Der Titel für ihre neue Geschichte stand bereits fest, bevor Amelie Clever ein Thema für ihr zweites Buch hatte. „Es gab eine Situation bei uns im Badezimmer, als ein Stofftier meiner Töchter beinahe in die Toilette gefallen wäre“, erzählt sie im Gespräch mit LokalDirekt und lacht: „Damit stand auf jeden Fall schon mal der Arbeitstitel.“
Zwei Jahre vom Titel zum Buch
„Mama, da ist ein Zebra im Klo“: Knapp zwei Jahre lang dauerte es, bis Amelie Clever um diesen Satz eine Geschichte herum schrieb, die – im Kern – viel ernster ist als der Titel vermuten lässt, gleichzeitig aber auch sowohl den jungen Lesern als auch den Vorlesern die Augen dafür öffnen möchte, was im Grunde zu den alltäglichen Themen gehört, mit denen Kinder heutzutage konfrontiert werden: Die Situation Gleichaltriger, die vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen sind.

Amelie Clever erzählt die Geschichte von „Habibi“, dem Plüschzebra, das eigentlich Tarek gehört. Gemeinsam mit Tareks Familie waren sie auf der Flucht aus ihrem Heimatland Syrien.
„Habibi“ taucht eines Tages plötzlich in der Toilette von Emil und seiner kleinen Schwester Malou auf. Nachdem der erste Schreck über das sprechende Plüschtier überwunden ist, erzählt das Zebra Emil und seiner Familie von seiner aufregenden und zugleich traurigen Reise von Damaskus aus über die Grenze Syriens in den Libanon, seinem Aufenthalt im Flüchtlingscamp, der Weiterreise in die Türkei. Dort besteigen sie ein Flüchtlingsboot Richtung Griechenland – und als das Boot auf dem Mittelmeer in einen Gewittersturm gerät, fällt „Habibi“ über Bord – und landet schließlich über die Kanalisation bei Emil und Malou im Klo.
Vom Schicksal des Jungen Tarek und seiner Familie berührt, versuchen Emil und Malou gemeinsam mit ihren beiden Müttern die Spur der Geflüchteten aufzunehmen, um Tarek und sein Zebra wieder zu vereinen.
Autorin will junge Leser „mitnehmen“
Das Thema Flucht beziehungsweise das Schicksal Geflüchteter kindgerecht darzustellen, sei ihr ein großes Anliegen, erzählt Amelie Clever: „Ich möchte mit meiner Erzählung dazu beitragen, dass die Neugier der Kinder auf geflüchtete Gleichaltrige und ihre Geschichte größer ist als die Angst vor ihnen.“
Inspiriert worden sei sie dazu unter anderem auch durch Gespräche, die sie mit Menschen mit Migrationshintergrund im Rahmen ihres Podcasts „Schlüssel ohne Heimat“ geführt habe. Und dennoch sei ihr das Schreiben am „Zebra-Buch“ nicht durchgängig leicht gefallen: „Der Hauptteil wie beispielsweise die Beschreibung der Zustände im Flüchtlingscamp oder auch über das Engagement von Emil und seiner Familie habe ich fast ins einem Rutsch schreiben können“, sagt die 40-jährige Autorin. Dennoch hat sie knapp zwei Jahre gebraucht, bis ihr zweites Buch fertig war: „Ich musste den Entwurf immer wieder für einige Wochen an die Seite legen, um mir zu überlegen, wie ich junge Leser in der Geschichte ansprechen und ‚mitnehmen‘ kann.“

Empathie und Neugier als Mittel gegen Angst
Und dies geschieht in „Mama, da ist ein Zebra im Klo“ sogar auf unterschiedliche Weise. Zum einen lässt Amelie Clever zu Anfang jedes der fünf Kapitel in einer „Gedankenblase“ den Jungen Tarek über seine Gefühle sprechen, zum anderen wendet sich die Autorin mehrere Male direkt an ihre Leser: „Hast Du schon mal etwas Wertvolles verloren? Falls ja, wie hast du dich gefühlt?“ Damit ermutigt sie ihre jungen Leser und Vorleser, sich empathisch mit den Charakteren im Buch auseinanderzusetzen – was wiederum auch auf die heutige Lebensrealität von Kindern Einfluss nehmen könnte: „Ich glaube, dass Kinder von Natur aus offener und neugieriger sind. Und auch Empathie kann möglicherweise ein Mittel sein, die Neugier über die Angst vor dem Unbekanntem siegen zu lassen.“
Zugleich ist sich Amelie Clever ihrer Verantwortung gegenüber der jungen Zielgruppe des Buches bewusst und lässt das Thema Krieg und Flucht nicht „unerklärt“ in ihrer Geschichte untergehen: So finden sich am Ende Anmerkungen, in denen sie – kindgerecht – zum Bespiel Begriffe wie „illegaler Grenzübergang“ oder auch die Aufgaben des Deutschen Roten Kreuzes im Rahmen der Flüchtlingshilfe erklärt.
Auch als Buchprojekt an Grundschulen denkbar
„Mama, da ist ein Zebra im Klo“ umfasst nicht ganz 50 Seiten, als Mindestalter zum „Selbstlesen“ empfiehlt Amelie Clever neun Jahre: „Mit einem erwachsenen Vorleser ist die Geschichte aber auch für jüngere Kinder ab etwa sechs Jahren geeignet.“ Sie könne sich auch gut vorstellen, das Buch im Rahmen eines Projekttages in Grundschulen vorzustellen: „In nahezu jeder Klasse gibt es Kinder mit Flucht- oder Migrationshintergrund, hierzu einen Thementag zu veranstalten kann möglicherweise dazu beitragen, auf beiden Seiten Ängste abzubauen und das Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der Klasse zu stärken.“

Einladung zur Lesung am 8. Juni
Erschienen ist „Mama, da ist ein Zebra im Klo“ im Selbstverlag – es ist ab sofort zum Preis von 13,99 Euro im Breckerfelder Buchladen „Bücher, Tee & mehr“, Denkmalstraße 2, erhältlich oder über Amelie Clevers Webshop unter www.acadewi.de bestellbar. Vom Verkaufspreis werden jeweils 2 Euro an die Nimo Foundation gespendet, unter anderem um damit den Bau für das Nimo Foundation Bildungszentrum in Hargeisa Somaliland zu unterstützen.
Wer die Breckerfelder Autorin und ihr neues Buch persönlich kennenlernen möchte, hat hierzu am kommenden Samstag, 8. Juni, die Gelegenheit: Amelie Clever liest um 11 Uhr im Ladenlokal „Bücher, Tee & mehr“ Auszüge aus „Mama, da ist ein Zebra im Klo“ und freut sich im Anschluss auf Gespräche mit Eltern und natürlich mit ihrer Zielgruppe, für die sie das Buch geschrieben hat: Kinder.