im Bezirk der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) hat sich seit dem Pandemiegeschehen erkennbar verbessert. Mit einem Eintragungsplus von 8 Prozent in den gewerblich-technischen Berufen trotzen die Unternehmen im Märkischen Kreis der schwierigen Konjunkturlage und Vielzahl von Krisen und Engpässen, um den dringend benötigten Fachkräftenachwuchs selbst zu rekrutieren.“
Thomas Haensel, SIHK zu Hagen
„Die Ausbildungssituation des Handwerks im Märkischen Kreis steht auch 2023/2024 unter der Überschrift: Nachwuchs dringend gesucht! Nahezu in allen Gewerken gibt es nach wie vor unbesetzte Ausbildungsplätze. Dies ist insoweit besonders dramatisch, als das Handwerk bereits seit Jahren sowohl lokal als überregional einen gravierenden Fachkräftemangel beklagt. Unsere Forderung lautet daher: Wir brauchen eine bessere und umfänglichere Berufsorientierung an allen Schulformen!
Dirk H. Jedan, Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis
„In diesem Jahr kamen auf 70 gemeldete BewerberInnen 100 Plätze. Das heißt: Eigentlich kann sich jeder junge Mensch, der sich für eine Ausbildung interessiert, einen Platz aussuchen. Dabei zeigt die Zahl von knapp 100 jungen Menschen die noch suchen, das noch nicht alles passt: ob es der Ort, der Ausbildungsberuf oder sonstige Probleme sind. Auch schwächeren jungen Menschen sollte eine Chance gegeben werden, auch mithilfe der Programme der Arbeitsagentur. Es bedarf weiterhin großer Anstrengungen um die Zukunft des Kreises zu erhalten – das müssen wir gemeinsam schaffen.“
Stefan Marx, DGB Ruhr-Mark
„Wir haben in unserer Region viele sehr engagierte Ausbildungsbetriebe und einen Ausbildungsmarkt, der sich zunehmend zum Bewerbermarkt entwickelt. Dennoch ist es gerade für benachteiligte junge Menschen nicht immer ganz einfach, eine passende Ausbildungsstelle zu bekommen. Diese Jugendlichen sollten wir im kommenden Jahr verstärkt in den Blick nehmen. Es gilt, möglichst keinen jungen Menschen unversorgt zu lassen.“
Jörg Otto, Jobcenter Märkischer Kreis
Viele Unternehmen hatten im aktuellen Ausbildungsjahr Schwierigkeiten, alle Ausbildungsplätze mit geeigneten Bewerbern zu besetzen. Trotz eines wirtschaftlich sehr herausfordernden Umfeldes überstieg die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze erneut die Nachfrage durch die Bewerberinnen und Bewerber. Bei den Mitgliedsunternehmen des AGV Lüdenscheid ist die Zahl der Personen, die eine Ausbildung begonnen haben, im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr etwas gesunken. Problematisch ist häufig die Diskrepanz zwischen geforderter und angebotener Qualifikation. Ein weiterer Grund für die leicht gesunkene Anzahl an besetzten Ausbildungsplätzen liegt in der eingeschränkten Infrastruktur im Märkischen Südkreis durch die gesperrte Autobahnbrücke und den Schienenersatzverkehr. Die Unternehmen bemühen sich sehr um das Thema Ausbildung und wir unterstützen sie mit allen Möglichkeiten unseres Verbandes.“
Kristina Junge, Arbeitgeberverband Lüdenscheid