Die Pläne für die Zeit nach ihrem Abitur platzten – also beschloss die gebürtige Schalksmühlerin Lilla Gebauer spontan an einem Projekt in Uganda teilzunehmen. Sie berichtet im Gespräch mit LokalDirekt, dass sie über eine Organisation eine Unterkunft für ihren Aufenthalt in Uganda buchte und bei einer Familie unterkommen sollte.
In Uganda ist es nicht typisch, fließendes warmes Wasser zu haben. Daher war Lilla zunächst überrascht, als die Organisation ihr zusicherte, in der Unterkunft sei dieser Komfort vorhanden. Außerdem sollte sie in einer Schule/ einem Jugendzentrum arbeiten, um Kinder im Grundschulalter zu betreuen. Als sie vor Ort war, kam es allerdings anders als erwartet.
Aber von Anfang an: Lilla Gebauers Entscheidung, nach Uganda (Afrika) zu gehen, war impulsiv und eher aus dem Bauch heraus, nachdem ihre eigentliche Planung für den Sommer geplatzt war. Lilla meldete sich bei einer Organisation an, die Volunteer-Projekte in Uganda begleitet und unterstützt. Diese Organisation kümmert sich um die Unterkunft und um die Arbeitsstelle vor Ort. Flüge musste die 19-Jährige selbst buchen, auch um die Impfungen und das Visum musste sie sich kümmern.

Alle Vorkehrungen getroffen, ging es am Abend des 20. Juni für die Schalksmühlerin auf ihre Reise nach Afrika. Bei ihrer Gastfamilie angekommen, lernte sie die sechsköpfige Familie – inklusive einer jungen Frau – kennen, die auch bei der Familie wohnt und diese als Kindermädchen/Haushälterin unterstützt. Außerdem machte sie die Bekanntschaft mit zwei weiteren Volunteers, die ebenfalls bei der Gastfamilie wohnen. „Warmes Wasser gibt es in der Unterkunft nicht, dafür aber ein Plumpsklo mit Spülung“, erzählt Lilla.
Die ersten Tage verbrachte sie damit die Umgebung zu erkunden. Zum ersten Mal in ihrem Leben fuhr sie mit einem Motorradtaxi, dem „Boda Boda“. „Die Menschen vor Ort ignorieren Ampeln und Zebrastreifen gekonnt“, sagt Lilla Gebauer. „Jeder fährt so wie er will.“ Sie machte eine Tour durch Jinja (viertgrößte Stadt Ugandas) und zum Nil. Außerdem besichtigte sie Kampala, die Hauptstadt Ugandas. Sie berichtet, dass die Stadt laut, bunt und chaotisch sei.

Viele Einheimische hätten sie permanent angesprochen, die meisten hätten sie gefragt, wie es ihr geht, manche wollten ihr aber auch einen Ring kaufen, um sie zu heiraten. Außerdem fand Lilla auf ihrer Tour heraus, dass die Menschen vor Ort sie „Mzungo“ („Mussungo“ ausgesprochen) nennen, was so viel bedeutet wie „anders“ oder auch „Weiße“. Die Einheimischen bezeichnen so Menschen mit weißer Haut.
Die 19-Jährige lernte schell, dass sie beim Einkaufen verhandeln muss, da die Verkäufer bei Touristen gerne einen Aufpreis nehmen. Sie beobachtete, dass die Menschen vor Ort sehr geduldig, vertraut und hilfsbereit miteinander umgehen, jedoch seien sie oft sehr direkt. „Außerdem ist Pünktlichkeit keine große Stärke der Ugander“, sagt Lilla.
Arbeit in einem „Babys Home“ statt in einer Schule
Der Montag nach ihrer Ankunft war dann der erste Tag in ihrem neuen Job. Dort stellte sich heraus, dass sie nicht – wie geplant – in einer Schule/einem Jugendzentrum arbeitet, sondern dass es sich um ein „Babys Home“ (Kinderwohnheim) handelt. Dort kommen Babys und Kleinkinder unter, deren Eltern verstorben sind oder sich um das Sorgerecht vor Gericht streiten. Auch leben dort Kinder, die zuhause nicht richtig versorgt oder misshandelt wurden. „Hätte ich die Umstände vorher gekannt, hätte ich mich für ein anderes Projekt entschieden“, erzählt Lilla Gebauer. Trotzdem habe sie sich entschieden, zu bleiben und ihr Bestes zu geben.
In ihrer ersten Woche in Afrika erkrankte sie an einer starken Erkältung und Magenbeschwerden. Als sie sich besser fühlte, setzte Lilla Gebauer ihre Arbeit im „Babys Home“ fort. „Für mich ist es eine große Herausforderung, mich von fremden Kindern anfassen und ansabbern zu lassen“, sagt die 19-Jährige.
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Die anderen angestellten „Baby Home“-Mitarbeiter und freiwilligen Helfer seien nicht sehr gesprächig und kommunikativ, was die Arbeit für Lilla Gebauer trister macht. Sie weiß, dass jeder einzelne Mitarbeiter einen großen Unterschied im Leben der Kinder leistet – und dieses Wissen helfe ihr durchzuhalten und den Kindern die nötige Aufmerksamkeit und Liebe zu schenken, die sie zuhause nicht bekommen hätten. Es motiviere sie zu wissen, dass allein ihre Anwesenheit den Kindern ein Stückchen mehr Sicherheit verspüren lässt.
Ihre Hauptaufgaben im „Babys Home“ beschränken sich auf das Aufpassen der Babys, Geschirrspülen sowie Wäsche aufhängen, abhängen und falten. Auch einen Ausflug hat Gebauer mit den Kindern und Kollegen erlebt: Sie waren in einem Schwimmbad in der Nähe. „Für die Menschen vor Ort ist dies ein Luxus und die meisten Einwohner können es sich nicht leisten, aus Spaß schwimmen zu gehen“, erklärt sie.
In ihrem afrikanischen Zuhause wird zwischen 20 und 21 Uhr zu Abend gegessen. Meist gibt es Matooke (gedämpfte grüne Bananen) mit Reis und Gemüse. Kartoffelpüree aus echten deutschen Kartoffeln sei ein Höhepunkt gewesen, was das Abendessen angeht.

Inzwischen war Lilla Gebauer auch zum ersten Mal auf Safari. Sie und ihre Freundin fuhren rund acht Stunden in den Süden zum „Lake Mburo“. Die Hotelzimmer waren Zelte mit eigenem Badezimmer. Auf Safari haben die beiden Europäerinnen Nilpferde, Giraffen, Zebras und Affen gesehen. Dabei lernten sie: „Nilpferde sind die gefährlichsten Tiere Afrikas und Zebras haben einen individuellen Po – ähnlich wie wir mit unserem Fingerabdruck.“
Am Welt-Schimpansen-Tag ist die 19-Jährige mit Bekannten in das „Schimpansen Sanctuary“, ein Schutzgebiet für verwaiste Schimpansen, gefahren, das auf einer Insel vor Entebbe liegt. Dort lernte Lilla Gebauer Sydney, die „Miss Tourism Uganda 2022“ kennen.
An einem anderen Tag besuchte Lilla eine Bekannte in einer Schule. Dort fiel ihr auf, dass die Klassenräume, aufgrund der starken Armut vor Ort, sehr einfach eingerichtet sind. Eine Mitarbeiterin erzählte ihr, dass die Schule große Geldsorgen hätte und sie nicht wüsste, mit welchem Geld die Schüler Essen bekommen sollen und die Lehrer bezahlt werden sollen.

Sobald Lilla im August aus Uganda zurück nach Deutschland reist, ist es ihr Plan, heiß zu duschen und sich dann auf ihr Psychologiestudium vorzubereiten.