Angekündigt hat die Landesregierung, über 30 Jahre jährlich 250 Millionen Euro für das Abtragen der Altschulden der Kommunen bereitzustellen. Hierzu erklärt Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Eine hohe Inflation, stark gestiegene Zinsen, eine allgemein schwache Konjunktur und in der Folge rückläufige Steuereinnahmen – diese Punkte belasten öffentliche Haushalte auf allen Ebenen. Viele Kommunen in unserem Land haben dazu noch eine schwere Hypothek in Form von Altschulden zu tragen. Als Landesregierung haben wir immer betont, dass es uns ein großes Anliegen ist, die Kommunen stärker zu unterstützen und so ihre Handlungsfähigkeit zu abzusichern.“
„Historische Entlastung für die Kommunen“
Deshalb engagiere sich die Landesregierung trotz der allgemein angespannten Haushaltslage in Nordrhein-Westfalen für eine Lösung der Altschuldenproblematik: „Mit den nun beschlossenen Eckpunkten ebnen wir diesen Weg und sichern den Kommunen in den nächsten dreißig Jahren 7,5 Milliarden Euro zu. In schwierigen Zeiten treffen wir eine Festlegung, die uns auf Jahrzehnte bindet. Dieses Versprechen an die Kommunen ist der richtige Ansatz, um gemeinsam mit dem Bund endlich zu einer substantiellen Lösung zu kommen“, so Wüst.
Jetzt sei die Bundesregierung am Zug: „Wir erwarten, dass auch sie ihr Wort hält und den Weg für die zugesagte Bundesbeteiligung frei macht. So würden in 30 Jahren gesichert insgesamt 15 Milliarden Euro zusammenkommen. Es wäre eine historische Entlastung für unsere Kommunen.“
„Für eine Bewertung ist es noch zu früh“
Angesicht der von der Landesregierung vorgestellten Eckpunkte machte Andrea Stöhr, Kämmererin des Ennepe-Ruhr-Kreises, deutlich: „Da derzeit aber noch alle Detailfragen offen sind, ist es zu früh, um das Konzept abschließend zu bewerten. Die weiteren Gespräche werden zeigen, wie das Land das Paket ausgestalten möchte und ob wir das mittragen können und wollen.“
Als Mitglied des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ halte die Kreisverwaltung grundsätzlich an folgendem Modell fest: Jeweils ein Viertel der Gelder für die Altschulden werden von Kommunen und Land übernommen, die verbleibenden 50 Prozent vom Bund. Übertragen auf den von der Landesregierung gemachten Vorschlag würde dies bedeuten: In NRW kommen je 250 Millionen Euro von Kommunen und Land, 500 Millionen vom Bund.
„Schlüssiges Gesamtkonzept“
Einer ersten Einschätzung der Mitglieder des Aktionsbündnisses nach sei es dennoch ein „schlüssiges Gesamtkonzept.“ Sie begrüßen auch den von Ministerpräsident Hendrik Wüst noch für Juni angekündigten Austausch. Diesen werde das Aktionsbündnis konstruktiv gestalten und dabei die kommunale Erfahrung einbringen. Das Land dürfe sich sicher sein, dass alle Kommunen zu ihrer Zusage stehen, ihren Beitrag zur Lösung zu leisten.
Neben den Gesprächen in NRW kommt es im weiteren Verlauf auch noch auf die Bundesebene an. Die Bundesregierung muss eine Gesetzesvorlage zur Altschuldenfrage einbringen, Bundesrat und Bundestag müssen zustimmen: „Im Bundesrat wird es dabei auf die Länder ankommen, deren Kommunen nicht von der Regelung profitieren. Hier setzen wir auf Solidarität. Im Bundestag ist eine breite Mehrheit erforderlich, nur so ist die notwendige Änderung des Grundgesetzes möglich“, blickt Stöhr weit voraus.
Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“
Dem Bündnis „Für die Würde unserer Städte“ gehören über 70 Kommunen aus acht Bundesländern mit insgesamt mehr als 8 Millionen Bürgern an. Aus Nordrhein-Westfalen stammt etwa die Hälfte der Bündnismitglieder, aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis sind es neben den Städten Hattingen und Witten der Kreis selbst.
Das Aktionsbündnis hatte in den vergangenen Wochen immer wieder deutlich gemacht, wie gravierend die kommunale Finanzkrise ist und wie dringend Hilfe für die Betroffenen gefunden werden muss. „Hohe Zinsen, die Inflation, die Tariferhöhungen sowie weiterwachsende Soziallasten haben diese Krise verursacht und gefährden die Handlungsfähigkeit der Kommunen“, so die Kreisverwaltung. Die Umkehr dieser Entwicklung setze neben der Altschuldenlösung eine angemessene Finanzausstattung der Städte und Kreise voraus, damit keine Neuschulden entstehen und führe idealerweise zu einer Reform der Förderpolitik von Bund und Ländern.