Es ist ein wahrer Schock für eine 57-Jährige, als diese am 17. Dezember 2024 in der Postfiliale an der Glatzer Straße in Lüdenscheid bemerkte, dass ihr Portemonnaie weg ist.
Kurz zuvor hatte sie es auf den obersten Karton in ihren Armen gelegt. Folglich muss sie es auf dem Weg vom Auto in die Post verloren haben. Sofort sperrt die Frau ihre EC-Karte und erstattet bei der Polizei eine Anzeige wegen Unterschlagung.
Etwa 2,5 Stunden nach dem Verlust, erhält die 57-Jährige einen Anruf von der Postfiliale. Ein Mann hatte ihr Portemonnaie abgegeben. Umgehend holt sie es ab. Bei der Kontrolle des Inhalts stellt die Lüdenscheiderin fest, dass sowohl sämtliche Dokumente, als auch für sie wertvolle Fotos noch da sind. Knapp 75 Euro Bargeld sind hingegen verschwunden. Der Finder hat in der Hoffnung auf einen Finderlohn seinen Namen und seine Telefonnummer bei der Post hinterlassen. Hatte er das Geld aus dem Portemonnaie genommen? Davon geht die 57-Jährige aus.
Weil Weihnachten vor der Tür steht und die Erleichterung über das Vorhandensein des restlichen Inhalts überwiegt, will die Frau die polizeiliche Anzeige zurückziehen. Sie geht zur Polizei. Zwar übergibt sie die Daten des Finders, macht aber deutlich, keine Anzeige mehr erstatten zu wollen. Die Beamten erklären ihr, dass das aufgrund einiger Vorstrafen des Mannes nicht möglich sei. Die Anzeige bleibt.
Dennoch trifft sich die Lüdenscheiderin kurze Zeit nach dem Vorfall mit dem 38-Jährigen, um sich einerseits zu bedanken, ihm andererseits - noch davon ausgehend, er habe das Geld genommen - die Meinung zu sagen. Auf den Vorwurf reagiert der Mann laut Aussage der 57-Jährigen nur mit Freundlichkeit und einem Lächeln. Aufgrund der Anzeige kommt es im Amtsgericht Lüdenscheid am Montag, 1. Dezember, zu einem nochmaligen Aufeinandertreffen der beiden.
Der Angeklagte gibt an, das Geld nicht genommen zu haben. Er habe nicht einmal ins Portemonnaie hineingeschaut: „Ich wollte gar nicht erst in Versuchung kommen." Er bereue, sich um das Portemonnaie gekümmert zu haben. „Es war kurz vor Weihnachten. Ich dachte, ich tue etwas Gutes, etwas Nettes. Und jetzt sitze ich hier", sagt der 38-Jährige. Die Geschädigte erklärt im Zeugenstand, den Angeklagten am Tattag vor ihrem Betreten der Post gesehen zu haben. Da ihr der Verlust des Portemonnaies in der Filiale sofort aufgefallen sei, habe es etwa eine Minute gedauert, bis sie wieder rausgegangen sei, um den Geldbeutel zu suchen. „Ich war in heller Aufregung", gibt die Frau zu.
Auf Nachfrage des Vertreters der Staatsanwaltschaft bestätigt sie, kein Interesse an der Strafverfolgung des Angeklagten zu haben. In ihren Augen sei der Lüdenscheider eine „arme Seele". Am Ende stellt der Richter das Verfahren, trotz 16 Vorstrafen des Mannes – überwiegend drogensuchtbedingte Beschaffungskriminalität – vorläufig gegen Zahlung von 300 Euro an den Tierschutzverein Schalksmühle ein. Der Vorsitzende rechnet dem Lüdenscheider positiv an, die Dokumente im Portemonnaie belassen zu haben.








