„Die Schweizer Reformation ist eigentlich das Pendant zur lutherischen Reformation“, erklärt Pfarrerin Mara Schwäbe. Es gab auch dort ein Ereignis, das vergleichbar war mit dem Thesenanschlag von Luther. Dort sei es Züricher Wurstessen gewesen. „Damit ging damals quasi alles los. Auch am ersten Sonntag nach Aschermittwoch, also dem ersten Sonntag in der Passionszeit. Allerdings 1522“, berichtete die Pfarrerin den Anwesenden.
Die Schweizer Reformation war eine tiefgreifende religiöse Bewegung, die im 16. Jahrhundert begann und die Gesellschaft, Politik und Kirche der Schweiz grundlegend veränderte. Als Teil der größeren europäischen Reformation, die von Martin Luther in Deutschland angestoßen wurde, entwickelte sich in der Schweiz ein eigenständiger Reformzweig, der besonders stark von Huldrych Zwingli in Zürich geprägt wurde.
Das sogenannte Wurstessen markierte den Anfang. An diesem Tag verzehrten einige Zürcher Bürger während der Fastenzeit bewusst Würste – eine klare Provokation gegen die Vorschriften der katholischen Kirche, die den Fleischkonsum während der Fastenzeit verbot. Der reformatorische Prediger Huldrych Zwingli verteidigte dieses Verhalten in einer Predigt und argumentierte, dass das Fasten nicht durch biblische Gebote, sondern lediglich durch kirchliche Traditionen vorgeschrieben sei. Zwingli betonte dabei, dass der Glaube allein auf der Bibel basieren solle und dass Menschen in Fragen der Lebensführung mehr Freiheit hätten, als die Kirche ihnen zubilligte. Dieses Wurstessen gilt als Startpunkt für die Zürcher Reformation und als Zeichen für die Unabhängigkeit der neuen religiösen Bewegung vom Einfluss der katholischen Kirche.
Huldrych Zwingli war der zentrale Reformator in der Schweiz, vor allem in Zürich. Am Abend wurde ein Film über das Leben und Wirken des Reformators im Gemeindehaus gezeigt. Als Pfarrer am Zürcher Großmünster entwickelte er reformatorische Gedanken, die sich teils von Luthers Ansichten unterschieden. Zwingli setzte auf die Rückbesinnung auf die Bibel als alleinige Quelle des Glaubens, wandte sich gegen den Heiligenkult, den Ablasshandel und den Zölibat der Priester. Zudem war Zwingli ein Befürworter einer umfassenden Erneuerung der Gesellschaft und der Bildung, sodass seine Reformation weit über die religiösen Fragen hinausging. Unter seinem Einfluss wurde Zürich zu einem Zentrum der Reformation in der deutschsprachigen Schweiz.