Rund 200 Teilnehmer hatten sich in der Scheune von Hof Schöttler, Am Ebberg 3, versammelt. Sie alle zeigten sich besorgt und fürchteten gravierende Folgen für die Landwirtschaft und die Tierhaltung, aber auch für das Landschaftsbild im Sauerland. Lautstark wurde ein sinnvolles Wolfsmanagement gefordert.
Ursprünglich sollte es in der Gesprächsrunde mit Florian Müller, die schon im Frühjahr im Anschluss an die Bauernproteste geplant worden war, um agrarpolitische Themen gehen. Darauf kam an diesem Abend aber lediglich Rasmus Berghaus, der die Veranstaltung zusammen mit Gastgeber Joachim Schöttler organisiert hatte, kurz zu sprechen. Er kritisierte in seiner Begrüßungsrede, dass die Frühjahrsproteste der Landwirte von den Politikern größtenteils ignoriert worden seien, zeigte sich auch vom Bauernverband im Stich gelassen, protestierte, dass den Landwirten der Agrardiesel gestrichen wurde, dass Bürokratie und Auflagen weiterhin zunähmen und kritisierte ganz pauschal die Politik der Bundesregierung. Dann aber drehte sich alles ausschließlich um das Thema Wolf. Unter dem Beifall der Anwesenden forderte Rasmus Berghaus: „Der Wolf muss sofort ins Jagdrecht. Der Bestand muss in großer Menge reduziert werden, wie es bei anderen Wildarten auch geschieht.“
Heftig wurde kritisiert, dass es „wieder einmal ewig dauert“, bis längst notwendige Entscheidungen getroffen werden. Florian Müller pflichtete bei, verwies auf andere EU-Staaten und meinte, Wolfsmanagement ginge schon heute. Insbesondere die Hobbyhalter fühlten sich von der Politik im Stich gelassen, weil ihnen bauliche Maßnahmen wie die Errichtung von Schutzzäunen oder Schutzbauten im Gegensatz zu den Landwirten erst gar nicht erlaubt sind.
Weidehaltung bald so nicht mehr möglich?
Die Landwirte wiederum wissen nicht, wie sie derartige Maßnahmen ohne ausreichende Zuschüsse finanzieren sollen. Einzelne Betriebe erwägen daher, die Tierhaltung aufzugeben. Bei etlichen Hobbyhaltern ist das bereits jetzt der Fall. Weidetierhaltung sei bald nicht mehr möglich, klagten die Landwirte. Aber die werde doch gerade von allen Seiten begrüßt und sogar gefordert. Sie komme dem Tier und dem Verbraucher zugute und sichere zudem die Biodiversität des Bodens. Der Verbreitung des Wolfes müsse Einhalt geboten werden. „Wenn sich da nichts tut, gilt für mich die Drei-S-Regel: Schießen, schaufeln und Schnauze halten“, empörte sich eine Landwirtin. In den Niederlanden werde das bereits so praktiziert. Natürlich wolle sie gegen keine Regeln verstoßen, aber es müsse sich endlich was tun.
Wie komplex das Thema Wolf ist, wurde in den zahlreichen Wortbeiträgen deutlich. Mehrere Betroffene meldeten sich zu Wort, deren Schafe Opfer von Wolfsrissen geworden sind. Sie beteuerten, dass ihnen nicht nur wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. „Wir haben eine emotionale Bindung an die Tiere, die gehören für uns zur Familie.“ „Manni und Olaf hat der Wolf geholt“, klagte Ute Rittinghaus vom Gnadenhof Hervel. Sie hatte die beiden Schafe liebevoll gepflegt und aufgepäppelt. Nicht nur sie, auch viele andere Anwesende versicherten, dass ihnen die Sorge um ihre Tiere schlaflose Nächte bereite. Schon mehrfach hatte Stephanie Dietrich vom Gestüt Wickeschliede das Heulen der Wölfe aufgeschreckt. Lena Rentzing empörte sich, dass sie es nicht mehr wage, ihre Kinder im Wald spielen zu lassen, und fügte hinzu: „Das geht nicht nur mir so.“ Florian Müller, selbst Familienvater, teilte die Sorge und meinte, er wolle seine Kinder auch nicht in einem solchen Wald spielen sehen.
Überhaupt zeigte sich der Bundestagsabgeordnete als verständnisvoller Zuhörer und betonte, dass bei allen Fragen des Tier- und Naturschutzes letztlich der Mensch im Mittelpunkt stehe. Es sei in Ordnung, dass es den Wolf gebe. Aber das Sauerland lebe davon, dass die Kulturlandschaft gepflegt werde. Dazu gehöre auch die Tierhaltung und damit deren Schutz. Es müsse auch wolfsfreie Zonen geben. Müller versicherte, dass er die Fragen, Sorgen und Forderungen der Sauerländer in Berlin zur Sprache bringen werde. Er sei noch nie auf einem betroffenen Hof gewesen. Aber wenn ihn einer der Betroffenen bitten würde, käme er der Einladung gerne nach, sich das persönlich anzusehen.
Auch nachdem sich der Bundestagsabgeordnete verabschiedet hatte, standen viele Teilnehmer in Gruppen zusammen und diskutierten weiter. Matthias Maag, Landwirt aus Plettenberg, zog den Vergleich zu einer Veranstaltung mit dem gleichen Thema, die vor Jahresfrist in seiner Heimatstadt stattgefunden hatte, und meinte, dass sich seitdem im Jagdrecht nichts geändert habe. Das Problem habe sich jedoch zugespitzt, weil die Wolfsrisse deutlich zugenommen hätten. Eine weitere öffentliche Versammlung zum Thema Wolf, auch das war zu hören, sei demnächst von der Unteren Naturschutzbehörde geplant.