Donnerstag, 13. Juli, 8.30 Uhr am vielleicht schönsten Ort in ganz Halver: Der Herpine. Noch vor der regulären Öffnungszeit des Bades zieht der – seit kurzem pensionierte – Lehrer Stefan Beinborn seine Bahnen im Wasser. Wie eigentlich jeden Morgen innerhalb der Saison. „Ich bin schon fertig für heute“, erklärt er mit Blick auf seine Smartwatch.
„Genießen Sie das Wasser, dann können wir gleich gemeinsam Kaffee trinken“, fügt er noch an, ehe er in Richtung der Umkleidekabinen verschwindet. Und tatsächlich: Das Wasser ist wärmer als erwartet, die Luft klar, das Waldfreibad menschenleer – die gesamte Atmosphäre fühlt sich fast wie ein Urlaubstag an.

„Die Herpine ist sowas wie meine zweite Heimat“, erklärt er wenig später beim versprochenen Kaffee auf der Terrasse des Waldfreibades. „Ich bin eigentlich jeden Tag hier“ und das schon seit vielen Jahren: Begonnen, so erklärt er, hat alles im Jahr 1997 – nach einem Schwimmfest in der Herpine.

„Du bist ja ganz schön schnell geschwommen, woher kommst du denn eigentlich?“ Mit diesen Worten überreichte mir der damalige Bürgermeister der Stadt Halver, Klaus Tweer, die Urkunde. Von dem Tag an, so Beinborn, sei er dann nicht nur Stammgast, sondern auch schon bald ehrenamtlicher Rettungsschwimmer in der Herpine gewesen. Und er hält dem Waldfreibad bis heute die Treue.
Mit dem Sport selbst verbindet Beinborn eine lebenslange Historie, denn bereits in seiner Jugend war er Leistungsschwimmer, bis er irgendwann nur noch für sich selbst geschwommen ist. Auch heute noch schwimmt er, nach eigenen Angaben, täglich „irgendwas zwischen 1000 und 1500 Metern.“ Im Winter absolviert er das Pensum im Hagener Westfalenbad, in der Zeit von März bis September im Waldfreibad. Auf die Frage, ob es im Frühjahr und im Herbst denn nicht zu kalt sei, antwortet er: „Entscheidend ist die richtige Bekleidung.“ Sprich: Neoprenanzug – „und Neoprenschuhe, damit man keine kalten Füße bekommt.“

Die Herpine bedeutet für Beinborn jedoch mehr als nur schwimmen: Neben seiner Tätigkeit als Schwimmmeister – diese Saison, so erklärt er mit Bedauern in der Stimme, kann er wegen eines neuen Kniegelenks nicht am Beckenrand aufpassen -, stattdessen steht er hinter der Kasse.
„Ich gebe gerne was zurück und helfe, wo ich kann“, sagt er und deutet auf die Familie Hutt, die ein paar Tische weiter ebenfalls auf der Terrasse sitzt. „Eine intensive Freundschaft“ verbindet ihn mit der Familie: „Nach meiner Krebserkrankung im Jahr 2014 erwartete mich hier ein reservierter Liegestuhl – damit ich mich ausruhen kann.“

Erlebt und mitgemacht hat er im vergangenen Vierteljahrhundert einiges: „Besonders schwierig war es unter Corona, als wir eine Weile nur eine bestimmte Anzahl Besucher reinlassen durften. In der Zeit habe ich dann am Eingang gestanden und konnte erst, wenn Gäste das Freibad verließen, neue hineinlassen.“
Aber auch die „Jahrhundertflut“ im Juli 2021 ist Beinborn im Gedächtnis geblieben: „Die Volleyballfelder waren überschwemmt, das Becken komplett verdreckt. Wir mussten erst mal das Wasser ablassen und alles säubern.“

Für diese Saison, so Beinborn, hoffen die Betreiber noch auf ein paar heiße Tage wie am vergangenen Wochenende. Dann kommen Besucher aus dem ganzen Ruhrgebiet nach Halver. Apropos Saison: Es werden, so betont er, noch dringend Helfer für den Kiosk gesucht.“
Wünschenswert seien Bewerber, die bereits über Erfahrung in der Gastronomie verfügen. Mit dem vorhandenen Personal sei der Ansturm an manchen Tagen kaum zu bewältigen: „Wenn die Leute ins Freibad gehen, wollen sie auch Pommes und Currywurst essen. Oft entsteht hier eine lange Schlange.“

In ein paar Tagen, so Beinborn, fährt er in den Urlaub – mit dem Wohnwagen, wie schon seit vierzig Jahren. Gegenüber vom Campingplatz befindet sich ein Schwimmbad – ohne würde es schließlich auch im Urlaub nicht gehen. Anschließend, so versichert er, ist er jedoch direkt wieder in der Herpine anzutreffen. Und nicht nur das: „Dank meiner Pensionierung werde ich zukünftig wahrscheinlich noch etwas mehr Zeit als bisher hier verbringen.“