„Es waren mir am Ende einige Zufälle zu viel“, resümierte die vorsitzende Richterin Heike Hartmann-Garschagen im Rahmen der Urteilsverkündung am Freitag, 13. Dezember, vor dem Hagener Landgericht. Die Kammer, so führte sie weiter aus, hielt die Ausführungen des Angeklagten, dass seine Ehefrau in ein ihm unbekanntes Auto gestiegen sei, für nicht glaubhaft: „Es muss jemand aus dem häuslichen Umfeld gewesen sein. Für eine Person von außen hätte es keinen Grund gegeben, die Tat zu vollziehen und die Leiche zu entfernen.“ Noch dazu hätte sie sich laut den Schilderungen ihres Ehemannes auf Socken und ohne Handy, Schlüssel und Portemonnaie vom Grundstück entfernt – auch diese Schilderung zweifelte die Kammer an.
„Angeklagter hatte als einziger ein Motiv“
Das Motiv sei der Streit gewesen, der sich im Vorfeld zwischen den Eheleuten abspielte. Die Situation sei sicher emotional aufgeladen gewesen, jedoch konnte die Kammer nicht zu dem Schluss kommen, dass eine Affekthandlung vorlag: „Der Streit war schon mehrere Stunden im Gang und kann daher nicht dazu geführt haben, dass der Angeklagte sich in einem sogenannten Tunnel befand.“ Die Streitereien, die sich in letzter Zeit häuften, seien darüber hinaus nicht „über ein normales Maß hinausgegangen.“ Es hätte Meinungsverschiedenheiten über die zukünftige Nutzung des Hofes und der Werkstatt gegeben, aber die Vorgeschichte führte nach Ansicht der Kammer nicht zu einer Affekthandlung.
„Kein schicksalhafter Verlauf einer aus dem Ruder gelaufenen Auseinandersetzung“
Laut Zeugenaussage der Gerichtsmedizinerin hatte der Angeklagte seine Ehefrau mindestens drei bis fünf Minuten lang gewürgt. „In dieser Zeit sieht man, wie das Leben weicht, und kann zur Besinnung kommen“, begründete die Vorsitzende das Urteil weiter. Außerdem habe der Angeklagte anschließend – „alleine oder mit Hilfe einer weiteren Person“ – die Leiche zum Fundort gebracht.
„Steuerungsfähigkeit eingeschränkt, aber keinesfalls aufgehoben“
Die Angaben des Angeklagten, wie viel Alkohol er an dem Tag konsumiert hat, seien „medizinisch nicht gut nachvollziehbar.“ Bei einer für ihn „bestmöglichen“ Berechnung musste der Blutalkoholspiegel zur Tatzeit bei mindestens 3,3 Promille gelegen haben: „Bei diesem Wert besteht Lebensgefahr. Die Angaben lassen sich nicht mit den Schilderungen der Zeugen vereinbaren.“
Fest stünde jedoch, dass er an dem Tag Alkohol getrunken habe: Laut der Aussagen der Freunde des Sohnes hätte er sich gegen 20.30 Uhr an der Motorhaube eines Fahrzeugs in der Halle auf dem Hof abstützen müssen, die Sprache sei verwaschen gewesen: „Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war eingeschränkt, aber keinesfalls aufgehoben.“
In diesem Punkt konnte die Kammer den Ausführungen des Sohnes, nach denen der Angeklagte schon in den Mittagsstunden stark alkoholisiert gewesen sei, nicht folgen: „Der Zeuge hatte sicherlich ein Motiv, den Vater hier ungeschoren davonkommen zu lassen“, führte die Richterin aus. Jedoch würden seine Schilderungen nicht zu der Nachricht passen, die die Ehefrau des Angeklagten um 19.43 Uhr an ihren Sohn schickte: „Schick die Jungs weg, Papa hat gut getankt.“ Die Vorsitzende warf die Frage in den Raum, warum die Getötete so lange mit dem Hinweis warten sollte, wenn der Angeklagte schon am Mittag stark betrunken gewesen wäre.
„Maximal mittelgradige Depression“
Im Bezug auf die Schuldfähigkeit des Beklagten führte die Vorsitzende aus, dass zum Zeitpunkt der Tat eine „maximal mittelgradige Depression“ vorgelegen hätte. Der Sachverständige hätte eine „klassische Erschöpfungsdepression“ diagnostiziert. Darüber hinaus „neigen depressive Menschen eher zum Rückzug als zu gewalttätigen Handlungen.“
Daher sah die Strafkammer keinen Zusammenhang zwischen der Depression des Angeklagten und der Tat.
Schlussendlich kam die Kammer zum Entschluss, dass kein minderschwerer Fall vorlag. Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten sei nicht aufgehoben gewesen.
Daher hielt sie eine Freiheitsstrafe von insgesamt neun Jahren mit Blick auf Schuld und Tat für angemessen.