Zeit hat sie gewonnen, aber die Krankheit war letztlich stärker. Mitte 2023 hatte Welschof die Diagnose bekommen, die eigentlich keine Hoffnung mehr ließ: Bauchspeicheldrüsen-Krebs, der gestreut hatte. Als Jule und Paula spiegeln die beiden Freundinnen in dem Buch ihre Korrespondenz, den Austausch, die Anteilnahme, die vielen Posts per WhatsApp oder Mail.
Es zeigt das Auf und Ab zwischen Chemotherapien und Kontroll-CTs, zwischen Hoffnung und Niedergeschlagenheit, zwischen Aktivitäten wie Reisen und Kraftlosigkeit nach den Infusionen. Für Verena Welschof, selbst Ärztin, war mit der Diagnose sofort klar, „was es bedeutet“. Es habe ihr „den Boden unter den Füßen weggerissen“, sagt sie. Gleichzeitig habe der Verstand als Notprogramm funktioniert. „Das hält handlungsfähig“, blickte sie zurück. Wichtig war ihr „sich psychisch gut aufzustellen“, die Kontrolle zu behalten und „sich dem Leben positiv zu stellen“, sich zu fragen: „Was tut mir gut?“.
Ziel: Zeit zu gewinnen
Bis zuletzt wollte Verena Welschof ein normales Leben führen, suchte soziale Kontakte, den Austausch, die Inspirationen durch Gespräche mit anderen, die ihr immer wichtig waren. Sie hatte sich lange im Kiersper Chor Cantamus engagiert, hatte ein offenes Ohr für Menschen, die sich an die Telefonseelsorge wandten. Sie ging offen mit ihrer Krankheit um, setzte damit ein Zeichen, sich nicht aufzugeben. Dafür nahm sie Termine mit Lesungen und Interviews auf sich. Für sie war es „eine gute Ablenkung“.
Immer aber ging es auch darum, Zeit zu gewinnen. Zeit, um Abschied nehmen zu können, Momente zu genießen, Kontakte zu pflegen und neue Erfahrungen zu machen. Neugier war für sie „ein Hauptgrund für das Durchhalten, für Freude am Dasein, für prickelnde AHA-Effekte, für dauerhaftes Stauen“, reflektiert sie im Austausch mit ihrer Freundin und Co-Autorin Gisela Steinhauer. Ein Ziel war es, die Hochzeit des Sohnes im Herbst 2023 in Griechenland mitzuerleben – Das hatte geklappt. Die Chemos gingen weiter, „die ich immer widerwilliger über mich ergehen lasse. Aber noch sage ich: Es ist es wert“, heißt es gegen Ende des Buches. Bei dessen Präsentation Ende Dezember hatte sie das nächste Ziel schon vor Augen: die erwartete Geburt des vierten Enkelkindes im März. Wenige Tage nach der Geburt des Enkelkindes reichten die Kräfte nicht mehr.
Sie stellte sich mit dem Buch einem Thema, über das man nicht gerne spricht. Ein Buch, das Lebenshilfe sein kann, in einer Situation, die aussichtslos erscheint. Sie machte aber auch deutlich, wie wichtig Vertrautheit und Empathie sind – um miteinander zu lachen, aber auch Krisen zu bewältigen. Ein Rezept: die Situation annehmen. „Ich bin noch nicht weg“ – ein Statement, das überlebt, eine Botschaft, die über den eignen Tod hinaus Mut macht.