Föhne wirbeln das Fell hoch. Schermaschinen summen. Kühe muhen. Eine Szenerie zwischen konzentrierten Blicken und Kuschelmomenten. Auf dem Hof Mickenhagen zwischen Halver und Wipperfürth treffen sich aktuell 18 Jungzüchter aus NRW und Rheinland-Pfalz. Sie wollen lernen, wie sie ihre Tiere bestmöglich auf Zuchtschauen präsentieren und in Szene setzen können.
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Heute steht das Frisieren der Kühe im Fokus – und dazu gehört eben auch das Waschen und Föhnen. Für Romy Steinmann aus Bottrop-Kirchhellen ist das neu. Sie lebt auf einem Hof mit 740 Kühen. „Ich suche mir ab und zu ein Kalb mit guten Eltern aus und gewöhne es ans Halfter“, erzählt sie von ihren ersten Erfahrungen als Jungzüchterin. Dass man das Fell vorm Scheren erst hochföhnen müsse, habe sie überrascht. Ihr Wissen möchte sie auf einer der nächsten Zuchtschauen direkt anwenden. Die 13-Jährige freut sich zudem, hier auf dem Hof neue Leute zu treffen. Sich austauschen.
Die Rinder Union West (RUW) hat den Workshop erstmals organisiert, der auf dem Hof von Annette und Marco Mickenhagen stattfindet. Für das Ehepaar ist es selbstverständlich, den 10- bis 16-Jährigen ihr Gelände zur Verfügung zu stellen. „Höfe sterben immer mehr aus. Hier sehen die, die noch dafür brennen, dass andere das auch tun“, sagt die Landwirtin. Der Austausch mit Gleichgesinnten sei wichtiger denn je. Es gehe auch darum, Fachwissen weiterzugeben, an das die jungen Menschen nur schwer gelangen können, macht Friederike Laustroer (RUW Öffentlichkeitsarbeit) deutlich.
„Auf den Zuchtschauen wird etwas von den Jugendlichen erwartet, was sie im elterlichen Betrieb vielleicht nicht vermittelt bekommen.“ Diese Lücke soll der Workshop schließen. Die Teilnehmer lernen neben dem Styling der Tiere auch das Führen vorm Preisrichter, sowie die Kopf- und Strickhaltung. Oder das Betten-Bauen aus Stroh und Sägespänen; die wie eine Lasagne geschichtet werden.
Doch auch wenn die Landwirtschaft derzeit Nachwuchssorgen habe, rund die Hälfte der RUW-Teilnehmer bewegte sich schon auf bundesweitem Zuchtschau-Parkett, so Laustroer. Das Interesse am Beruf ist da. Die Hoffnung sei natürlich, dass die Tiere der Jungzüchter künftig noch besser bewertet und entsprechend hochpreisiger verkauft werden können. Ganz nebenbei können sie sich ihr eigenes Netzwerk aufbauen. Denn sie sind die nächste Generation der Landwirte.
Hand in Hand arbeiten auf dem Hof Mickenhagen inzwischen drei Generationen. Erstmals 1880 in Büchern erwähnt, ist die Hofschaft mit einer Fläche von 110 Hektar seither in Familienbesitz. 120 Milchkühe plus Nachzucht sowie 800 Mastschweine leben hier. Dazu kommt Getreidebau, Ackerfutterbau und Grünland. Erst vor zwei Jahren haben Marco und Annette Mickenhagen in einen Melkrobotor investiert, viele Prozesse automatisiert. Ein klares Bekenntnis zur Branche; auch, weil sie Landwirte ausbilden. „Ich bin so groß geworden“, erzählt Annette Mickenhagen von ihren Anfängen als Jungzüchterin.
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Als sie dann selbst Kinder hatte, waren auch die „schnell Feuer und Flamme“, nahmen an Olympiaden teil. Für sie sei es selbstverständlich, dem RUW-Nachwuchs auf ihrem Hof eine Plattform zu bieten. Drei Tage wohnen und lernen die Jugendlichen bei Mickenhagens und übernachten zusammen in einem großen Seminarraum. Ein Abenteuer für alle Beteiligten. Romy wird sicher viele Eindrücke mit nach Bottrop-Kirchhellen nehmen. Die Tiere hier vor Ort hat sie direkt ins Herz geschlossen. „Die waren sofort richtig lieb; ich kann sogar mit ihnen kuscheln.“