Auch wenn viele es schon vorher wussten: Die Rechtswähler tragen nicht mehr ausschließlich Springerstiefel und malen Hakenkreuze. Sie sind Lehrer, Verwaltungsbeamte, Kassierer, Rentner, Schüler, Azubis, Vorstände. Sie besuchen Schützenfeste und feiern Karneval. Sie wählen impulsiv, entscheiden ohne Weitsicht, wollen sogenannte Werte vertreten, ohne sich über die Konsequenzen ihrer Stimme bewusst zu sein. Sie hinterfragen nicht, warum AfD-Politiker von „Mischvölkern“ (Jens Maier), einem „Massenaustausch der Bevölkerung“ (Beatrix von Storch) und einer „Entsorgung“ der Integrationsbeauftragten Aydan Özoğuz (Petr Bystron) sprechen.
Sie blenden es aus oder es ist ihnen schlichtweg egal. Oder sie behaupten, dass es ihnen mit ihrer Wahl darum gar nicht ginge, sondern um einen Wandel. Es müsse „etwas passieren“. AfD-Wähler sind nicht ausschließlich Nazis, viele verwehren sich bestimmt auch rechtem Gedankengut. Es gehören auch nicht alle zu diesen Facebook-Pöblern, die ihre Mitmenschen nun zum Auswandern auffordern, sollte ihnen der Wahlausgang nicht passen. Aber sie unterstützen und fördern bewusst oder unbewusst völkisches, antidemokratisches und ausländerfeindliches Bestreben. Sie machen rechtsradikale Politiker wie Maximilian Krah („Nicht alle Mitglieder der SS-Truppe in der NS-Zeit waren Verbrecher“) und Matthias Helferich („freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“) zu Bundestagsabgeordneten und verhelfen weiteren zu wichtigen politischen Ämtern in Landes- und Bundesparlamenten und vielleicht bald auch in Stadt- und Gemeinderäten. Und während eben diese Menschen die Nazi-Diktatur als „Vogelschiss“ in der Geschichte bezeichnen (Alexander Gauland), werfen ihre Wähler Demokratie-Demonstranten vor, die Terroranschläge in München und Magdeburg zu verharmlosen.
Die AfD ist keine Protestpartei, aber sie hat verstanden, sich den „normalen Wählern“ als eine zu verkaufen – eine Alternative eben. Der Schwindel bleibt für viele bislang unentdeckt. Die AfD profitiert vom Frust im bürgerlichen Milieu.
Wenn jetzt noch ein Kommunalpolitiker sagt, Wahlen auf Europa- oder Bundesebene seien mit Kommunalwahlen nicht zu vergleichen, irrt er sich gewaltig und wird im September sein „blaues Wunder“ erleben. Wahlergebnisse im Volmetal auf Ost-Niveau sind mehr als nur ein Warnschuss – es bleibt ein halbes Jahr. Und in diesem halben Jahr reicht es nicht, sich mit abgeschlossenen Bauvorhaben oder klugen Ideen in den Stadtrat wählen zu lassen, sollte die AfD im Volmetal tatsächlich mitmischen wollen.
Lokalpolitiker müssen sich an der Basis für Demokratie stark machen, müssen den Menschen vor Ort begreiflich machen, dass die AfD für das Volmetal und den Märkischen Kreis keine Lösung ist. Nirgendwo ist der Politiker näher am Bürger als in den Städten und Gemeinden. Es sind nicht die Bundestagswahlen, die die Marschroute vorgeben. Entscheidungen werden an der Basis getroffen. Dort, wo Politik nahbar ist. Es läuft genau andersrum – es wird im Kommunalen, an der Basis, in den Städten und Gemeinden Vertrauen wieder hergestellt.