Prävention, zu deutsch Verhütung, Vorbeugung, Vorsorge, ist die unabdingbare Aufgabe der Jugendarbeit des Kreises und des Jugendzentrums Herscheid. Das wurde in der Sitzung des Herscheider Sozialausschusses deutlich, als Matthias Sauerland, der Leiter des Fachdienstes Jugendförderung und Kinderbetreuung bei der Kreisverwaltung, Konzepte zur Prophylaxe vorstellte.
Das Jugendamt handelt nicht im luftleeren Raum. 2022 sei durch das Land die Weisung ergangen, dass die Rechte der Kinder gestärkt und sichergestellt werden müssten – das wurde nochmals explizit als Auflage formuliert. Matthias Sauerland in Herscheid: „Die Kinder sollen ihre Rechte kennen und wahrnehmen können.“ In der Kinder- und Jugendarbeit solle die Meinung der Anvertrauten berücksichtigt, ihnen eine aktive Beteiligung ermöglicht werden.
Bestandteil der Landesauflage sei die Verpflichtung, dass alle Träger der Jugendarbeit Schutzkonzepte vorlegen müssten. Bei der Erarbeitung dieser Konzepte arbeite das Jugendamt mit dem Kölner Verein Transfer zusammen. Das ist ein gemeinnütziger, freier Träger in der Kinder- und Jugendarbeit mit Sitz in Köln, der, gefördert durch die Aktion Mensch, ein breitgefächertes Unterstützungsangebot u.a. für Behörden und Bildungseinrichtungen bereithält.
Im Märkischen Kreis – und damit auch im Jugendzentrum Herscheid – galt es dabei, „Risiken und Potentiale“ aller Einrichtungen zu ermitteln. „Die Arbeit an den Schutzkonzepten lief 18 Monate“, berichtete Matthias Sauerland. Ein wesentliches Thema sei dabei jeweils die sexuelle Gewalt und der Umgang damit gewesen. Dabei verstehe man die Konzeptarbeit als permanenten Prozess, der immer weitergedreht werde – was man eigentlich in der Vergangenheit auch immer schon getan habe. Nur sei jetzt die Struktur durch das Land vorgegeben; da liege der Unterschied zur Zeit vor 2022.
Silke Obier, die Leiterin des Jugendzentrums, übersetzte den Rahmen des Kreises auf Herscheider Verhältnisse. „Unser Ziel war und ist es, die Gefahrenpotentiale in der Einrichtung zu definieren und abzustellen.“ Das muss man ganz praktisch verstehen: Ermittelt wird, wo und durch wen im Jugendzentrum eine Gefahr drohen könnte. Bei der Erhebung sei herausgekommen, dass sich die Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung wohlfühlten, sie jedoch ihre Rechte nicht ausreichend kennten und folglich die Gelegenheit zur Teilhabe nicht ausreichend wahrnähmen.
Das Gespräch mit den Besuchern des Jugendzentrums sei übrigens im Gegensatz zu früher in einer Vollversammlung nicht mehr möglich – zu viele Teilnehmer, zu wenig diskret, zu laut, zu ablenkend, zu wenig zielgerichtet. „Die Mitwirkung geht am besten in unserer Quasselecke und dort mit bis zu drei Jugendlichen“, berichtete Obier. Generell gelte es, neue Methoden zu entwickeln, um an die Kinder und Jugendlichen zu kommen. Die digitalen Medien spielten eine sehr, sehr große Rolle – aber es gebe auch ein „Old School“. Im diskreten, nicht einsehbaren Bereich des Jugendzentrums hänge ein Wunsch- und Kummerkasten, in den die Jugendlichen ganz klassisch ein Schriftstück zu ihren Anliegen einwerfen könnten.
Und was das Thema Gewalt angehe: „Wir verfolgen eine Null-Toleranz-Strategie bei verbaler und sexualisierter Gewalt. Vorfälle würden im Haus, wo nötig unter Einbeziehung der Hilfe von Jugendamt und Beratungsstellen, geklärt. Dabei würden beide beteiligten Seiten eines Vorfalls als Klient angesehen, ein >hier gut, da böse< gebe es nicht automatisch, weil mit und an allen Beteiligten gearbeitet werde.
Drei Viertel der Besucher des Jugendzentrums Herscheid sind Jungen, ein Viertel stellen die Mädchen.
Hauptklientel sind die Zehn- bis 17-Jährigen.