Halver. Geimpft, getestet, genesen – die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz verlangt von Arbeitnehmern die Erfüllung einer der drei G – und der Arbeitgeber muss diese überprüfen. Befolgt er die Empfehlung der Bundesregierung, nutzt er dazu die „CovPassCheck-App“. Wenn nach dem Scannen des Impf- oder Genesenenzertifikats ein grünes Ergebnis in der Check-App erscheint, gilt das Zertifikat in Deutschland als gültiger Nachweis.
Als in dieser Woche ein Halveraner Unternehmer das Testzertifikat seiner Mitarbeiterin überprüfte, zeigte die App ein anderes Ergebnis: „Zertifikat nicht gültig“, „QR-Code nicht lesbar“, „ungültige Signatur“. Laut App sei das Zertifikat nicht von einer autorisierten Stelle ausgestellt worden und es gehöre somit nicht zu einem digitalen Covid-Zertifikat der EU, so der Hinweis in der App.
Auch nach mehrmaligem Wiederholen änderte sich an der Anzeige der App nichts. Auf die Frage, wo das Zertifikat ausgestellt worden sei, konnte die Arbeitnehmerin nur ungenaue Angaben machen. Als offizielle Person, die den Test beaufsichtigt haben soll, war eine Verwandte der Arbeitnehmerin angegeben. Erstellt worden war das Zertifikat im Namen eines Nürnberger Arztes.
Spätestens jetzt keimte in dem Unternehmer der Verdacht, dass es sich bei dem vorgelegten Zertifikat um ein nicht zulässiges Dokument handeln könnte. Er bat die Arbeitnehmerin vorerst den Arbeitsplatz zu verlassen, informierte das Ordnungsamt und im nächsten Schritt LokalDirekt. „Ich möchte das Thema öffentlich machen, damit nicht noch mehr Arbeitnehmer aber auch Arbeitgeber darauf reinfallen“, begründet der Halveraner seine Entscheidung.
Für zehn Euro als „Fachperson“ zertifizieren
Das Zertifikat liegt der Redaktion vor. Erste Recherchen führen unmittelbar zu einem Bericht der Tagesschau, in dem die Vorgehensweisen des Internet-Portals „Test Express“ beleuchtet werden. Und tatsächlich – auch der auf dem Testzertifikat vermerkte Nürnberger Arzt ist mit einer „@test-express.de“-Adresse aufgeführt. Im Impressum des Portals taucht zudem der Name CliniGo GmbH auf.
Die Recherchen der Tagesschau vom 5. November ergaben folgendes Ergebnis:
„Seit einigen Wochen bietet das Internet-Portal „Test-Express“ Online-Bescheinigungen über negative Sars-Cov-2-Testungen an. Durch das Abspulen eines Videos und gegen Zahlung von zehn Euro kann man sich dort als „Fachperson“ zertifizieren lassen, die online für andere die begehrten Testbescheinigungen ausstellen kann. Recherchen von tagesschau.de haben gezeigt, dass dies auch ohne Überprüfung der Identität oder den Nachweis eines tatsächlich durchgeführten Tests möglich ist.“
Der auf dem Zertifikat aufgeführte Arzt aus Nürnberg – den es tatsächlich gibt – soll laut Tagesschau-Recherchen indes ohne Genehmigung aufgeführt sein. Die angegebene Telefonnummer endet in einer Bandansage, von der sich der Mediziner bereits distanziert hatte. Dabei handele es sich nicht um seine Stimme. Überdies erklärte er, „dass er die Verantwortung für die Durchführung der Test ablehne, da er keinerlei Einfluss auf die Vorgehensweise habe“. Allerdings habe es mit dem Unternehmen einen mündlichen Vorvertrag – vorbehaltlich einer positiven Stellungnahme des Anwalts des Mediziners – gegeben.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Mehrere Ministerien und Institutionen hätten laut Tagesschau der Darstellung von „Test-Express“ widersprochen, laut der die verkauften Testate den Anforderungen für 3G-Kontrollen entsprechen. Die zuständigen Ordnungs- und Polizeibehörden ermittelten inzwischen gegen die Firma.
Wie die Staatsanwaltschaft in Hagen auf Anfrage von LokalDirekt bestätigte, laufen derzeit tatsächlich mehrere Verfahren gegen die CliniGo GmbH. Pressereferent Dr. Gerhard Pauli gab an, dass es sich bei dem Firmensitz Wetter an der Ruhr lediglich um eine Briefkastenadresse handele. Derzeit prüfe die Staatsanwaltschaft, ob es sich bei den dubiosen Zertifikatserstellungen von „Test-Express“ um einen Straftatbestand handele. Fest stehe aber schon jetzt, so Pauli, dass die ausgegebenen Dokumente keine verwertbaren Zertifikate darstellen und somit wertlos seien. Die Machenschaften von „Test-Express“ seien reine Geldmacherei.
„Nichtsdestotrotz stellt das Portal, das sich rühmt, mehr als 50 000 Fachpersonen in der Datenbank zu haben, weiter Bescheinigungen aus“, konsterniert die Tagesschau in ihrem Bericht.
Der Halveraner Unternehmer tat das einzig Richtige und wandte sich umgehend an die städtische Ordnungsbehörde. Auf Anfrage von LokalDirekt bestätigte Fachbereichsleiter Thomas Gehring den Vorfall und gab an, man werde nun eingehend prüfen, ob Verstöße vorliegen – auch in Absprache mit dem Gesundheitsamt. Zudem werde man sich im weiteren Verlauf bestehenden Verfahren anschließen. Gehring betonte in diesem Zusammenhang, dass Arbeitgeber sorgfältig vorgelegte Zertifikate überprüfen sollten – die Check-App sei dabei ein einfaches und zuverlässiges Mittel.