Es wurde bereits vor langer Zeit angekündigt und war ebenso lange vorbereitet worden: An der Spitze des Sozialen Bürgerzentrums „Hand in Hand“ kam es am vergangenen Donnerstag, 31. August, im Vorstand zu umfangreichen personellen Veränderungen.
Bei der diesjährigen Hauptversammlung, der als eingetragener Verein geführten Einrichtung, standen Neuwahlen an. Die 27 anwesenden Mitglieder wählten die zum Teil durch eine Findungskommission gewonnenen neuen Vorstandsmitglieder nahezu einstimmig, lediglich mit wenigen Enthaltungen.
Rücktritt des Vorsitzenden stößt auf Bedauern und Akzeptanz
Komplett ausgeschieden ist der bisherige Vorsitzende Wolfgang Koll nach nunmehr fast zehn Jahren. Mit einem lachenden und einem tränenden Auge, denn die Gründe sind vornehmlich privater Natur. Dass Koll das durchaus zeitintensive Amt nicht ewig ausfüllen will, stieß bei allem Bedauern auf volle Akzeptanz.
Vorläufig will sich der nun ehemalige Vorsitzende ganz aus „Hand in Hand“ zurückziehen: „In den nächsten Monaten bin ich nicht da“, machte er deutlich. Und ergänzte, dass er erstmal eine Pause braucht. Aber auch seinem Nachfolger nicht im Weg stehen wolle, der müsse sich schließlich in Ruhe einarbeiten können. Ganz den Rücken kehren will Koll dem Verein aber nicht, sondern sich mittelfristig schon wieder engagieren, wenn auch in wesentlich geringerem Umfang.

Die Findungskommission um Bürgermeister Olaf Stelse hat mit dem Kiersper Markus Gorecki einen Nachfolger gefunden, der sofort auf volle Akzeptanz stieß.
Der 57 Jahre alte Kaufmann ist mit einer Industrievertretung selbständig und erklärte in der Vorstellungsrunde, dass er als Förderkraft an Kiersper Grundschulen oder in der nebenberuflichen Weiterbildung schon Tätigkeiten mit Bezug zu sozialen Themen ausgeübt habe. Für „Hand in Hand“ habe er auch das Marketing im Visier und definiert sich als Ideengeber.

„Möchte Menschen helfen, die kein so unbeschwertes Leben haben“
Vertreten wird Markus Gorecki in Zukunft von Armin Jung. Der 63 Jahre alte Bank- und Versicherungskaufmann berichtete, er sei kürzlich in den Ruhestand gewechselt, wenngleich er weiter in deutlich geringerem Umfang für eine Versicherung tätig sei. In Kierspe ist der zweifache Familienvater alles andere als ein unbeschriebes Blatt: Viele Menschen kennen den Liberalen durch seine Arbeit als Ratsmitglied, Jung hatte bei der vergangenen Bürgermeisterwahl kandidiert.
Auch im Kiersper Schützenverein 1899 ist er seit langem aktiv. Als stellvertretender Vorsitzender möchte er den Menschen helfen, die kein so unbeschwertes Leben hätten, wie er seins stets empfunden habe. Armin Jung erwartet allerdings, dass die Tätigkeit organisatorisch anspruchsvoller sei, als die im Schützenverein.

Dr. Axel Karge bleibt im Vorstandsteam
Mit den Worten „Alle kennen Axel“ war die Vorstellung des nächsten Kandidaten schnell erledigt. Tatsächlich gehört der Apothekenmanager Dr. Axel Karge bei „Hand in Hand“ quasi zum Inventar und wechselt – ebenfalls aus persönlichen Gründen – lediglich die Funktion im Vorstand. Er war der Vorgänger von Armin Jung und wurde nun Schriftführer. Damit löst er Gabriele Mavany ab, die dem Vorstand aber als Beisitzende erhalten bleibt.
Auch Petra Crone gehört nicht zuletzt als ehemalige Bundestagsabgeordnete wohl zu den bekannten Kiersper Persönlichkeiten. Die 73-Jährige ließ sich zur Beisitzenden wählen, freut sich aber nach eigenem Bekunden auch auf die Arbeit im „Kleiderschrank“. Dort wurde sie auch Nachfolgerin von Sigrun Wolf, die als Beisitzende ausschied.
„Endlich jemand, der Ahnung von Handwerk hat“
Mit Sigmund Philipp wurde der Vorstand um einen Maschinenbau-Techniker erweitert. Das freut auch den ausgeschiedenen Vorsitzenden Koll: „Endlich jemand, der Ahnung von Handwerk hat“. Der 68-jährige Renter freut sich „auf die Aufgaben, die auf mich zukommen“, und auch auf die geselligen Momente, wie der neue Beisitzer klarstellte: „Ich esse gerne Kuchen.“
Durch die Neuwahlen wuchs die Zahl der Beisitzenden deutlich, denn Rita Kattwinkel und Adjuta Kraus bleiben weiterhin im Amt. Ebenso wie Wolfgang Opitz, dessen Kassenbericht einen wichtigen und umfangreichen Tagesordnungspunkt bei der Jahreshauptversammlung darstellte.
Opitz konnte den Verein als wirtschaftlich kerngesund präsentieren. Das ist für eine soziale Einrichtung mit Aufgaben wie der Lebensmittelversorgung von Bedürftigen alles andere als selbstverständlich. Während sich große Ausgabenposten, wie die Anschaffung neuen Mobiliars, mit 73 Prozent Förderquote noch recht entspannt realisieren ließen, musste der Verein gerade beim Thema Lebensmittel mit massiven Widrigkeiten klarkommen.
Verein versorgt bis zu 490 Personen monatlich
Bis zu 490 Personen wurden monatlich versorgt, eine Zahl die auch durch zahlreiche Geflüchte zustandekam. Dem großen Bedarf auf der einen Seite standen immer weniger Lebensmittelspenden auf der anderen Seite gegenüber.
Darüber hinaus wurde das, was zugekauft werden musste, auch noch deutlich teurer. Kurzum: Eine erhebliche Herausforderung, die aber solide bewältigt wurde. Auch dank es noch immer stabilen Spendenzuflusses.

Für die wirtschaftliche Situation des sozialen Bürgerzentrums „Hand in Hand“ war wohl auch das Verhandlungsgeschick des nun ehemaligen Vorsitzenden Wolfgang Koll verantwortlich, dem der Kiersper Bürgermeister Respekt zollte: „Herr Koll hat das Bestmögliche herausgeholt was machbar war, das darf ich Ihnen versichern“, so Olaf Stelse.
Betont wurde auch die auf allen Ebenen sehr erfolgreiche und angenehme Zusammenarbeit zwischen „Hand in Hand“ und der Verwaltung im Rathaus. Eine Finanzspritze hatte Stelse auch noch im Gepäck: 644 Euro, die aus der Auflösung eines anderen Kiersper Vereins übrig blieben und nun der Arbeit von Hand in Hand zugute kommen soll.
Installation der LED-Beleuchtung verzögert sich
Da die Stadt Kierspe allerdings auch Vermieter des Gebäudes ist, in dem „Hand in Hand“ ansässig ist, kamen auch die Themen Miete und Energieeinsparung auf den Tisch. So wurde betont, dass die Kaltmiete sehr gering sei, und der größte Teil der Raumkosten durch die Energiepreise diktiert würde. Eigentlich sollte bei der Jahreshauptversammlung schon eine neue LED-Beleuchtung präsentiert werden, mit der erhebliche Mengen Strom eingespart werden können.
Die Montage hat sich jedoch verzögert. Allerdings gab es einen interessanten Impuls: So wurde die Idee eingebracht, das Flachdach für Photovoltaik oder Solarthermie zu nutzen. Das ist hinsichtlich der Besitz- und Nutzungsverhältnisse des Anwesens offenbar nicht ganz einfach umzusetzen, dennoch wurde der Vorschlag von Bürgermeister Stelse wohlwollend aufgenommen.
Der neue Vorstand wird sich jedenfalls auf spannende Herausforderungen einstellen können. Der bisherige Vorsitzende verabschiedete sich mit knappen Worten: „Das wars.“ Auf Koll wartet nun sein Fahrrad-Hobby, für das der Vorstand auch ein passendes Abschiedsgeschenk überreichte.